
Q: Ich habe Probleme mit meiner Gibson Les Paul Standard von 1993. Sie hat eigentlich noch nie so richtig gut geklungen. Vor allem clean ist sie immer relativ wabbelig und wenig durchsetzungskräftig. Nach einem Setup und dem Wechsel auf DiMarzio Tone Zone PUs war zwar der Zerrsound wesentlich besser, aber das Clean-Problem ist immer noch da. Der Hals kommt mir auch etwas „weich“ vor, er reagiert schon auf geringe Krafteinwirkung mit Tonhöhenschwankungen.
Als direkten Vergleich habe ich seit ein paar Jahren die Squier John 5 Tele mit denselben DiMarzios. Diese Gitarre kann fast alles und liegt klanglich trotz immensem Preisunterschied weit vorne. Ich weiß auch, dass die Paula keine Tele ist, aber auch, dass ich schon viele clean gut klingende Paulas gehört habe. Nun die Frage, mit welcher Modifikation/Einstellung könnte man noch was rausholen? Sollte man unabhängig von allem nach ca. 24 Jahren auch mal die Potis wechseln? Habe ich ein schlechtes Baujahr erwischt?
Florian Lenz (G&B-Leser)

A: Ich glaube, dass die Gibson Les Paul weder deine Anforderungen noch deinen Geschmack erfüllen kann. Da ist es wie im richtigen Leben: Eine Scheidung steht an. Die kann man noch etwas hinauszögern, aber letztendlich weiß man doch recht genau, auf was das hinausläuft.
Die Gründe: 1.) Ein weicher Hals lässt sich nun mal leicht hin- und herbiegen. Das Instrument verstimmt sich dadurch leicht. Manch einer macht damit sogar einen Vibratoeffekt. Die SG war in den früheren Jahren „das“ Instrument für diesen Stil. Leider ist das eine Eigenschaft, die nachträglich nicht mehr geändert werden kann. Der Hals bei der Gibson ist aus Mahagoni, ein eher weiches Holz. Bei allen Hölzern gibt es immer mal wieder weichere und härtere, sodass Unterschiede innerhalb eines Baujahrs und auch innerhalb derselben Produktionsserie auftreten können.
2.) Es gibt Instrumente, die einen wattigen und wenig durchsetzungsfähigen Sound mitbringen, und eine Seriennummer weiter findest du das Gegenteil mit drahtigem, knackigem und druckvollem Sound. Die Les Paul ist ein Instrument, bei dem mehrere, z. T. unterschiedliche Hölzer miteinander verleimt werden. Jedes Stück Holz hat etwas andere Klangeigenschaften.
Alles, was miteinander verleimt ist, bildet mehr oder minder starke Spannungen. Das hat nicht nur mit der Dicke des Leimauftrags, sondern auch mit der Vorbehandlung der Hölzer zu tun. So stehen Holzfasern bei Feuchteeintrag durch den Leim auf, frisch gehobelte Holzflächen verziehen sich nach dem Hobelvorgang etwas, Holz dehnt sich durch den feuchten Leim aus, die Leimflächen verbinden sich und das Holz zieht sich beim Trocknen wieder zusammen etc. So entstehen bei der Les Paul konstruktionsbedingt etliche Flächen, die unter Spannungen stehen, was im Instrumentenbau prinzipiell unerwünscht ist, da es zu kaum kontrollierbaren Klangeigenschaften führt.
Das alles heißt nichts anderes, als dass man beim Kauf einer Les Paul unbedingt mehrere baugleiche Modelle ausprobieren sollte, um das für sich am besten geeignete Exemplar zu finden. Denn das, was du schlecht findest, findet ein anderer möglicherweise gut und das was dir besonders gut gefällt, muss einem anderen nicht zwingend auch gefallen.
3.) Natürlich kann man einem schwächelnden Instrument auf die Beine helfen. Der wichtigste Ansatz hier sind die Pickups. Denn die versprechen die größte klangliche Verbesserung. Da bei vielen Gibson Les Paul Modellen 300-kOhm-Volume-Potis ab Werk zum Einsatz kommen, Humbucker aber mit 500-kOhm-Potis am besten klingen, sollte man beim Austausch der Pickups (oder schon vorher) unbedingt auch die Potis tauschen. Weiterhin kann man mit einer massiven Brücke, etwa der ABM-Messingbrücke und ggf. dem dazu passenden Saitenhalter eine Menge mehr an Druck, Dynamik und Sustain herausholen.
Aber … es sollte nicht vergessen werden: Aus einem Mauerblümchen wird kein Dampfhammer! Und die Sache mit dem weichen Hals bleibt sowieso. Mein Tipp wäre der radikalere Weg: Weg mit dem Instrument und ab zum nächsten gut sortierten Gibson-Händler. Dort solltest du dann unter Berücksichtigung der o. g. Tipps mehrere Instrumente miteinander vergleichen. Spricht dich eines an, dann ist sie „deine“, passiert das nicht: Suche weiter!
André Waldenmaier
(aus Gitarre & Bass 09/2017)