Vintage gönnt seinem beliebten V100-Modell in 2019 eine “Custom Shop”-Behandlung. Will heißen die Modellpalette wird vielseitiger und die Gitarren bieten individuellere Features.
Die solide Basis der V100, die seit 20 Jahren von Haus aus gutes Sustain liefert und durch ein besonderes Body- und Halsfuß-Design haptisch sehr angenehm ist, wird durch viele Optionen erweitert. Es stehen diverse neue Pickup-Konfigurationen, Lackierungen und Hardware-Varianten zur Auswahl. Alle 2019er Vintage V100 Modelle kommen zudem mit einem Graphtech NuBone XB Sattel, der die Basswiedergabe und die Obertöne, speziell in den tieferen Lagen, verbessern soll.
In der Schlacht um die Six-String-Vormacht im Land benötigte Gibson mehr als zwei Jahre, um eine Antwort auf die Anfang der 50er dominierende Fender Telecaster zu finden. Die Reaktion kam in Form des Les-Paul-Modells, welches trotz eines zittrigen Starts dann doch noch zu einer der weltweit beliebtesten und gefragtesten E-Gitarren avancierte.
Ab den 60er Jahren präsentierte der amerikanische Hersteller zahlreiche Alternativen, um an den andauernden Erfolg der Les Paul anzuknüpfen. Einige dieser Kreationen haben ihren verdienten Platz in der E-Gitarren-Historie gefunden, andere wiederum fielen ihrem unzeitgemäßen Design oder einem unglücklichem Timing, oft auch beidem, zum Opfer und verschwanden in der Versenkung. Diesen Modellen sind die nun die folgenden Zeilen gewidmet.
Tradition?
Gibson galt immer schon als ein Hersteller, der stark auf etablierte Design-Merkmale und seine eigene Tradition achtete, aber in Wirklichkeit hat diese Firma weit mehr gewagt als der vermeintlich risikofreudigere Mitbewerber Fender. In den letzten 40 Jahren präsentierte Gibson eine deutlich größere und variantenreichere Modellpalette als der kalifornische Konkurrent. Seit Anfang der 50er Jahre galt in beiden Firmen die Parole, dem Mitbewerber ein Stück des wichtigen amerikanischen Marktes abzujagen. Interessanterweise fanden bei beiden Firmen längst nicht alle Neukreationen ein breites Publikum; umso wichtiger erschien es beiden, eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit durch die Neuauflagen alter, erfolgreicher Instrumente auf sich zu lenken.
Die Attraktivität sich wiederholender Modelle schien für Gibson wichtiger als für Fender, deren einstmals neue Kreationen oft im Nichts verschwanden und seltener wiederbelebt wurden. Tatsächlich ist der eigentliche Erfolg so mancher Gibson-Gitarre durch die Häufigkeit ihrer Neuauflagen und Variantenvielfalt über Jahre hinweg begründet. Die Modelle, denen die Ehre der Wiedergeburt nicht zuteil wurde, dürfen mit Fug und Recht als die wahren Misserfolge dieser Firma zu werten sein. Es scheint, als ob Gibson mit einer solch großen Modellvielfalt das große Risiko in Kauf genommen habe, bestimmte Umsatzziele nicht zu erreichen.
Es gab aber auch Zeiten in diesem Unternehmen, da wurde in zu viele verschiedene Richtungen entwickelt, mit der Absicht, später einmal von dem Modell-Reichtum zu profitieren. Weniger beachtet wurde über Jahrzehnte hinweg die sicherere und letztendlich preiswertere Möglichkeit, aus den bereits bekannten und beliebten Modellen ausreichend Kapital zu schlagen. Erst die letzte und aktuelle Firmenführung hat die ungeheuren Möglichkeiten dieser Politik erkannt und aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten brillant in die Tat umgesetzt. Fakt ist: Gibson hat in den vergangenen 50 Jahren so viele Modelle entwickelt, dass selbst die Auflistung der weniger erfolgreichen den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würde.
Begnügen wir uns damit, die besten der schlechtesten Entwicklungen des Unternehmens zu zeigen. Diese Auswahl sagt nichts über die eigentliche Qualität der Instrumente aus, sondern nur über ihren Erfolg beim Kunden Gitarrist.
Die Fünfziger
In diesem Jahrzehnt konzentrierte sich Gibson hauptsächlich auf die Entwicklung der Les Paul und brachte mit der Goldtop und Custom, aber auch mit den günstigen Junior- und Special-Modellen gut verkaufende Gitarren auf den Markt. Erst Ende der Dekade präsentierte man die Flying V und die Explorer, beide mit einer kantigen, extravaganten Linienführung, die im großen Gegensatz zu den konventionellen Kurvenlinien der ersten Gibson E-Gitarre standen. Vorwürfe, dass Gibson nur konservativ gestrickte Instrumente baue, veranlasste das Unternehmen, mit etwas völlig Neuem auf den Markt zu gehen.
Wie auch immer, diese radikalen, neuen Formen waren ihrer Zeit zu weit voraus und beide Gitarren erlagen einem schnellen wirtschaftlichen Tod. Jahre später wurden diese Modelle mit deutlich besserer Publikumsakzeptanz wiederbelebt, die eine stete Produktion verschiedener Varianten nach sich zog und auch so manchen Kopierer zu eigenen Versionen inspirierte. 1959 sorgte die Melody Maker für gemischte Blickwinkel und Eindrücke. Sie war eine konsequente Schülergitarre, zugeschnitten auf Anfänger mit wenig Raum im leeren Portemonnaie. Dem dünnen Korpus wurde zuerst ein einziger der Les Paul ähnlicher Cutaway verpasst.
Melody Maker 1964°
Zwei Jahre später änderte sich die Form erstmals – zwei stumpfe Cutaways prägten den Body, bis schließlich vier Jahre später eine SG-ähnliche Linie das endgültige Design festlegte. Ungeachtet dieser Modifikationen wurde die Melody Maker stets mit Singlecoils (einem, zwei und manchmal sogar drei) und einer einfachen Hardware-Ausstattung bestückt, die die Marktposition im Einsteiger-Segment definierte.
Die Sechziger
Unberührt von den negativen Erfahrungen mit der Flying V und Explorer präsentierte Gibson 1963 ein weiteres innovatives Instrument. Es war die Zeit, in der Gibson sich immer mehr auf Fenders Terrain hin bewegte. Ein Autodesigner wurde eigens für dieses Vorhaben engagiert. Das Resultat: Die erste Firebird-Serie, welche bestimmte Fender-Eigenheiten überdeutlich beinhaltete, brachte ein komplett neues, extremes Design mit neuer, „verkehrt“ ausgerichteter Korpusform (reverse) und einseitig an die Kopfplatte montierten Banjo-Mechaniken. Musiker und Händler waren jedoch nicht gerade begeistert, und zwei Jahre später entschloss sich Gibson, dieses schnittige Design vollkommen umzukrempeln.
Firebird III Reverse 1966°
Nach der Überarbeitung des Body (nun non-reverse) zeigte das Instrument deutlichere Fender-Eigenschaften, aber auch diese Modifikationen steigerten nicht die Verkaufszahlen. 1969 erlahmten die Flügel der Firebird, um später wieder wie ein Phönix aus der Asche aufzusteigen. Die ersten originalen Reverse-Modelle waren plötzlich in den Siebzigern mehr als beliebt, so dass Gibson das Modell neu auflegte. Es gehört seitdem zu den gefragtesten Modellen des Hauses. Im Gegensatz dazu blieben die Non-Reverse-Firebirds von Glück und Nachfrage leider verschont und gelten auch heute noch als ein ausgewachsener Misserfolg.
Firebird III 1964°
In den späten Sechziger Jahren nahm Gibson die Les-Paul-Produktion wieder auf und schon bald wurden zwei neue Modell-Varianten vorgestellt, mit denen einige originelle Ideen des Namensgebers umgesetzt wurden. Mit der treffenden Bezeichnung Les Paul Personal offerierte Gibson nun ein Instrument mit leicht vergrößertem Body, einem Paar gewinkelt angeordneter, niederohmiger Pickups und einer stationären Mikrofon(!)- Buchse. Die Ausstattung der Les Paul Professional mit ihrer ungewöhnlichen Schaltung war dem Schwestermodell sehr ähnlich, doch startete diese in einem günstigeren Preissegment. Dank dieser extravaganten Eigenheiten war es nicht verwunderlich, dass sich die Verkaufszahlen in engen Grenzen hielten. Denn die Musik, die Les Paul spielte und für die er solch eine Art Les Paul benötigte, war nicht mehr angesagt.
Les Paul Personal 1969°
Es dominierte der Rock und der Blues, und dafür braucht man keine niederohmigen Pickups! Gleich zu Beginn des nächsten Jahrzehnts sollten beide Modelle durch eine einzige Nachfolgerin ersetzt werden, der es auch nicht besser erging.
Die Siebziger
Das Debüt der Les Paul Recording war 1971. Viele Design-Merkmale der Personal und Professional vereinigte die Neue mit ihrem nun ein wenig kompakteren Chassis. Das überarbeitete elektrische Regelsystem sollte eigentlich vereinfacht und damit verständlicher werden, aber Besonderheiten der Schaltung wie Phasenumkehr- und Hi/Lo-Output-Schalter, eine separate Bass- und Höhenregulierung und einige Schmankerl mehr garantierten, dass bei Otto-Normal-Spieler immer noch Verwirrung herrschte. Gibson hat mit dieser, der komplexesten Les Paul aller Zeiten, schon angedeutet, was da in späteren Jahren noch auf uns zukommen würde.
Die Recording blieb immerhin neun Jahre lang unverändert im Programm. Die L-5S, vorgestellt 1972, kann am besten als die „Les Paul von einem anderen Stern“ bezeichnet werden. Die etwas vergrößerte Form mit dem typischen Einzel-Cutaway wies auf ihre Familienzugehörigkeit hin. Doch sind gleichzeitig viele Anleihen an der L-5 Arch-Top festzustellen: z. B. das Mehrfach-Binding, das fantasievoll gestaltete Ebenholz-Griffbrett und der schnörkelige Saitenhalter. Zunächst brüstete sich die L-5S mit den niederohmigen Pickups der Les Paul Recording und deren Vorgängerinnen, die hier jedoch unter vergoldeten Kappen saßen. Später sind diese Tonabnehmer durch konventionelle Humbucker ersetzt worden, und ein Standard-Stop-Tailpiece nahm den Platz des Saitenhalters ein.
Diese ungewöhnlich auffällige Gitarre fand sich 13 Jahre lang im Gibson-Katalog wieder, eine überraschend lange Produktionszeit für ein verhältnismäßig wenig vom Markt beachtetes Modell. Vielleicht war sie einfach nur ein gutes Demonstrationsobjekt, dass zeigte, welche Möglichkeiten die Firma besaß? Ein Jahr nach der L-5S erweiterte die L-6S Custom diese Instrumenten-Familie. Ein dünner, flacher Ahorn-Body und der 24- bündige Hals waren die auffälligsten Merkmale dieser Gitarre. Die beiden Humbucker mit ihrer unverwechselbaren Form gestaltete übrigens Bill Lawrence alias Billy Lorento alias Wilhelm Stich, der zudem die Schaltung um einen Sechsfach-Drehschalter erweiterte. Das Schwestermodell L-6S Deluxe folgte 1975 mit denselben Pickups, aber einer vereinfachten Schaltung und durch den Body geführten Saiten.
Beide Modelle wurden bis Anfang der Achtziger Jahre gebaut, erzielten aber bei weitem nicht die Gewinnerwartungen des amerikanischen Herstellers, obwohl solch renommierte Musiker wie Carlos Santana und Al DiMeola die L-6S spielten und für sie warben. Schon Ende der Fünfziger Jahre hatte Gibson bei der Entwicklung der dünnen Halbakustik-Gitarren hervorragende Pionierarbeit geleistet, und nun genossen sie schon seit Jahrzehnten den ansehnlichen Erfolg mit Modellen wie ES-335, ES-345 und ES-330. 1973 ging Gibson die Idee an, eine neue ES-Gitarre zu bauen, die ebenfalls den Namen des bekanntesten Gibson-Endorsers tragen sollte. Der Les Paul Signature wurde ein ES- 335-ähnlicher Korpus mit ungleichen Cutaways und die mit der ersten Les-Paul-Gitarre eingeführten Lackierung in Gold verpasst. Um den Les-Paul-Charakter beizubehalten, spendierte Gibson der Gitarre, die sich ja nicht wehren konnte, zwei niederohmige Humbucker.
Les Paul Signature 1976°
Das Layout der Regleranordnung erfuhr ebenfalls einige Veränderungen, und dies alles reichte aus, um das Kind wieder einmal in den Brunnen fallen zu lassen – schade eigentlich für ein Instrument, dass dem Thema Semiakustik-Gitarre einige neue Aspekte hätte bringen können. Die Marauder war ein weiteres Projekt zu einer Zeit, als Gibson nach neuen Marktmöglichkeiten für Solidbody-E-Gitarren Ausschau hielt, die eine vielseitige Performance versprachen. Diese Gitarre ähnelte in Form und Größe zwar noch einer Les Paul, doch eingefleischte Gibson-Fans wurden mit einem verschraubten Hals geschockt.
Dazu gab die Kopfplatte, die der Flying V entliehen war, ein noch fremdartigeres Outfit, und auch die Tonabnehmer wichen stark von der bekannten Gibson-Norm ab. Zwar stammen diese wiederum von Bill Lawrence, doch ein Humbucker am Hals und ein Singlecoil mit längs verlaufender Klinge am Steg, beide in Epoxydharz gegossen, hatte man bis dato noch nicht gesehen. Und wollte sie auch nicht sehen. Die Marauder assoziierte stets das Image der Unvollkommenheit, und die wechselhaften Qualitätskontrollen des Hauses Gibson zu jener Zeit trugen auch nicht gerade zur Verbesserung dieses Modells bei, so dass diese Gitarre von 1975 bis 1982 ein trauriges Dasein als Ladenhüter fristete, um dann endlich aus dem Programm genommen zu werden.
Ein Jahr nach der Marauder tauchte die S-1 auf der Bildfläche auf. Ihre direkte Abstammung von der Marauder kann sie nicht verbergen: Gleicher Body, verschraubter Hals und auch die Kopfplatte ihrer Vorgängerin waren eindeutige Zeichen. Die Elektrik stammte wiederum von Bill Lawrence, und ins Schlagbrett waren drei Singlecoils montiert, die tatsächlich Fender-ähnliche Töne produzierten und von einem Vierfach-Drehschalter angesteuert wurden. Obwohl sich Ron Wood in ganzseitigen Anzeigen zur S-1 bekannte, verkannten unglücklicherweise die meisten Musiker die vielfältigen Möglichkeiten der S-1, so dass diese wenig gekauft und nur bis Anfang der Achtziger Jahre gebaut wurde.
S-1 1976°
1977 beschloss Gibson alle bislang wichtigen Erfahrungen und Maßnahmen im Bau von Solidbody-Gitarren in der innovativen RD-Serie umzusetzen. Die Gestaltung des Body glich einer gemäßigten Firebird-Form, war jedoch etwas kurviger, und wurde mit einem Hals kombiniert, der endlich wieder von einer klassischen Gibson-Kopfplatte gekrönt wurde – ein merkwürdiges Sammelsurium neuer und alter Elemente. Es war jedoch die Schaltung, die die RD-Serie zu etwas Besonderem machte und auf den Stand der damaligen Zeit hievte. Während die RD Standard mit einer konventionellen Elektrik bestückt war, präsentierten sich die Custom und Artist mit einer aktiven Schaltung, die kein Geringerer als Bob Moog, damals mit seiner Firma ebenfalls wie Gibson unter den Fittichen des Norlin-Konzerns, entwickelt hatte.
Bässe und Höhen konnten separat geregelt werden, und dem Flaggschiff, der RD Artist, wurden zudem noch Kompressor- und Expander-Effekte spendiert. Leider schienen all diese neuen Funktionen die meisten Gitarristen zu überfordern, die zu allem Überdruss bis dato keine Freunde von batteriebetriebenen Instrumenten gewesen waren. Und diese Schaltung war ein regelrechter Batterie-Fresser! All dies ließ das mit großen Plänen gestartete RD-Vorhaben in den frühen Achtzigern scheitern.
RD Artist 1978°
Kurz vor dem Aus der RD-Instrumente versuchte Gibson noch einiges des einst viel versprechenden Projektes zu retten und versah Les Paul-, SG- und ES-Modelle mit aktiven Elektroniken, doch selbst diese bekannten, beliebten und erfolgreichen Designs fanden in ihrer aktiven Form nur wenige Freunde.
Die Achtziger
Mit der Sonex startete Gibson in das folgende Jahrzehnt, das eine Menge an Aufregung brachte. Und Höchstanstrengung der Gibson-Verantwortlichen, mit preiswerten Instrumenten den aus dem fernen Osten einströmenden und preislich sehr attraktiven Gitarren Paroli bieten zu können. Der Sonex-Body mit nur einem Cutaway zeigte deutlich die Les-Paul-Verwandtschaft, aber Konstruktion und Baukomponenten deuteten eine andere Marschrichtung an. Ein mehrteiliger Body, der verschraubte Hals und ein Schlagbrett mit zwei integrierten Humbuckern plus entsprechender Elektrik waren die auffälligsten Merkmale.
Dennoch, Gibsons Bemühungen scheiterten, der erhoffte Erfolg blieb aus. Die Sonex war weder preislich richtig attraktiv noch hochwertig genug, um neue Kunden zu gewinnen bzw. den qualitativ besseren und kostengünstigeren JapanGitarren die Stirn zu bieten. Nach fünf Jahren wurde die Sonex-Produktion eingestellt. Die 335-S erschien ebenfalls 1980 als eine massiv (!) gebaute Schwester der ES-335. Natürlich musste der Korpus wegen des hohen Gewichts der Voll-Mahagoni-Konstruktion ein wenig verkleinert werden, doch mit den beiden Cutaways sollten Stil und Charme des erfolgreichen Originalmodells transportiert werden.
Konstruktion, Hardware und die Ausstattung mit zwei Humbuckern und dem Gibson-typischen Regler-Layout brachten Altbewährtes. Anders als der Standardversion wurde der Deluxe und der Custom ein Schalter zur Umschaltung auf Singlecoil-Betrieb spendiert. Das schlichte, effektive Design der 335-S ist ein bemerkenswertes Beispiel für ein wenig aufregendes, aber zuverlässiges Arbeitsgerät, welches dennoch kaum Interesse unter den Gitarristen fand und nach zwei Jahren wieder in der Versenkung verschwand. Mit einem publikumswirksameren Aussehen und der sehr optimistischen Bezeichnung Victory schob Gibson 1981 ein neues Projekt an, um wieder einmal in den Fender-Gefilden zu wildern.
Victory MVX 1982°
Der asymmetrische Body erinnerte in seiner Form eindeutig an den California-Style, die einseitig mit Mechaniken bestückte Kopfplatte und ein Schlagbrett, dass alle elektrischen Teile trug, verstärkten diese Tendenz. Die MV-II arbeitete mit zwei Humbuckern, die MV-X erhielt Singlecoils für Fender-ähnliche Sounds. Trotz all dieser neuen Merkmale wechselten (Fender-) Gitarristen nicht zum neuen Gibson-Konzept und nach drei Jahren musste der Hersteller eingestehen, sich ausgerechnet mit der Victory erneut eine Niederlage eingehandelt zu haben. Zwischen 1982 und 1984 wurde die äußert ungewöhnliche Corvus gesichtet, ein Modell, das eher zu einem kleinen, abgefahrenen Hersteller denn zu der großen Weltfirma Gibson gepasst hätte.
Corvus III 1983°
Dass dem nicht so war, lässt sie in einem umso merkwürdigeren Licht erscheinen. Der Form des Korpus erinnerte an einen großen Dosenöffner, und die einseitig bestückte Kopfplatte thronte auf einem angeschraubten Ahornhals. Die Corvus erschien in den Varianten I, II, und III, wobei die Zahlen der Modellbezeichnung die Anzahl der Pickups angaben. Aufsehen erregende Farben sollten zudem den optischen Eindruck verstärken, den diese Gitarre ohne Zweifel zu hinterlassen im Stande war. Zur selben Zeit produzierte Gibson noch die Futura, eine Hochpreis-Variante der Corvus mit durchgehendem Hals und zwei Humbuckern. Dass zwischen all diesen neuen Designs urplötzlich die Wiederbelebung und Aufwertung einer eigenen Legende eingeschoben wurde, hatte nichts mit einer urplötzlichen Vision zu tun, sondern damit, dass ein anderer amerikanischer Hersteller bereits mit einem nahezu gleichen Modell Erfolge und Marktanteile gesammelt hatte.
Die Gibson Spirit, 1983 vorgestellt, erinnert gleichermaßen an die Double-Cutaway-Version der Les Paul Special aus den 50er Jahren, wie auch an die Hamer Sunburst, die in den 70er Jahren auf den Markt gekommen und überraschend erfolgreich war. Die Spirit war also eine Kopie einer Kopie und konnte trotz der offensichtlich vorhandenen Qualität nicht einmal an Hamers Erfolge anknüpfen, denn kaum einer wollte eine Gibson Solidbody mit Double-Cutaway haben. Daran änderten die verschiedenen Versionen der Spirit, die teilweise mit Kahler-Vibrato und spitzer „Rock“-Kopfplatte (Spirit II XPL) ausgeliefert wurden, natürlich überhaupt und erst recht nichts.
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Die Erfolgs-Story der so genannten „Super Strats“ in den 80er Jahren wurde auch von Gibson zur Kenntnis genommen, und schon bald sollte die Antwort aus Nashville auf diesen neuen Trend folgen. Mit Hilfe von Wayne Charvel, der mit seinen eigenen RockMaschinen mitverantwortlich für den neuen Boom gewesen war, entstanden zwei neue Gibson-Modelle. Die SR-71 und die WRC, beide 1987 präsentiert, zeigten deutliche Charvel-Anleihen plus aller notwendigen Super-Strat-Spezifikationen wie einem Floyd-Rose-Vibrato und heiß gemachten Pickups.
Ein Jahr zuvor waren die US-1 und U-2 auf den Markt gebracht worden, die in denselben Gewässern fischen sollten und sehr viel Ähnlichkeiten zu den oben genannten Gitarren besaßen. Mangelnde Qualität war wie bei den meisten hier aufgeführten Gitarren nie das Problem, doch der Imagekonflikt mit der Marke Gibson sorgte für Kopfzerbrechen. Kein Gitarrist erwartete und vermutlich wünschte sich auch nicht z. B. eine spitze, einseitig aufgebaute Kopfplatte mit dem Gibson-Logo. So kam es, dass keine dieser Gitarren das folgende Jahrzehnt erlebte und Gibson endgültig beschloss, den Bau dieser Gitarrentypen Herstellern mit dem „richtigen“ Image zu überlassen.
US-1_1987°
Die Neunziger
Unter der neuen Führung, die die Geschicke der Firma seit einigen Jahren lenkte, entschied Gibson sich, wieder verstärkt auf alte Werte zu setzen und damit ihr Geld zu verdienen; denn alle Mühen, Neues vorzustellen, verliefen zu oft im Sand. Der Drang zu weiteren Experimenten war aber nicht vollständig verloren gegangen. Ab und zu brach er wieder aus, z. B. mit den 1991 geborenen MIII– und M-IV-Modellen. Diese Gitarren wurden durch ihr äußerst eigenständiges Design bekannt: ein großes, nach links abschweifendes oberes Korpushorn und ein Ahorn-Griffbrett mit pfeilspitzenartigen Inlays und Reversed-Kopfplatte.
M-III Standard 1991°
Das Arrangement der Tonabnehmer bestand aus zwei Humbuckern mit einem dazwischen gesetzten Singlecoil, umrahmt von einem kleinen Schildpatt-Schlagbrett. Eine neuartige, aufwändige Schaltung und ein Floyd-Rose-Vibrato gab es schon in der einfachen Serien-Ausführung. Merkmale genug, um der Gitarre eine gewisse Qualität und den Konstrukteuren Intelligenz zu bescheinigen, die aber auch die Vorhersage eines schlechten Ausgangs für dieses Modell zuließen. Diese Gitarre bewegte sich einfach zu weit abseits der Gibson-Norm! Und trotz einiger gemäßigt gestalteter Folgexemplare gab es nach 1995 keine M-Serie mehr.
Die Moral von der Geschicht Seitdem hält sich Gibson mit neuen Versuchen stark zurück und verschont Musiker mit wagemutigen Neuheiten. Neuauflagen, Reproduktionen und Instrumente mit geringen Detailverbesserungen prägen heute das Gros der Nachfrage und der Produktion. Die große Anzahl diverser Varianten etablierter Modelle im Katalog des Herstellers zeugen davon, dass die ehemals große Risikofreudigkeit durch einen allzu starren Markt, in dem Image mehr bedeutet als Qualität, therapiert wurde. Heute werden nur noch im Custom Shop ab und an neue und meist interessante Gitarrenkonzepte entwickelt, die, wenn sie sich dort bewährt haben, sprich: eine gewisse Nachfrage erkennbar ist, in die Serienproduktion gehen, entweder im Custom Shop selbst oder aber bei der Schwesterfirma Gibson Electric.
Gute Beispiele für solche neuen Modelle, die aus dem reinen Experimentier-Stadium zur Serienreife gelangten, sind die Halbresonanz-Modelle ES- 135, ES-137, ES-336 und ES- 446. Sicherlich sind diese Gitarren keine aufregenden Eye-Catcher wie so manch schräger Vogel in diesem Artikel, aber ihre Konstruktionen bergen einige interessante Details, die den zeitgenössischen Gitarrenbau ein Stück weitergebracht haben.
Nein, ich bin nicht der freundliche Anlageberater der Bank Ihres Vertrauens! Obgleich in unserem speziellen Fall der Aspekt „Wertsteigerung“ eigentlich nicht alleiniger Sinn und Zweck des Gitarrensammelns sein sollte, taucht die Frage „Welche Modelle sind lukrativ, wovon soll ich besser die Finger lassen?“ unter Kollektionsnovizen gar nicht mal so selten auf.
Sammelthema: Die Beatles-Cavern-Club-Periode. Instrumente: Uwe Brügmann
Da es jedoch um Musikinstrumente geht, sollte man vom Sammelnden u. a. gewisse musikalische Interessen und Kenntnisse erwarten dürfen. Auch erweisen sich spielerische Fähigkeiten nicht als hinderlich, wenn man sich über die Klangeigenschaften und -qualitäten einer Gitarre oder eines Basses ein eigenes Urteil bilden möchte.
Thema Farbe: Fender Jaguar, Jazzmaster, Coronado und Telecaster in Lake Placid Blue
Es gibt heute beinahe nichts, was nicht gesammelt wird. Jedoch lockt Opas Bierdeckel-, Briefmarken-, Münz- und Streichholzschachtelkollektion die Enkel ebenso wenig hinterm Ofen hervor, wie Omas Mokkatassen-, Knopf-, Topflappen- und Stickbildersammlung. Gesammelt wird beinahe nur noch, was Wertsteigerung verspricht.
Wir Gitarren-Freaks können mitunter merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Als angehender (heute Ex-)Vintage-Sammler war ich einmal echt pikiert, als ich 1979 während einer Band-Probe stolz meine damals gerade erstandene originale 1957er Les Paul Standard (mit PAF-Tonabnehmern) auspackte, und ein Roadie dies mit „Haste eigentlich keine Kohle für ’ne neue Gitarre?“ kommentierte. Der Mann war einfach nicht im Bilde…
Wie das Gitarren sammeln anfangen?
Nur selten konzipiert ein angehender Gitarrensammler sein Vorhaben konkret und detailliert. Meist entstehen Sammlungen zunächst eher zufällig und entwickeln über die Jahre hin Bezug zu einem bestimmten Thema, sprich Gitarrentyp oder -modell. Eines unterscheidet jedoch den puren Sammler vom sammelnden aktiven Musiker: Während Ersterer oftmals bestimmte Instrumente eines Herstellers nach Baujahren, Modellreihen oder Lackierungen sucht, zeichnet sich die Kollektion eines Musikers durch Marken- und Typenvielfalt aus.
Auch bevorzugt der Sammler in erster Linie Exemplare in tadellosem, im Fachjargon mit „mint” oder „near mint” bezeichneten Originalzustand, während der Musiker oftmals so genannte „Player“ vorzieht, also Instrumente, die durch Modifikationen wie z. B. neue Mechaniken einfach besser spielbar gestaltet wurden. Dabei handelt es sich meist um intensiv gespielte, oftmals auch modifizierte oder/und überlackierte (oversprayed, refinished) Gitarren in weniger gutem Zustand, die einen Bruchteil der gut erhaltenen kosten. Allerdings klingen selbige erfahrungsgemäß meist besser, da sie unzählige Stunden gespielt wurden.
Fakt ist auch, dass ein absolut „unverbasteltes“ Instrument im Originalzustand ungeachtet seines optischen Eindrucks wertvoller ist, als ein modifiziertes, neu lackiertes oder mit Ersatzteilen rekonstruiertes. Man stelle sich vor, Don Gallagher hätte nach dem Tod seines Bruders Rory dessen geschundene Strat neu lackieren lassen, um sie eventuell besser verkaufen zu können. Höchststrafe! Aber der Mann ist schließlich vom Fach.
Inzwischen dürfte es selbst bis in die hintersten Winkel unserer Republik gedrungen sein, dass sich der Otto-Normal-Sammler etwaige Wünsche nach erschwinglichen Gibson Jazz-Gitarren, Les Paul Standards und ES-335/345/355 sowie Fender Broad-, No-, Tele- und Stratocaster-Modellen der 1950er- und frühen 1960er-Jahre, getrost abschminken kann. Speziell bei diesen gesuchten Gitarren ist der Markt abgegrast, und tauchen dennoch solche Modelle auf, werden sie meist in ein weltweit existierendes Sammler-Informationsnetz eingespeist und sind genauso schnell „gebunkert“ wie aufgetaucht.
Dennoch kann der, der eine Nase für gute Instrumente und Trends besitzt, heute immer noch lohnende Schnäppchen machen. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass die ersten Fender Squier-Modelle der JV- und SQ-Serien, mit denen der US-Hersteller zu Beginn der 1980er versuchte, den erstklassigen japanischen Kopien von Tokai, ESP und anderen Paroli zu bieten, zu begehrten und zurzeit (noch) erschwinglichen Sammlerstücken mit steigendem Wert avancieren würden? Und die vorzüglichen japanischen Fender-Vintage-Reissues der späten 80er und 90er Jahre sind auf dem besten Weg dorthin.
Was sammeln?
Ganz einfach, nämlich zunächst schlichtweg das, was man mag, und was die finanzielle Situation erlaubt. Tunlichst zu vermeiden ist es, für den Kauf einer Vintage-Gitarre einen Bankkredit aufzunehmen, es sei denn, es handelt sich um ein echtes Schnäppchen der Marke „Nummer sicher“. Die Sammelleidenschaft sollte quasi die persönlichen Vorlieben oder Interessen am Gitarrenspiel fortsetzen. Die meisten der bekannten Sammler starteten mit der Suche nach einem ganz bestimmten (Traum-)Instrument, oder wurden durch ein zufällig entdecktes animiert.
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Sie begannen, sich für dessen Historie und Konstruktion zu interessieren und erlangten in diesem Zuge umfangreiches Allgemeinwissen über Vintage-Gitarren. Auch in diesem Genre können nämlich Wissenslücken unter Umständen eine Menge Geld kosten. Sammeln ist ein ständiger Entwicklungsprozess. Wer beispielsweise eine ältere Gitarre besitzt, beginnt am besten damit, so viel wie möglich über sie und eventuelle Vorgängermodelle zu erfahren.
Unzählige Veröffentlichungen entsprechender Fachliteratur, Internet-Foren, der Besuch von Fachmessen oder -ausstellungen und Kontakt zu anderen Sammlern erleichtern die Recherche ungemein und erhöhen gleichzeitig den Wissensstand. Grundsätzlich empfiehlt es sich – wenn man nicht gerade auf absonderliche Farben und Formen steht – Gitarren, die bereits in ihrer Erscheinungsperiode Erfolge aufzuweisen hatten, und deren Kopien zu sammeln. Erfahrungsgemäß erfreuen sich solche Instrumente immer einem gewissen Wert-Zuwachs, während Modelle, die schon bei ihrer Vorstellung keinen interessierten, auch später unbeachtet bleiben. Ausnahmen wie Gibsons exzentrische Flying-V- und Explorer-Gitarren bestätigen da nur die Regel. Hier ein paar praktische Sammelvorschläge:
Instrumente eines Herstellers in einer bestimmten Farbe
Instrumente verschiedener Hersteller, aber eines bestimmten Baujahres, z. B. des eigenen Geburtsjahres – was bei dem ein oder anderen von uns allerdings ein recht teures Vergnügen sein kann
Ein bekannter Instrumententyp (z. B. Fender Stratocaster) und dessen Kopien
Ein bestimmter Instrumenten-Typ in seinen verschiedenen Versionen (z. B. Les Paul Standard, Custom, Special, Junior etc.)
Eine komplette Serie (z. B. Fender Standard Strat, Tele, Jazz Bass, Precision)
Die verschiedenen Baujahre eines bestimmten Instrumententyps, z. B. eine Reihe von Telecaster-Modellen von 1970 bis 1979
Alle Signature-Modelle eines Künstlers, einer Band, oder einer Musikrichtung (z. B. alle Ibanez Steve-Vai-Modelle, alle Mark-King-Signature-Bässe etc.)
Wo suchen?
Überall! Na ja, ganz so einfach ist es natürlich nicht, schließlich liegen gute Instrumente nicht auf der Straße oder gar im Sperrmüll herum. Obwohl … auch das hat es alles schon gegeben! Glücklich kann sich schätzen, wer eine Vintage-Gitarre aus zweiter Hand erwerben kann, vorzugsweise mit originalen Etiketten und Kaufbeleg. Die meisten Sammler ziehen den Kauf von Privatleuten vor, da die begehrten Objekte beim Händler in der Regel teurer sind.
Pfandhäuser (engl.: pawn shops) und Flohmärkte dürften für denjenigen eher uninteressant sein, der bestimmte Modelle der renommierten Hersteller sucht. Jedoch auch hier gilt: Nichts ist unmöglich, keine Chance ungenutzt lassen! Dagegen kann dort leicht fündig werden wer auf deutsche oder unbekannte (ost-)europäische Fabrikate schwört. Auch Kleinanzeigen in Tagespresse, Stadtzeitungen, Fachzeitschriften und speziellen Anzeigenblättern sind immer für die eine oder andere Überraschung gut.
Interessant sind auch die meist kostenlosen Inserate im Internet, die sowohl auf den Websites großer Musikläden als auch von Privatleuten zu finden sind. Momentan sehr beliebt sind Web-Auktionshäuser wie ebay. Ganz „ausgeschlafene“ Zeitgenossen verteilen sogar Suchanzeigen in Seniorenheimen. Trotz des derzeit günstigen Dollar-Kurses sind Vintage-Instrumente in den USA zurzeit teurer als hier zu Lande, auch wenn sich die dortigen Dealer erfahrungsgemäß recht verhandlungsbereit zeigen.
Mal eben eine Gitarre zur Aufbesserung der Urlaubskasse aus den Staaten mitzubringen ist nicht mehr so lukrativ wie noch in den 70er und 80er Jahren. Besonders kostspielig wird es, wenn man sich das im www erspähte Objekt der Begierde von einem der zahlreichen amerikanischen Vintage-Händler zuschicken lassen möchte. Zuzüglich zum vereinbarten Preis muss man nämlich noch gut ein Drittel Versandkosten, Transportversicherung und Einfuhrumsatzsteuer einkalkulieren. Sollte das gelieferte Instrument nicht gefallen oder nicht den Beschreibungen des Händlers entsprechen, kann man es in der Regel zwar wieder zurückschicken, jedoch ausschließlich auf eigene (erhebliche) Kosten.
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Was lohnt sich?
Wer ganz sicher gehen will, sammelt die nach wie vor begehrtesten Gitarren: Gibson Les Pauls der 50er Jahre bis 1960, ES-Modelle der 335-, 345- und 355-Reihe von 1958 bis 1964 (Stoptail-Periode), Fender pre-CBS Modelle (bis 1965), Vollresonanzgitarren bis Anfang der 60er (Gibson, D’Angelico, Gretsch, Guild) und etliche andere. Bei solchen Modellen werden die Preise mit ziemlicher Sicherheit stabil bleiben und teilweise auch weiterhin steigen. Aber wer kann und will bei diesen Kursen überhaupt mithalten?!
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
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Kümmern wir uns also um die erschwinglichen Dinge. Inzwischen hat der hiesige Vintage-Markt die Qualität deutscher Produkte entdeckt. Abgesehen von den eher kultigen 50er- und 60er-Jahre-Kopierversuchen der Firmen Framus, Höfner, Hoyer, Hopf, Klira u. v. a. sind zurzeit erstklassige Repliken und auch eigene Kreationen von Hoyer aus den 70ern und frühen 80er Jahren gefragt. Sie zeichnen sich vor allem in puncto Konstruktion (oftmals durchgehende Hälse), Hardware, Klang- und Verarbeitungsqualität aus.
Einen gewissen Ausnahmestatus besitzen die aus massiven Hölzern handgefertigten Jazz-Gitarren der Firmen Glassl, Lang und Roger (Rossmeissl), die inzwischen schon für vergleichsweise recht hohe Summen über den Tisch gehen, und je nach Zustand und Modell auch mal bis zu € 2000 kosten können. Wertsteigerung ist auch bei hochwertigen Kopien von Gibson- oder Fender-Klassikern zu beobachten, vorzugsweise Ibanez-Modelle der frühen bis mittleren 70er Jahre, aber auch eigene Kreationen wie die Artist-Serie, das Bob-Weir-Modell und die Denny-Lane-Doubleneck, von der nur zwölf (!) Stück gebaut wurden.
Lukrativ dürften auch die ersten Fender/Squier-Serien der frühen 80er, die Japan Reissues der 80er und 90er Jahre und frühe ESP- und Tokai-Kopien werden. Hauptsache es sind Produkte japanischer und nicht koreanischer Herkunft!
Auch aktuelle Instrumente, exklusiv für Fernost produziert, werden in Zukunft den europäischen und amerikanischen Sammlermarkt erobern, da kaum zu bekommen. Hierzu zählt die Marke Orville (by Gibson), die eine nahezu komplette Palette erstklassiger Kopien der Gibson-Klassiker bietet. Seit dem Tod des Briten Tony Zemaitis sind nicht nur die Preise seiner Originale explodiert, sondern auch die Kopien diverser Hersteller dermaßen gefragt, so dass neben dem Zemaitis User Club inzwischen auch ein Zemaitis Copy User Club entstanden ist.
Da Zemaitis-Kopien mangels erteilter Lizenzen nicht offiziell verkauft werden dürfen, ist die Zahl recht rar. Es ist auch nicht genau bekannt, welcher Hersteller solche Kopien produziert oder in kleinen Stückzahlen fertigt bzw. gefertigt hat. Es existieren eine handvoll prächtiger Modelle von Tune/Blade und Greco, und Cort hat einmal auf einer asiatischen Musikmesse drei wunderschöne Prototypen präsentiert, die jedoch (leider) nie in Serie gingen.
Ich bekam einmal eine koreanische Zemaitis Pearl Front Replica mit verschraubtem Hals in meine Hände, die qualitativ nicht mit den japanischen Kopien konkurrieren konnte. Es empfiehlt sich also, vom nächsten Japan-Trip eine Orville oder eine Zemaitis-Kopie mitzubringen. Auch Gibson-Kopien des japanischen Herstellers Tokai mit neuerem Datum sind für die Zukunft nicht uninteressant, da sie in überschaubaren Stückzahlen, qualitativ auf hohem Niveau gefertigt und deshalb recht begehrt sind.
Soll es jedoch unbedingt ein „echter“ Oldie eines der renommierten US-Hersteller zum halbwegs akzeptablen Kurs sein, bieten sich 60er-Jahre-Low-Budget-Instrumente von Gibson, Epiphone und Fender an. Zu erkennen sind sie meist an ihrem einzelnen Singlecoil-Pickup. Als lukrativ erweisen sich Gibsons und Epiphones mit P-90s (Dog Ear-Pickup). Einige Modelle verfügen auch über zwei einfache Singlecoils. Die Gibsons tragen die Bezeichnung Junior, Special und Melody Maker, von Epiphone empfehlen sich die Modelle Coronet, Olympic und Olympic Special sowie die Japan-Modelle Scroll 450 und 550 aus der Mitte der 70er Jahre. Fenders „Einsteiger-Gitarren“ sind Duo Sonic, Musicmaster, Mustang, Bronco und Musiclander.
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Bild: Heinz Rebellius, Archiv
Man sieht, der Sammlermarkt bietet immer noch eine Menge Interessantes und mitunter noch durchaus Bezahlbares, wenngleich sich die Wertsteigerung in dieser Sparte sicherlich im überschaubaren Rahmen halten wird. Aber wer weiß, ob nicht der nächste Guitar Hero mit einer alten Hagström, Eko, Klira, Herticaster, Necker Man oder was weiß ich für Furore sorgen wird, und deren Preise urplötzlich in die Höhe schießen werden.
Nach einem turbulenten Jahr 2018 startet Gibson mit dem neuen CEO James “JC” Curleigh ins neue Jahr und enthüllt pünktlich zur NAMM auch zugleich das Line Up für 2019. Neben altbekannten Klassikern stehen auch eine Menge neuer Signature-Instrumente auf dem Programm.
Mit den neuen Gitarren möchte Gibson in die Zukunft schauen, aber gleichzeitig den ikonischen Modellen der “Goldenen Ära” Tribut zollen.
“We’re paying tribute to the Golden Era of Gibson by restoring authenticity for musicians with our new lineup of Classics,” teilte Cesar Gueikian, Gibsons Chief Merchant Officer mit. “True to our DNA, our new Les Paul Standard returns to the classic design that made it famous. And the same can be said of other models”
Les Paul Standard 50's Spec
Les Paul Standard P90 50's Spec
Les Paul Standard 60's Spec
Les Paul Junior Tobacco Burst
Les Paul Modern
Les Paul Special TV Yellow
Explorer
SG 61 Vibrola
Neben elektrischen Modellen kündigte Gibson außerdem eine neue Akustikserie an. Die beiden Modelle G-45 Studio und G-45 Standard werden (selbstverständlich) in den USA gefertigt und verfügen über eine massive Sitka-Fichtendecke sowie Walnussboden und -zargen. Die Preise liegen bei $ 999 (Studio) und $ 1.299 (Standard).
G-45 Studio
Auch im Bereich der Signature-Instrumente hat sich Gibson für 2019 einiges vorgenommen. Hier die Ankündigungen:
George Thorogood – Epiphone Ltd Ed Thorogood “White Fang” ES-125TDC
Jared James Nichols – Epiphone Limited Edition Jared James Nichols ‘Old Glory’ Les Paul Custom Outfit
Chris Cornell – Chris Cornell Tribute Gibson ES-335
Dave Rude – Epiphone Limited Edition Dave Rude Flying V Outfit
Dave Amato – Custom Shop Dave Amato Signature Axcess Les Paul
Brian Ray – Custom Shop Brian Ray 62 SG Jr.
Lee Roy Parnell – Custom Shop Lee Roy Parnell Signature 1959 Les Paul Standard
Slim Harpo – Slim Harpo ’62 ES-330
Michael Clifford – Michael Clifford Signature Melody Maker
Als Musiker sind wir ja alle ein wenig sensibel Klängen und Geräuschen gegenüber. Wenn aus dem Geklapper eines leeren Zigarettenautomats ein Groove wird (Joni Mitchell ,Smokin’), das Zufallen der Tür einer Stuttgarter Nobelkarosse besser klingt als jede Bass-Drum oder der erste Schrei des eigenen Kindes in den Ohren wie Musik ist, ist die Welt in Ordnung.
Abb.1 Kopfplattenwinkel von Les Paul (unten) und Telecaster
Es gibt aber auch Geräusche, die uns Musikern durch Mark – ’tschuldigung: Euro – und Bein gehen. Und ein Geräusch ist da ganz weit vorne: das knirschende Knacken, das entsteht, wenn eine Les Paul aus dem Ständer kippt und sich bei der Landung den Hals bricht. Tja, wenn dieses Ereignis eine Seltenheit wäre, könnte man so was in die Abteilung „Gruselgeschichten am offenen Kamin“ einsortieren. Ist es aber nicht, denn immer erwächst speziell bei Paulas und SGs aus einem kleinen Umfall eine große Katastrophe. Wenn der erste Impuls – die Suche nach einer geladenen .45er oder einer Pumpgun – vorbei ist, sollte man erst einmal mit Ruhe und Besonnenheit vorgehen und den Schaden ohne operative Hektik begutachten. Zumeist ist nämlich gar nicht der Hals als solcher gebrochen, sondern „nur“ die Kopfplatte.
In den meisten Fällen ist der Bruch auch nicht ganz durchgehend und die beiden Teile hängen noch an der auf der Vorderseite der Kopfplatte auflaminierten Ebonol-Platte zusammen. In einem solchen Fall ist es wichtig, so schnell wie möglich den Zug von der Kopfplatte zu entlasten, um weitere Schäden oder gar das gänzliche Durchbrechen zu verhindern: S(a)eitenschneider her und sofort alle Saiten durchknipsen, und dabei aufpassen, dass das herunterfallende StopTailpiece nicht auch noch eine Macke in die Decke schlägt. Als nächstes sollte die Klampfe so sanft wie möglich in den Koffer gelegt und gesichert werden, damit kein schusseliger Trommler davor latscht.
Wenn zu erkennen ist, dass sich größere Stücke unerlaubt von der Truppe entfernt haben, gilt es, so gründlich wie möglich den Boden an der Stelle, an der die Paula aufgeschlagen ist, nach Splittern, Bruchstücken und Lackresten abzusuchen. Hoffentlich ist’s kein Flokati! Die Sucherei lohnt sich, denn je mehr davon gefunden wird, desto unauffälliger lässt sich hinterher der Bruch kaschieren.
Sollbruchstelle
Warum aber tritt dieser Schaden mit Vorliebe bei Gitarren diese Bauart auf? Zum einen haben diese Modelle eben diese konstruktionsbedingte Schwachstelle. Vergleichen wir die Köpfe z. B. der Telecaster in Abb. 1 mit der Les Paul darunter, fällt auf, dass die Kopfplatte der Gibson-Gitarre in einem Winkel von ca. 13° aus der Mittelachse des Halses geneigt ist. Wenn wir uns jetzt vorstellen, dass der Hals natürlich dergestalt aus einem Holzstück gefräst wird, dass die Holzfasern in Längsrichtung des Halses verlaufen, wird deutlich, dass im Bereich des Knicks bei der Paula Schichten mit kurzen Fasern übereinander liegen, die eine deutlich geringere Stabilität haben als die Fender-Konstruktion, bei der die Holzfasern zum größten Teil bis zur Spitze des Kopfes durchgehen.
Einen weiteren Beitrag zur „Sollbruchstelle Kopfplatte“ leistet die Ausfräsung für die Verstellung des Halsstabes. Wie auf den Photos zu erkennen ist, fräst Gibson eine rund 15 × 43 mm große und ca. 15 mm tiefe Höhlung in die Kopfplatte, in der die Mutter für den Stahlstab erreichbar ist. Dadurch wird natürlich der holzhaltige Querschnitt um einen nennenswerten Prozentsatz reduziert. Bei einer Gitarre mit geleimtem Hals ist das fast auch nicht anders zu machen. Fender hat die Aufgabe anders gelöst – bei den meisten Modellen ist die Verstellung des Stabes von der Korpusseite aus zu erledigen, was den Nachteil hat, dass – zumindest bei den alten Modellen – dazu der Hals abgeschraubt werden muss.
Es gibt allerdings auch Versionen von Strats und Teles, bei denen die Verstellung vom Kopf aus gemacht wird. Allerdings wird da ein kleines Loch im Kopf freigelassen, durch das mit einem Inbus-Schlüssel gearbeitet wird – eine Methode, die den Querschnitt nicht sonderlich beeinflusst. Nicht ganz unschuldig an der Empfindlichkeit der Les Paul und ähnlich gebauten Gitarren ist auch das Material. Die Paula-Hälse sind in der Regel aus Mahagoni, die Hälse der Stratocaster und Telecaster aus Ahorn.
Die nachstehende Tabelle stellt die wichtigsten Daten von Mahagoni und Ahorn gegen- über. Mahagoni ist also leichter als Ahorn, ähnlich druckfest, aber nicht so biegefest. Interessant ist übrigens auch das unterschiedliche Schrumpfverhalten der beiden Holzsorten. Mahagoni schrumpft mehr in der Länge als Ahorn, dafür schrumpft Ahorn wesentlich mehr im Durchmesser.
Research
Nun wissen wir also, warum der Hals so leicht bricht, aber das bringt uns nicht wirklich weiter. Jetzt ist erst einmal die Gelegenheit für eine gediegene Tasse Kaffee und ein gerüttelt Maß an Kontemplation. Für mich, der ich oben geschilderte Erfahrung am eigenen Leib bzw. an der eigenen Les Paul erlebt habe, stellte sich nun die primäre Überlegung: „Machen oder machen lassen“ (Abb. 2 und 3). Also verschiedene Musikläden und Gitarrenbauer antelefonieren und Informationen – und natürlich Preise – einholen. Bei Mitteilungen von Preisen sind die Gitarrenbauer natürlich ausgesprochen zurückhaltend. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Brüchen, und, ohne den Schaden gesehen zu haben, einen Preis zu nennen – und dann eventuell darauf festgenagelt zu werden – könnte auch nach hinten losgehen.
Abb.2 Ein typischer Kopfplattenbruch
Die Preisangaben reichten von € 100 ohne kosmetische Nacharbeiten bis zu € 350 mit „Make Up“ – und alle Angaben ohne Gewähr. Bei der Frage nach der richtigen Vorgehensweise und dem passenden Klebstoff wurden die Antworten noch vorsichtiger. Im Nachhinein ist mir auch klar, warum, denn die Wahl des Klebers ist das A und O der Reparatur. Zum einen gibt kein Spezialist sein Wissen gerne preis, und zum anderen ist auch hier die genaue Kenntnis des Schadens unabdingbar. Aber da dem Inschinör nix zu schwör ist, fasste ich den Plan, das Thema doch auch auf eigene Faust zu lösen.
Leim oder Leim?
Wie bereits gesagt, ist die Entscheidung für den richtigen Klebstoff äußerst wichtig. Die erste muss zwischen Leim und Zweikomponenten-Kleber getroffen werden. Restaurateure schwören z. B. in solchen Fällen auf Uhu Endfest 3000, ein ZweikomponentenKleber auf Epoxidharz-Basis, dessen Endfestigkeit bis zu 3000 N/cm2 erreicht. Allerdings zieht der Kleber nicht in das Holz ein, sondern bildet auf Dauer eine mit Kleber verfüllte Fuge. Es gibt Anwendungen, bei denen dies sinnvoll sein kann, hier ist es das allerdings nicht. Also Leim! Aber welcher? Es gibt eine riesige Menge verschiedenster Leimsorten.
Diese können in zwei große Kategorien unterteilt werden: Heißleime wie Knochen- oder Hautleim und Kalt- oder Weißleime wie z. B. Ponal Express. Der Heißleim wird, wie der Name schon sagt, heiß verarbeitet (ca. 60 °C) und findet im Instrumentenbau an vielen Stellen Verwendung. Die besondere Eigenschaft von Heißleim ist die, dass er mit Hitze und Feuchtigkeit wieder zu lösen ist. Hälse von Gitarren zum Beispiel werden oft mit Heißleim verleimt, um sie im Falle eines Falles wieder ausbauen zu können. Ich hätte allerdings kein wirkliches Interesse daran, dass sich meine Kopfplatte in ihre Bestandteile auflöst, vorzugsweise im Hochsommer auf einer gut ausgeleuchteten Bühne. Für eine unlösbare Verbindung ist Kalt- oder Weißleim also die richtige und bessere Wahl. Weißleim besteht zur Hälfte aus Wasser. Der Klebstoff selbst ist ein Feststoff (Polyvinylacetat), der von Tensiden in einem Knäuel („Micelle“) im Wasser in der Schwebe gehalten.
Abb.3 Glocke und Furnier halten die Kopfplatte noch zusammen
Wenn der Leim aufgetragen wird, zieht das Wasser ins Holz ein. Dadurch brechen die Tensid-Käfige auf und die fadenförmigen, „aufgeknäulten“ (ziemlich langen) Klebstoffmoleküle „strecken“ sich aus. Durch das verdunstende Wasser schrumpft die Klebstoff-Fuge insgesamt um die Hälfte, die Klebstoffketten legen sich dadurch eng aneinander. Die Adhäsion an Holz klappt besonders gut, weil der Kleber so genannte „polare” Stellen aufweist. Die lagern sich wiederum bevorzugt an den polaren Gruppen der Cellulose an, aus der Holz zu einem großen Teil besteht. Die daraus resultierende Verbindung ist von der Fugengröße her minimal, und durch die ins Holz eingedrungenen Klebstoff-Moleküle ist das Holz im Bereich der Klebung haltbarer als normal. Für diesen speziellen Fall habe ich mir eine besondere Variante des Weißleims ausgesucht – den Propeller-Leim.
Bei jeder normalen Leimverbindung kann man das Ergebnis optimieren, in dem man die Verbindung unter hohem Druck herstellt. Dadurch wird die Fuge so klein wie möglich. Propellerleim hingegen hat eine weit stärker kontrahierende Wirkung. So brauchen wir keinen oder viel weniger Druck auf die Kopfplatte auszuüben. Apropos Druck: Wer jetzt schon im Keller nach seinen alten Schraubzwingen sucht, möge die bitte gleich dort lassen – für eine filigrane Reparatur wie diese sind die Dinger denkbar ungeeignet, denn die Dosierung ist Glückssache, und die Kraft wird auch viel zu punktuell aufgetragen.
Viel besser sind so genannte Leimzwingen, wie sie auch auf den Fotos zu sehen sind. Sie bestehen aus einer verzinkten Stahlschiene mit Spannarmen aus Weißbuche, wobei die Druckflächen mit Korkauflage versehen sind, um ein Abrutschen zu verhindern und die Druckstelle zu schonen. Diese Klemmen kosten je nach Länge im freundlichen Baumarkt nebenan zwischen € 10 und 15 und sind eine lohnende Anschaffung für jeden Haushalt. Wo wir schon mal im Baumarkt sind, kaufen wir auch gleich den Propellerleim ein, denn der ist trotz seines Namens nicht in Modellbaugeschäften, sondern in gut sortierten Baumärkten zu kriegen. Ich habe meinen von Hellweg.
Kleben
Da wir nun alle Sachen beisammen haben – halt, ein kleiner Pinsel mit langen, aber harten, Borsten fehlt noch –, können wir den Arbeitsplatz vorbereiten. Ich lege am liebsten Papier aus, das kann ich dann nach getaner Arbeit wegwerfen und brauche nicht den Werktisch zu säubern; ein altes Bettlaken tut’s auch. Außerdem sollte man ein paar Stücke Schaumstoff oder Styropor bereitlegen. Dann bereiten wir den Patienten vor: Zunächst werden vorsichtig alle Mechaniken abgeschraubt, die stören nur beim Zwingen.
Das „truss rod cover“ (Glocke) wird abgeschraubt, wenn er nicht schon abgebrochen ist, die Spannmutter des Halsstabes komplett entfernt und der Halsstab mit Klebeoder Isolierband abgedeckt. Sollte sich näm lich Leim zwischen Mutter und Gewindestange setzen oder das Gewinde mit Leim verkleben, ist mit Halsverstellen zukünftig Essig. Nun wird der Arbeitstisch so vorbereitet, dass die Gitarre hingelegt werden kann, indem das Griffbrett nach unten zeigt und flach auf dem Tisch liegt. Die ganze Sache wird dann mit Schaumstoff oder Styropor-Klötzchen unterstützt, so dass Platz für die Zwingen bleibt und die Kopfplatte in ihrem ursprünglichen Winkel steht. Nun wird die Bruchstelle ein wenig auseinander gebogen und vorsichtig ausgepustet, damit bloß keine Krümel in der Fuge bleiben.
Abb.4 Zwingen, Pinsel und Propellerleim
Als nächstes wird der Leim aufgetragen. Dazu benutze ich den Pinsel mit den langen Borsten und versuche den Leim so tief wie möglich in die Bruchstelle zu befördern. Sparsamkeit mit Leim ist hier nicht angesagt, denn was an Leim zu viel ist, wird beim anschließenden Zusammendrücken mit den Leimzwingen aus der Bruchstelle herausgepresst. Wie gesagt braucht Propellerleim nicht viel Druck, aber andererseits hilft der Druck, den Leim wirklich bis in den letzten Winkel zu verteilen. Also werden vorsichtig die Leimzwingen angesetzt und festgeklemmt (Abb. 4).
Dabei nur langsam den Druck mit den Knebeln erhöhen, um dem Leim Zeit zu geben, sich zu verteilen. Es empfiehlt sich, den herausquellenden Leim schnell mit einem Lappen abzuwischen, bevor er antrocknen kann. Nach dem Abwischen kann man nun kontrollieren, ob die Nahtstelle auch gut zusammengedrückt ist. Jetzt ist der beste Moment, eventuell abgesplitterte Holzteilchen wieder an ihre Stelle zu setzen, wenn nötig mit einem Tröpfchen Leim versehen. Sieht alles so aus, wie es sein sollte, kann man sich nur noch in Geduld üben und das Werk 24 Stunden stehen lassen.
Dabei sollte die Raumtemperatur nicht unter 18 °C sein, besser sind 20 oder 22 °C bei niedriger Luftfeuchte, ein schimmeliger Bastelkeller mit 14 °C und 90 % Luftfeuchte ist definitiv nicht der richtige Platz. Nach dieser Geduldsprobe können wir die Klemmen entfernen und einen ersten Blick riskieren. Wenn alles so aussieht wie in Abb. 5 – herzlichen Glückwunsch! Rein funktional ist die Gitarre wieder fit. Leute mit guten Nerven können mal mit der Hand einen ersten Bruchtest machen: einfach versuchen, die Kopfplatte sanft nach vorne zu biegen! Wenn die Leimung ordentlich gemacht wurde, passiert wirklich nichts mehr.
Abb.5 Die Nahtstelle muss nur noch optisch bearbeitet werden.
Was jetzt noch stört, ist natürlich die Optik – der Riss im Lack ist selbstverständlich deutlich zu erkennen und auch zu erfühlen. Doch auch das lässt sich klären, jedoch auf verschiedene Arten und Weisen, die stark von der Art des verwendeten Lacks abhängen. Originale Gibson-Gitarren sind mit – mehr oder weniger reinem – Nitrozellulose-Lack lackiert. Der hat den Vorteil gegenüber DD- oder Mehrkomponenten-Lack, dass er sich mit seinem Lösungsmittel Nitro nachträglich wieder anlösen lässt. Dadurch kann sich eine neue Schicht Nitrolack fest und ohne Übergänge mit dem alten Lack verbinden. Anschließend kann durch Nass-Schleifen und Polieren wieder eine einheitliche und glatte Oberfläche hergestellt werden. DD-Lack, der einmal angetrocknet ist, lässt sich allerdings nicht mehr chemisch lösen; dadurch sind Reparaturen im Lack weit schwieriger.
Appetit kommt beim Essen, und durch diesen ersten Erfolg bin ich auf weitere Ideen für Verbesserungen an meiner Gitarre gekommen. Also habe ich mich für eine viel radikalere Lösung entschieden – der Lack soll komplett runter und die Gitarre neu lackiert werden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte …
Auch wir in der Redaktion hatten einen bedauernswerten Transportschaden einer Ibanez-Destroyer zu beklagen. Ein geschickter Kölner Handwerker konnte das Ding jedoch wieder spielbar machen – und das tadellos!
Die neue Shaman Element Serie aus dem Hause Kirstein ist für preisbewusste Gitarristen konzipiert und sicherlich auch für den Nachwuchs interessant.
In vier Ausführungen wurden traditionelle Gitarren-Klassiker interpretiert – die Fertigungsqualität ist selbstverständlich zeitgemäß. Die Element Series wird, unter fairen Arbeitsbedingungen, in einer indonesischen Manufaktur hergestellt. Preislich liegen alle Modelle unter € 250.
Aktuell besteht die Serie aus elf Gitarren in ST- und TL-Bauweise (mit Linde-Korpus und Hard-White-Maple-Neck), sowie Single-Cut- und Double-Cut-Bauweise (mit Linde-Korpus und geleimtem Hals aus Mahagoni). Allen Modellen gemein ist ein schlanker Hals, der sich geschmeidig bespielen lässt.
Sie stammen nicht aus dem Süden der USA, sondern aus New York City, Connecticut und Kanada. Sie sind keine Töchter von John Lee Hooker, haben aber trotzdem den Blues: Jane Lee Hooker. Genau betrachtet sind sie aber viel mehr als bloß „just another Bluesband“.
Thomas Ruf, Namensgeber und Gründer des Labels Ruf Records, hat ein Händchen für Blues-orientierte Bands. Neben bekannten Größen wie Luther Allison, Aynsley Lister oder Devon Allman hat er mit seiner „Blues Caravan“-Tour immer wieder auch jungen Gitarristinnen wie Samantha Fish, Joanne Shaw Taylor oder Sue Foley den Weg geebnet.
Längst auf eigenen Beinen stehen auch Jane Lee Hooker, die inzwischen mehrmals im Jahr die deutschen Clubs bereisen und sich mit Acts wie Henrik Freischlader, Stacie Collins oder Colin Blunstone die Klinke in die Hand geben.
Auf ihrem ersten Album ,No B!‘ spielten die fünf Ladies aus New York City tatsächlich noch viele Blues-Cover von Johnny Winter, Albert King oder Muddy Waters.
Doch auf ihrem zweiten, aktuellen Album ,Spiritus‘ haben sie sich hörbar freigeschwommen vom typischen Blues-Fahrwasser.
Ihre neuen, eigenen Songs atmen zwar den Blues, bestechen aber mit frechen Roots-Gitarren mit ganz wenig Effekten, aber umso mehr Drive.
Wir trafen die komplette Saitenfraktion von Jane Lee Hooker vor ihrem Gig im Karlsruher „Jubez“: die beiden Gitarristinnen Tracy „Hightop“ Almanaz und Tina „T-Bone“ Gorin sowie Bassistin „Hail Mary“ Zadroga.
Alle drei sind schon länger im Geschäft und spielten früher bei US-Bands wie Bad Wives, Helldorado oder der legendären Heavy-Combo Nashville Pussy. Trotz langer, staugeplagter Anreise im kleinen Bandbus waren sie gleich bereit zum Gespräch.
Interview
In euren Songs lassen sich viele unterschiedliche Einflüsse feststellen. Eure Musik also als Bluesrock zu bezeichnen wäre da ein wenig zu kurz gegriffen, oder?
Tracy: Also, ich finde, wir sind einfach eine tolle Rockband! Jede Art von Rock’n’Roll die wir mögen, basiert ohnehin auf dem Blues. Unsere ursprünglicher Idee war aber tatsächlich, dass wir eine kleine Bluesband zusammenstellen, damit Tina und ich stundenlang Soli spielen konnten.
Als dann die anderen drei hin-zukamen, ist uns erst klar geworden, dass wir eigentlich eine Rockband sind.
Wir bekommen eine Menge unterschiedlicher Label verpasst – so lange die gut sind, ist es uns egal, welche das sind. Ich höre bei uns Blues, Punk und Rock, also was soll’s.
Bild: Hans Ernst
Tracy Hightop spielt am liebsten eine 76er-Gold-Top-Deluxe.
Bild: Hans Ernst
Echt Vintage, kein Fake: Tracys Gold Top Deluxe
Kommt ihr alle aus New York City?
Tina: Ja, Tracy und ich sind beide in NYC geboren.
Mary: Ich komme aus Connecticut, das ist ja gleich um die Ecke.
Tina: Unsere Drummerin kommt aus Kanada, und …
Tracy: … Dana ist auch aus New York.
Gibt es überhaupt eine Bluesrock-Szene in New York?
Tracy: Ich denke, es gibt zumindest eine Blues-Szene, aber ich habe gehört, dass das B.B.King’s, der große Blues-Club am Times Square, dichtmachen muss. Allerdings ist die Rock-Szene inzwischen auch weniger beeindruckend als noch vor zehn Jahren.
Bild: Hans Ernst
Der Bass von Mary Zadroga besteht aus einem 66er-Pre-CBS-Precision-Body und einem 72er-Jazz-Neck.
Bild: Hans Ernst
Marys P-Bass: Jazz-Neck mit Precision-Schriftzug
Gebt ihr mehr Konzerte in den Staaten oder in Europa?
Tracy: Im Moment ist das Verhältnis ziemlich ausgeglichen. Zuletzt waren es vielleicht etwas mehr Gigs in Europa, aber das hält sich ganz gut – auch in den Staaten.
Ihr habt bis jetzt zwei Alben gemacht. Das erste ist ein Cover-Album mit nur einem eigenen Song. Auf der neuen Platte ,Spiritus‘ habt ihr fast nur Eigenkompositionen.
Tracy: Ja, da haben wir zehn Songs drauf, acht eigene und nur zwei Covers, ,Turn On Your Lovelight‘ und ,Black Rat‘.
Wie kam es, dass ihr zuerst ein typisches Bluesrock-Programm hattet und jetzt auf eigene Songs setzt?
Tina: Das hat wohl mit dem Entstehen der Band zu tun. Als wir die Idee hatten, zusammen etwas auf die Beine zu stellen, machte es durchaus Sinn, das zu spielen, was wir alle mögen: Blues …
Les Pauls aus ihren drei Jahrgängen, von links: 1958, 1959 und 1960°
In diesem Artikel widmen wir uns voll und ganz der Gibson Les Paul! Hier erfährst du alles über die Geschichte und Entstehung der Les Paul, über die verschiedenen Modellreihen, den Gebrauchtwert von Gibson-Gitarren sowie alles zum Thema Gibson-Seriennummern.
Die Entstehung der Gibson Les Paul: Modell mit Geburtsfehler
„Sie werden überrascht sein, aber ich bin keine Gitarre.“ So pflegte der Gitarrist Les Paul sein Publikum zu begrüßen, wenn er einmal in der Woche ein Konzert in einem New Yorker Club gab. Da war er schon über 90 Jahre alt. Bis kurz vor seinem Tod 2009 trat er im Iridium regelmäßig auf. Im Sommer 2015 wäre Les Paul 100 Jahre alt geworden – eine Legende war er schon zu Lebzeiten, einerseits wegen seiner Musik, andererseits wegen der Gitarren, die seinen Namen tragen: Der Gibson Les Paul.
Les Pauls musikalische Karriere hatte ihren Höhepunkt vor über 60 Jahren. Mit dem rasanten Erfolg des Rock & Roll begann sein Stern als Amerikas bekanntester Gitarrist und Entertainer zu sinken. Beinahe zeitgleich begann der Siegeszug eines Gitarrentyps, den Gibson mit dem Schriftzug „Les Paul Model“ auf der Kopfplatte auf den Markt gebracht hatte. Der Gitarrist Les Paul hatte bereits in den 1940er-Jahren Experimente mit seinen Instrumenten gemacht. Er wollte perfektere Gitarren, also baute er massive Mittelsegmente in Jazz-Gitarren oder Korpusse aus massivem Aluminium – immer mit dem Ziel, den Klang und das Sustain zu verbessern und gleichzeitig die Anfälligkeit für Rückkopplungen zu reduzieren.
Bild: DIETER STORK
Bild: DIETER STORK
Gibson Les Paul? Gibson war skeptisch!
Die Manager bei Gibson, mit denen Les Paul über das Konzept mehrfach geredet hatte, waren alles andere als begeistert. Gitarren mit massivem Korpus passten nicht ins Konzept des Marktführers, der – nach eigener Überzeugung – seit Beginn des Jahrhunderts die besten Instrumente der Welt baute. Mandolinen, Banjos, Western- oder Jazz-Gitarren, gern auch mit Tonabnehmer, das war Gibsons Universum. Allerdings nur bis zum Beginn der 50er-Jahre, als ein Elektriker aus Kalifornien radikale Ideen entwickelt hatte: Leo Fenders neuartige Broadcaster/Telecaster war quasi aus dem Stand ein Renner geworden. Musiker aus Country & Western, damals die dominante Stilrichtung, rissen sich um die Planken aus Fullerton.
Nun konnte Gibson das Thema nicht mehr ignorieren. In mehr oder weniger enger Zusammenarbeit mit Les Paul wurde ein Solid-Body-Modell entwickelt, das Fender Paroli bieten sollte. Das Ganze ging offenbar recht schnell, und welche Rolle Les Paul überhaupt in diesem Prozess gespielt hat, wird seit mindestens 50 Jahren kontrovers diskutiert. Angeblich war der spezielle Steg/Saitenhalter des Gibson Les Paul Les Pauls Idee. Wie gesagt, alles musste sehr schnell gehen und deshalb reiste ein Gibson-Chef, McCarty, Les Paul zu einem Auftrittsort hinterher, um ihm den Prototyp zu zeigen und den Vertrag mit ihm auszuhandeln.
Ob jener Prototyp exakt den späteren Serienmodellen der Gibson Les Paul entsprach, darf leise angezweifelt werden. Jedenfalls war Les Paul einverstanden, seinen Namen für die neue Gitarre zur Verfügung zu stellen, gegen Tantiemen von jedem verkauften Exemplar, versteht sich. Richtig mutig war Gibson anfangs immer noch nicht, denn ursprünglich sollte nur „Les Paul Model“ auf der Kopfplatte stehen, aber nicht „Gibson“.
Der Teufel steckt im Detail
Als die Gitarre schließlich Mitte 1952 auf den Markt kam, stand aber doch Gibson auf der Kopfplatte. Das Instrument war im Design schlicht aber elegant, eigentlich sah die Gibson Les Paul aus wie eine geschrumpfte Jazz-Gitarre ohne F-Löcher. Und sie war auf der Decke golden lackiert, damit sie edler aussah und klar von der billig wirkenden Telecaster in badezimmerblond zu unterscheiden war. Nur eine Seriennummer bekamen die frühen Exemplare kurioserweise nicht.
Technisch war bei der Gibson Les Paul nicht viel Neues im Angebot: Die Les Paul bekam zwei Tonabnehmer, Modell P 90, denn etwas anderes gab es damals bei Gibson nicht. Neu war lediglich die cremefarbene Abdeckung ohne die „Befestigungs-Ohren“. Dazu vier Regler, ein Schalter – mehr braucht eine erwachsene Gitarre auch nicht. Tja, aber die trapezförmige Kombination aus Steg und Saitenhalter: Was war da passiert? Die Saiten liefen unter dem Steg durch in Richtung Griffbrett.
Der Erfinder: Les Paul
Der Spieler hat mit der rechten Hand keinen Kontakt zur Saite. Klar, er kann den Handballen auflegen, aber Abdämpfen geht nicht. Obwohl es angeblich Les Pauls Idee war, Steg und Saitenhalter so zu konstruieren, konnte er mit dieser Ausführung nicht einverstanden gewesen sein. Saitendämpfung mit der rechten Hand war ein essentieller Bestandteil seiner Musik, so aber nicht möglich. Gibson-Boss Ted McCarty und Les Paul haben sich hinterher jahrzehntelang gegenseitig die Schuld an dieser Fehlkonstruktion gegeben. Klären ließ sich das nie. Jedenfalls hatte Gibson wahrscheinlich einen schlichten, aber gravierenden Fehler in der Konstruktion gemacht: Der Halswinkel war zu gering, zu flach. So konnten die Saiten gar nicht über den Steg geführt werden.
Bild: DIETER STORK
Bild: DIETER STORK
Les Paul spielte natürlich fortan das nach ihm benannte Modell, allerdings baute er, der alte Bastler, seine Gitarren immer wieder um. Sie bekamen getrennte Stege und Saitenhalter, die Klinkenbuchse wurde auch schon mal auf die Decke verlegt, auch diverse Vibrato-Hebel kamen zum Einsatz.
Nach etwas mehr als einem Jahr wurde der Fehler korrigiert. Die Instrumente bekamen einen steileren Halswinkel und das etwas klobige Trapez wurde durch einen einteiligen Steg/Saitenhalter ersetzt, der mit Bolzen im Korpus verankert war. Jetzt war das Gibson Les Paul Modell nahezu perfekt, ein paar Details wurden in den folgenden Jahren allerdings noch modifiziert.
Autor: Carlo May
Gibson Les Paul Modelle & Testberichte
Über die Jahre hat Gibson unzählige Varianten seines Les-Paul-Klassikers präsentiert, darunter Special Editions, Limited Runs und etliche Sondermodelle aus dem Custom Shop. Bei so viel Auswahl ist es natürlich fast unmöglich den Überblick zu behalten – kennen sollte man allerdings die vier wichtigsten Les-Paul-Serien, die so ziemlich allen Modellen zugrunde liegen:
1. Gibson Les Paul Standard
Die Gibson Les Paul Standard geht im Wesentlichen auf das ikonische 1958er-Modell zurück. Der Mahagoni-Korpus ist massiv und mit einer dicken Ahorndecke verleimt, auf dem kräftigen Mahagonihals sitzt ein Palisander-Griffbrett (früher Rio-Palisander) und als Tonabnehmer kommen zwei mit Chrome-Kappen versehene Humbucker-Pickups zum Einsatz. Weitere Merkmale sind die einfachen Korpus- und Hals-Bindings sowie die großen Perloid-Griffbretteinlagen im Trapez-Design, die Hardware ist beim Standard-Modell außerdem verchromt.
Mittlerweile ist der Korpus der Standard gechambert, also mit Ausfräsungen im Korpus versehen, die Gewicht einsparen und laut Gibson auch den Ton verbessern sollen. Die handverlötete Elektronik ist in diesem Zuge einer Platine gewichen, auf der Potis und andere Bauteile fest verbaut sind – sicherlich nicht die servicefreundlichste Lösung. Zuletzt hat sich auch das Halsprofil über die Jahre deutlich von dem des 1958er-Modells entfernt.
Testberichte zur Gibson Les Paul Standard findest du hier:
Die Gibson Les Paul Custom ist in Sachen Konstruktion eng mit dem Standard-Modell verwand, wirkt jedoch optisch insgesamt etwas aufwendiger und edler. Das Umlaufende Binding ist mehrlagig ausgeführt und umfasst bei diesem Modell auch die Korpusrückseite. Auf der Kopfplatte sitzt mittig das markante Split-Diamond-Inlay, die Griffbretteinlagen sind hier außerdem aus Perlmutt. Zur Grundausstattung der Gibson Les Paul Custom gehört auch vergoldete Hardware, als Griffbrett-Material wird meist Ebenholz verwendet.
Die Custom war früher das unangefochtene Top-Modell im Les-Paul-Line-Up und daher nicht selten auch mit zusätzlichen Ausstattungsdetails wie einem dritten Humbucker, oder einem Bigsby-Vibrato erhältlich. Anders als bei der Standard gibt es außerdem auch Les-Paul-Custom-Modelle mit Ahornhälsen und Voll-Mahagoni-Bodies (ohne Ahorndecke).
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Custom findest du hier:
Die Gibson Les Paul Studio wurde 1983 eingeführt und ist optisch einfacher und schlichter gehalten als das Standard-Modell. Die Hölzer sind hier weniger spektakulär gemasert, auf Hals- und Korpus-Bindings wird verzichtet. Das Gibson-Logo auf der Kopfplatte ist nur aufgedruckt und nicht als Inlay eingelassen. Anstelle der Trapez-Griffbretteinlagen findet man bei einigen Studio-Modellen dezente Perloid-Punkte.
Der Name Studio spielt auf Tonstudio-Situationen an, wo außer dem Produzenten/Toningenieur kein Publikum anwesend ist, das man mit einer eindrucksvollen Optik beeindrucken müsste. Wie bei vielen anderen Gibson-Linien hat die Studio über die Jahre immer wieder Veränderungen erfahren, darunter wechselnde Inlays (Trapez/Punkte), Body-Konstruktionen (gekammert/massiv, mehrteilig/einteilig) und Griffbrett-Materialien (Palisander/Ebenholz/Ahorn).
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Studio findest du hier:
Die Gibson Les Paul Traditional gleicht in den meisten Konstruktions- und Ausstattungs-Details der Standard verfügt jedoch über einen weniger stark gekammerten und 5 mm stärkeren (im Vergleich zur aktuellen Standard/Studio) Korpus. Auch ist die Dichte des verwendeten Korpus-Holzes geringer, was die Gitarre resonanter und leichter macht. In der Gibson Les Paul Traditional kommen außerdem die etwas klassischeren und im Vergleich zum Burstbucker Pro weniger aggressiven 57-Classic-Pickups zum Einsatz.
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Traditional findest du hier:
Die Gibson Les Paul Studio Tribute ist mit Open-Coil 490 Humbuckern mit Alnico II Magneten ausgestattet und liefert klassisch kraftvollen 50er-Jahre Tone und Sustain. Die Serie soll das Feeling und den tonalen Vibe einer traditionellen Les Paul bieten, weist aber moderne Merkmale wie einen Ahorn-Hals mit schlankem Profil und Gewichtsreduktion auf.
Nichtsdestotrotz kann man sich an Vintage-Features wie Nitrozelluloselack und kryogenisch behandelten Bünden erfreuen.
Trotz dieser groben Serien-Übersicht gilt bei allen Les-Paul-Modellen: Ausnahmen bestätigen die Regel! Über die Jahre wurden immer wieder Konstruktionsdetails geändert und spätestens mit der Robo-Mechanik-Ausstattung und den wilden 2015er-Modellen dürfte auch dem Letzten klar geworden sein, dass Gibson eine sehr experimentierfreudige Firma ist, bei der die einzelnen Modelle nicht lange im Katalog bleiben.
Gibson Les Paul gebraucht kaufen: Gibson Gitarren & ihr Wert
Sind Gibson Gitarren und speziell der Gibson-Klassiker Les Paul eigentlich ein „great investment“? So betiteln in den USA zumindest Händler gern die Instrumente in ihren Anzeigen. Und die USA sind immer noch der größte Markt, wenn es um alte, gebrauchte, so genannte Vintage-Instruments geht.
Die Händler wollen ihren Kunden suggerieren, dass man mit dem Kauf älterer Gitarren Geld anlegen und ähnlich wie mit Wertpapieren gute Renditen machen kann. Was der Kunde genau wie bei Aktien bedenken sollte: Es ist vollkommener Unsinn zu kaufen, wenn die Kurse/Preise auf dem Höchststand sind. Und die Preise sind, anders als bei vielen Aktien, bei einigen Gibson Modellen im Moment auf dem Höchststand.
Für einige ausgesuchte Gibson-Instrumente, wohlgemerkt aus der Serienfertigung, muss man seit Jahren auf dem Vintage-Markt enorme Summen anlegen, und ein Ende der Preisspirale ist kaum in Sicht. Aber so eindimensional ist das Geschäft (leider) nicht. Schwankungen (und da zeigt sich wieder die Analogie zur Börse) sind normal.
Mitte der 90er Jahre bot ein bekannter Händler in Nashville eine Gibson Flying V zum Kauf an. Das besondere an diesem Exemplar: Es war 1957 gebaut worden und somit ein Vorserienmodell, bzw. Prototyp. Entsprechend hoch war der Kaufpreis angesetzt worden. $ 150.000 sollte der interessierte Käufer zahlen. Monatelang hielt sich das Interesse in sehr engen Grenzen und plötzlich stand auf dem Preisschild nur noch $ 100.000.
Aus heutiger Sicht immer noch viel zu viel. Mittlerweile kann man in Michigan einen weiteren Flying-V-Prototyp erwerben und hier ist der Preis im Laufe der Zeit auf $ 50.000 gesunken. Exemplare aus 1958/59 gibt es inzwischen schon für $ 40.000 und weniger. Natürlich ist das ein extremes Beispiel, aber es zeigt, dass sich die Preisspirale nicht endlos drehen lässt. Bei anderen Gibson-Gitarren ist die Tendenz umgekehrt.
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Kult: Gibson Les Paul Standards
Seit einigen Jahren sind Les Paul Standards aus den Jahren 1958 bis 1960 der Renner – mit entsprechenden Kursen. Eine originale Standard in Sunburst, möglichst eine 59er, gut erhalten und vielleicht sogar noch mit auffälliger Deckenmaserung kostet heute schon mal je nach Zustand, “Flame”-Charakter, Historie und einigen anderen Faktoren ab $ 150.000 aufwärts – und teilweise deutlich aufwärts.
Ähnliches berichtete auch der Anruf eines befreundeten Gitarren-Händlers, der mir einmal vor Jahren erzählte, dass er (Dank zweimaliger Retour-Inzahlungnahmen) zum dritten Mal die gleiche Gitarre, eine Les Paul Standard von 1958, verkauft habe – jeweils mit einem Preisaufschlag um das Doppelte: DM 15.000, DM 30.000 und dann knapp € 30.000. Und das innerhalb eines Zeitraums von etwa fünf bis sechs Jahren! Und heute – ca. 10 Jahre später – dürfte diese Gitarre gut das Doppelte ihres letzten DM-Wertes in Euro kosten.
Die gute Nachricht: Dank der hohen Preise entschließen sich viele Besitzer nun zum Verkauf und der Markt ist gut bestückt. Die schlechte Nachricht: Die Zahl der Fälschungen nimmt drastisch zu und der beliebte Händler-Slogan „aged by Tom Murphy“ führt manch dubiosen Zeitgenossen in Versuchung, Etikettenschwindel zu probieren. Wer nicht in der Lage ist – und wer ist das schon? –, diese hohen Summen für eine echte 58er, 59er oder 60er Les Paul zu zahlen, kann immer noch mit den ohne Widerspruch sehr guten Reissue-Gitarren vorlieb nehmen, die um ein Vielfaches günstiger sind und einige der wenigen Modelle sind, die im Laufe der Zeit nicht drastisch an Wert verlieren, guter Originalzustand voraus gesetzt. Bei diesen speziellen Les-Paul-Modellen, aber auch bei ES-335-Gitarren aus dem gleichen Zeitraum und einigen richtig alten Jazz-Gitarren übersteigen die Preise für alte Originale die der neuen Replikas aus dem Custom Shop bei weitem.
Doch alte SGs, Firebirds und auch Les Pauls aus den „nichtheiligen“ Jahrgängen sind nicht zwangsläufig teurer als neue Custom-Shop-Reissues. Ein Beispiel: Eine originale 52er oder 53er Les Paul Goldtop kostet in gutem Zustand in den USA derzeit ca. € 5000. Eine neue ist für nahezu den gleichen Preis erhältlich (€ 4.990), und wenn es eine neue in der „Aged“-Version sein soll, müssen € 7990 den Besitzer wechseln. Noch vor zehn Jahren waren akustische FlatTops von Gibson aus den 30er, 40er oder 50er Jahren günstig zu bekommen. Dann erschien ein Buch, das erläuterte, welch überragende Qualität diese Gitarren hatten. Die Autoren hatten Recht, Gibson-Flat-Tops aus jenen Dekaden gehören zum Besten, was je gebaut wurde. Die Nachfrage stieg, plötzlich waren die Instrumente des Mitbewerbers Martin aus Nazareth/Pennsylvania nicht mehr das Maß aller Dinge, und der Markt reagierte wie erwartet – die Preise stiegen stetig und steigen gegenwärtig weiter.
Bei Arch-Tops von Gibson hingegen stagniert die Tendenz. Nach gesunden Steigerungsraten zu Beginn der 90er Jahre haben sich die Preise auf einem hohen Level eingependelt – selbst für Spitzenexemplare.
Was soll man also kaufen, wenn man als Sammler sein Geld gut anlegen will?
Es hilft nichts, es ist abermals wie an der Börse: Eindeutige Tipps gibt es eigentlich nicht. Bei akustischen Gibsons findet man die begehrtesten Modelle aus den Baujahren zwischen 1922 und etwa 1960. Bei elektrischen kategorisieren die Experten die goldene Ära zwischen 1952 und 1965, mit eindeutigem Schwerpunkt auf dem Zeitpunkt zwischen 1958 und 1960. Für Instrumente aus diesen Zeiträumen werden die höchsten Preise verlangt und eigentlich sollte man jetzt vom Kauf abraten, es sei denn, man hat wirklich zu viel Geld.
Elektrische wie auch akustische Gitarren aus den 80er Jahren haben gegenwärtig einen relativ geringen Wert. Natürlich kann man sie kaufen, um ein gutes Instrument zum Spielen zu erwerben. Mit wahrnehmbarer Wertsteigerung sollte man aber lieber nicht rechnen. Und was ist mit den limitierten Editionen und Sondermodellen, die der Gibson Custom-Shop seit einigen Jahren in steigender Anzahl herstellt? Man erwirbt damit ein Instrument, das ohne jeden Zweifel allererste Spitzenqualität bietet. Allerdings sind die Neupreise in der Regel schon sehr hoch.
Ob sich der Anschaffungspreis beim Wieder-Verkauf erzielen lässt, oder ob Custom-Shop-Editionen im Laufe der Zeit sogar im Wert noch steigen, ist gegenwärtig noch nicht wirklich bewiesen. Wobei zu erwarten ist, dass sich bei den Custom-Shop-Modellen genau das wiederholt, was sich in der normalen Serienfertigung dieses Herstellers abgespielt hat: Die Gibson Les Paul Reissues der 59er Standard werden am ehesten ihren Wert halten, bzw. ihn eventuell noch steigern können als die Repliken z. B. einer SG Standard, oder einer Firebird IV.
Die Faustregel
Es gibt eine Faustregel, die besagt, dass „normale“ Gitarren, also keine Vintage- oder Sammler-Objekte, in gebrauchtem, gutem Originalzustand etwa die Hälfte des aktuellen Neupreises wert sind. Und wenn man sich die heutigen Verhältnisse auf dem Neu- und dem Gebrauchtmarkt ansieht, mag diese Tendenz stimmen.
Eine gebrauchte „normale“ Gibson Les Paul Standard wird mit ca. € 2.000 gehandelt – und das entspricht in der Tat etwa der Hälfte des derzeitigen Neupreises. Dies liegt natürlich auch daran, dass der Neupreis aufgrund von Währungsdifferenzen und Gibsons Preispolitik recht hoch ist. Hat also Gitarrist sich vor 20 Jahren eine neue Gibson Les Paul geleistet, und damals ging dies für etwa DM 2.500, hat er nominell tatsächlich keinen Verlust gemacht, wenn er sie heute auf dem Gebrauchtmarkt verkauft.
Allerdings darf bei dieser Rechnung nicht vergessen werden, dass die Kaufkraft von damals der heutigen längst nicht mehr entspricht und oben aufgemachte Rechnung eher die eines Milchmädchens ist. Dennoch: Wer sich heute eine neue Gibson-Gitarre kauft und wem wichtig ist, dass sie ihren Wert über die Jahre erhalten soll, muss sich auf bekannte Modelle wie Les Paul und ES-335 spezialisieren – und gleichzeitig hoffen, dass die Gibson-Neupreise weiter steigen.
Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Wer Lust auf und Geld für alte Gibson-Instrumente hat, sollte sich in Deutschland oder den Nachbarländern umsehen. Hier liegen die Preise seit Jahren unter dem amerikanischen Niveau, wenn auch die Auswahl in den USA immer noch wesentlich größer ist.
Was früher kein Problem war, vom USA-Trip eine alte Gibson mitzubringen, funktioniert heute kaum noch. Der Dollarkurs, aber auch die Preise in den Staaten sind zu hoch. Also, wer eine Gibson mit Vintage-Aura sucht, sollte die bekannten deutschen Händler frequentieren, Kleinanzeigen studieren oder auch mal die bekannten Internet-Auktionen in Erwägung ziehen.
Autoren: Carlo May & Heinz Rebellius
Gibson Seriennummern: Wie alt ist meine Gibson Les Paul
Bei der Altersbestimmung einer Gibson Les Paul und anderen Gibson E-Gitarren geben verschiedene Merkmale und Besonderheiten fast sichere Hinweise auf das Produktionsjahr des Instruments. Doch sollten alle (!) angeführten Besonderheiten, Details der Konstruktion und Hinweise bei einer Altersbestimmung berücksichtigt werden, da, wie hinlänglich bekannt, Bauteile und Komponenten von Gibson-Instrumenten nicht immer in einer konsequenten zeitlichen Reihenfolge verbaut worden sind.
Seriennummer
Der erste Blick gilt natürlich der Seriennummer. Diese sollte allerdings nicht mehr als nur Annäherungswert für eine exakte Altersbestimmung verstanden werden, besonders bei diesem Hersteller. Wie auch andere Großserien-Produzenten hat Gibson immer versucht, die Seriennummern in einer chronologischen Reihenfolge zu ordnen – leider scheint dies jedoch aus was für Gründen auch immer nicht so richtig funktioniert zu haben. Um bei der Feststellung des Baujahres ganz sicher zu gehen, müssen also weitere spezifische Indizien überprüft werden.
Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt auf den E-Gitarren und -Bässen, die ab 1952 hergestellt worden sind. Dennoch sollte auch hier nicht vergessen werden, dass Gibsons Tradition viel weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Bereits ab dem Jahr 1902 wurden Seriennummern vergeben. Man startete damals mit der Zahl 100 und einem Nummerierungssystem, das 1947 mit 99999 endete. Allerdings bekam nicht jedes gefertigte Instrument eine eigene Nummer, sondern meistens nur die Top-Instrumente der jeweiligen Serien.
100 bis 8750
1902 bis 1910
8751 bis 62200
1911 bis 1920
62201 bis 90200
1921 bis 1930
90201 bis 96600
1931 bis 1940
96601 bis 99999
1941 bis 1947
Zur Kennzeichnung wurden von 1902 bis 1954 ovale, weiße Aufkleber im Inneren der Gitarre verwendet. Ab 1954 werden diese orange. Bei Instrumenten mit rundem Schallloch (Mandoline, Akustikgitarre) sitzt der Aufkleber genau unter diesem Loch auf dem Boden, bei „F-hole“-Instrumenten unter dem obersten der beiden F-Löcher
Bild: Archiv
Bild: Archiv
Das zweite Nummernsystem wurde von 1947 bis 1961 für akustische und elektrifizierte Arch-Top-Gitarren angewendet. Es war allerdings ein komplett anderes als das, was ab 1952 für die Solidbody-Instrumente (Les Paul etc.) verwendet wurde. Beide Systeme liefen also neun Jahre lang parallel nebeneinander.
A100 bis A6595
1947 bis 1950
A6596 bis A36150
1951 bis 1961
Gibson nutzte über die Jahre also verschiedene Nummernsysteme und BuchstabenCodes. Bekanntermaßen existieren neben den normalen Serien auch spezielle Modellreihen wie die Vintage Reissues, Signature-Modelle und zahlreiche Limited Editions, die aus dem üblichen Schema herausfallen und bei denen eine genaue Datierung zur Wertbestimmung eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Wer eine Gibson-Gitarre besitzt, deren Seriennummern in keins der hier vorgestellten Schemas passt, kann sich vertrauensvoll nicht nur an Gitarre & Bass, sondern auch an Gibson USA wenden. Auf der Website www.gibson.com gibt es nicht nur erstklassige Informationen zu diesem Thema, sondern auch die Möglichkeit, konkrete Fragen zu stellen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass hier meist sehr schnell und kompetent geantwortet wird.
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In dieser Periode wurden fünf- oder sechsstellige Nummern vergeben, bei denen die erste Stelle auf das Produktionsjahr hinweist. Beispiele: 3 = 1953, 4 = 1954 etc., bis zur 0 = 1960, 1 = 1961 Wer sich fragt, wo die Seriennummern der Les Pauls von 1952 geblieben sind, dem sei gesagt: Diese Gitarren hatten bis auf einige wenige Ausnahmen noch keine Seriennummern!
Nun wurden drei- bis sechsstellige Nummern vergeben:
100 bis 42,000
1961
42.000 bis 44,000
1962
61,000 bis 64,000
1963
64,000 bis 71,000
1964
71,000 bis 96,000
1962-64
96,000 bis 99,000
1963
000,000
1967
100,000 bis 106,000
1963, 1967
109,000 bis 120,000
1963, 1967
121,000 bis 139,000
1963
140,000 bis 144,000
1963, 1967
144,000 bis 149,000
1963-64
149,000 bis 152,000
1963
152,000 bis 174,000
1964
174,000 bis 176,000
1964-65
176,000 bis 250,000
1964
250,000 bis 305,000
1965
306,000 bis 320,000
1965, 1967
320,000 bis 329,000
1965
329,000 bis 330,000
1965, 1967
330,000 bis 332,000
1965, ’67-68
332,000 bis 348,000
1965
348,000 bis 349,000
1966
349,000 bis 368,000
1965
368,000 bis 369,000
1966
370,000
1967
380,000 bis 385,000
1966
390,000
1967
400,000 bis 406,000
1966
406,000 bis 409,000
1966-68
409,000 bis 410,000
1966
420,000 bis 429,000
1966
500,000
1965-66
500,000
1968-69
501,000 bis 520,000
1965, 1968
520,000 bis 530,000
1968
530,000
1966, ‘68-69
530,000 bis 539,000
1969
540,000
1966, 1969
540,000 bis 545,000
1969
555,000 bis 556,000
1966
558,000 bis 567,000
1969
570,000
1966-67
580,000
1966-67, ‘69
600,000
1966-68
600,000 bis 606,000
1969
700,000
1966-67, ‘69
750,000
1968-69
800,000
1966-69
810,000 bis 812,000
1966, 1969
812,000 bis 819,000
1969
820,000
1966, 1969
820,000 bis 823,000
1966
824,000
1969
828,000 bis 858,000
1966, 1969
859,000 bis 895,000
1967
895,000 bis 896,000
1968
897,000 bis 898,000
1967, 1969
899,000
1968
900,000 bis 901,000
1970
910,000 bis 999,000
1968
Dieses System ist nicht nur sehr schwer zu verstehen, sondern die Tatsache, dass manche Nummernfolgen bis zu viermal (!) vergeben wurden, macht ein exaktes Datieren zu einem schwierigen Unterfangen. Bei Gibson Gitarren aus diesen Jahrgängen müssen unbedingt weitere Details zur Jahrgangs-Bestimmung heran gezogen werden.
Bild: Archiv
Bild: Archiv
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Die sechsstelligen Nummern (plus gelegentlich einem Buchstaben vor oder nach der Seriennummer) waren zusätzlich mit dem Hinweis „Made In USA“ auf der Rückseite der Kopfplatte ergänzt. Doch die Nummern wurden beinahe wahllos vergeben, so dass ein durchdachtes System nicht zu erkennen ist. Das ovale, orangefarbene Label in den „hohlen“ Gitarren wurde 1970 durch einen weiß- orangen und rechteckigen Aufkleber in den akustischen und einen schwarz-purpurrotweißen in den elektrischen Hollow-Bodies ersetzt.
000001
1973
100,000
1970-75
200,000
1973-75
300,000
1974-75
400,000
1974-75
500,000
1974-75
600,000
1970-72
600,000
1974-75
700,000
1970-72
800,000
1973-75
900,000
1970-72
6-stellige Nummer + A
1970
A + 6-stellige Nummer
1973-75
B + 6-stellige Nummer
1974-75
C + 6-stellige Nummer
1974-75
D + 6-stellige Nummer
1974-75
E + 6-stellige Nummer
1974-75
F + 6-stellige Nummer
1974-75
In der Übergangszeit zum neuen System (ab 1977) vergab Gibson ab 1975 8-stellige Nummern. „Made in USA“ stand ebenfalls auf der Kopfplatten-Rückseite, bei einigen Modellen auch „limited edition“.
99 + 6-stellige Nummer
1975
00 + 6-stellige Nummer
1976
06 + 6-stellige Nummer
1977
Seit 2002 ist das Datierungssystem endlich eindeutig und klar. Es besteht aus einer achtstelligen Nummer, die nach dem YDDDYPPP-Prinzip aufgebaut ist. YY bezeichnet dabei das Produktionsjahr, DDD den Tag des Jahres und PPP die Fabrik, in der das Instrument gebaut wurde. Die PPP-Nummern 001 bis 499 stehen für Kalamazoo, 500 bis 999 für Nashville. Die Nummern für Kalamazoo wurden ab 1984 nach dem Auszug aus der dortigen Fabrik natürlich nicht mehr vergeben.
Als die Produktion der akustischen Gitarren 1989 in Bozeman began, wurde das Nummernsystem überarbeitet. So bekam Bozeman die PPP-Nummern 001 bis 299, und ab 1990 Nashville 300 bis 999. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass in der Nashville-Produktion die PPP-Zahl 900 für Prototypen reserviert wird.
Hier einige Beispiele:
71239321
1979, am 123. Tag des Jahres, in Kalamazoo
81135619
1985, am 113. Tag des Jahres, in Nashville
83548522
1988, am 354. Tag des Jahres, in Nashville
02341132
2001, am 234. Tag des Jahres, in Bozeman
1994
Achtung, Ausnahme! 1994 vergab man allen Instrumenten eine achtstellige Nummer, die immer mit einer 94 begann. Hier beschreiben also die ersten beiden Stellen das Herstellungsjahr 1994. Dies tat man, um dem Hundertjährigen Jubiläum der Firma Gibson seine Referenz zu erweisen.
Noch ein Beispiel:
94123250
1994, das 123. Instrument, aus Bozeman
Einige Instrumente, vor allem aus den 1970er und 1980er Jahren, haben eine zusätzliche 2 meist unter der normalen Seriennummer eingeprägt. Dies zeigt an, dass das Instrument zweite Wahl ist und Mängel besitzt, die aber so geringfügig sind, dass es trotzdem in den Handel gelangen konnte.
Die Seriennummern des Custom Shops haben sich noch nie am System der anderen Gibson-Produktionsstätten orientiert. Anfangs wurden die Instrumente einfach durchlaufend nummeriert und geben deshalb keinerlei konkreten Hinweis auf Baujahr oder Modell. Doch das wurde ab 1992 für die Vintage Reissue-Modelle geändert.
Die Nummern dieser Instrumente folgen dem „m ynnn“- Prinzip (die Leerstelle nach dem „m” ist beabsichtigt). Die Buchstaben bedeuten Folgendes: „m“ steht für das Modell, „y“ für das Jahr und „n“ für die Produktionszahl Für die einzelnen Modelle wurden folgende „m“-Nummern (Modell) vergeben:
2
1952 Les Paul
4
1954 Les Paul
6
1956 Les Paul
7
1957 Les Paul, Futura
8
1958 Les Paul, Explorer
9
1959 Les Paul, Flying V
0
1960 Les Paul
Und auch hierzu zwei Beispiele:
2 2017
1952 Les Paul Reissue
0 017
1960 Les Paul Reissue
Die Reissue-Modelle der 1961er bis 1969er Solidbody-Modelle haben Seriennummern, die dem „yynnnm“-Prinzip folgen. Hierbei sind folgende Modellnummern festgelegt:
1
SG/Les Paul
3
1963 Firebird I
4
1964 Firebird III
5
1965 Firebird V und VII
8
1968 Les Paul Custom
Zwei Beispiele:
012005
1965 Firebird V (od. VII), 2001 gebaut
993551
1961 SG/Les Paul, 1999 gebaut
Ab 1995 wurden alle ES-Modelle der Historic Series mit System nummeriert. Hier bedient man sich einer „A-mynnn“-Konfiguration. Das „A“ (oder auch mal ein „B“) inkl. Bindestrich ist obligatorisch für die Historic Series, „m“ kennzeichnet wiederum das Modell, „nnn“ die Produktionszahl. Ein Herstellungsjahr lässt sich aus dieser Nummer nicht erlesen. Folgende Modellnummern wurden festgelegt:
2
1952 ES-295
3
1963 ES-335 mit Block-Einlagen
4
1964 ES-330
5
1965 ES-345
9 (+ A-)
1959 ES-335 Dot
9 (+ B-)
1959 ES-355
Auch hierzu wieder zwei Beispiele:
A-2564
ES-295 Reissue
B-9222
1959 ES-355 Reissue
Die anderen Custom-Shop-Instrumente tragen ab 1993 Seriennummern, die auf die Rückseite der Kopfplatte aufgestempelt sind und sich aus einem „y-9nnn“-Muster zusammensetzen. „y“ (mit Bindestrich!) steht für die letzte Stelle des Herstellungsjahres, die „9“ besagt, dass es sich um ein Custom-Shop-Instrument handelt, während „nnn“ die Produktionszahl ist, welche manchmal auch vierstellig („nnnn“) sein kann.
Beispiel:
1-9166
das 166. Custom-Shop-Instrument, Bj. 2001
Dass manche dieser neuen Nummerierungssysteme eine rechte kurze Halbwertzeit besitzen, beweist letztes Beispiel. Spätestens ab 2003 darf dann gegrübelt werden, an was man eine 1993 gebaute Gitarre von einer 2003er unterscheiden soll. Custom-Shop-Instrumente werden gerne gekauft. Die schlechte Nachricht: Solche Tatsachen rufen Kopierer und Fälscher auf den Plan, die ihre eigenen Gitarren mit falschen Federn schmücken und zu Custom-Shop-Kursen anbieten.
Die gute Nachricht: Seit dem Jahr 2000 tragen die echten Custom-Shop-Instrumente einen implantierten Chip an einer von außen unzugänglichen Stelle im Halsfuß, in den alle Informationen zur Gitarre gespeichert sind. Fehlt einer vermeintlichen Custom-Shop-Gitarre dieser Chip, kann man davon ausgehen, eine Fälschung in der Hand zu halten.
Die schlechte Nachricht (für uns): Dies kann nur der Custom Shop in den USA überprüfen, weil sich hier zurzeit das einzige Lesegerät befindet, dass den Chip identifizieren kann. Es ist aber geplant, dass über kurz oder lang sämtliche Gibson-Vertriebe weltweit mit solch einem Gerät ausgestattet werden. Andere sichere Hinweise für Produktionszeiten geben einige Konstruktions- & DesignMerkmale, die die Altersfestlegung einer Gibson erleichtern, da sie immer in einem bestimmten zeitlichen Rahmen das Outfit der Gibson-Instrumente prägten.
Zeitgenössische Les-Paul-Kopfplatte
Gibson Logo
Seit 1905 schreibt Gibson seinen Namen auch auf die Kopfplatten seiner Instrumente. Damals wurde eine Mandoline die Ehre zuteil, den Namen ihres Herstellers nun weithin sichtbar zu tragen. Natürlich hatten die alten Logos einen völlig anderen Stil als die, die heute verwendet werden (s. u.). Gibson Les Pauls von 1952 haben den i-Punkt ganz eng am G platziert. Von 1953 bis 1968 ist der i-Punkt nicht mehr mit dem G verbunden, die Buchstaben b und o sind oben offen.
Von 1968 bis 1972 ist kein i-Punkt vorhanden, die Verbindung zwischen b und o ist gleichmäßig Von 1972 bis heute ist der i-Punkt wieder da, doch bis 1981 erscheint und verschwindet dieses Merkmal in einem nicht nachvollziehbaren Rhythmus. Von 1981 bis heute liegt die Verbindungslinie zwischen o und n höher als gewöhnlich. Dieser schon mal da gewesene Schriftzug wurde wieder eingeführt und beide Varianten werden bis heute verwendet Bei einigen wenigen Made-In-USA-Instrumenten der 1950er Dekade, zwischen 1970 und 1975 und von 1977 bis heute wurde/wird „made In USA“ auf die Kopfplatten-Rückseite gestempelt oder eingraviert.
Zwischen 1975 und 1977 wurden Made-In-USA-Aufkleber verwendet. Ein Gibson-Logo zierte die auch die Pickup-Kappen der Humbucker-Metallgehäuse oder die P-90 Pickup-Schalen von 1970 bis 1972.
Kommen wir zu weiteren Konstruktions- und Designmerkmalen, die eine Altersbestimmung einer Gibson Gitarre erleichtern.
Verstärkung der Sollbruchstelle°
Der sogenannte Kragen, eine verstärkte Stelle am rückwärtigen Übergang zwischen Hals und Kopfplatte wurde von 1970 bis 1981 angewendet (s. o.). Noch einige Anmerkungen zu den Potiknöpfen. Der Speed-Knob, ein an der Seite glatter, zylinderförmiger Knopf, wurde zwischen 1951 und 1955 verwendet. Die Zahlen befinden sich seitlich, er ist transparent bernsteinfarben, gelblich oder schwarz gefärbt und besteht vollständig aus Kunststoff.
Bild: Archiv
Bild: Archiv
Der glockenförmige Knopf (s. o.) ist an der Seite glatt und seine Beschriftung steht seitlich. Auch er ist transparent gefärbt und besteht vollständig aus Kunststoff. Gibson verwendete ihn von 1955 bis 1960.
Neu für die die 1960er Les Paul: Reflektor-Potiknöpfe°
Der etwas größere, glockenförmige Reflektor-Knopf (s. o.) ist an der Seite glatt, die Zahlen stehen seitlich, er transparent gefärbt und aus Kunststoff mit Metallplättchen gefertigt, die die Schriftzüge “Volume” und “Tone” tragen. Von 1960 bis 1967 wurde er benutzt.
Der griffigste aller Gibson-Poti-Knöpfe, der Hexenhut-Knopf, wurde 1967 eingeführt und hielt sich bis 1975. Er hat eine konische Form mit geriffelten Seiten. Die Zahlen stehen gut lesbar an der unteren Flanke (dem „Hutrand“). Er besteht aus schwarzem Kunststoff und hat oben kleine Metalleinlagen mit den Schriftzügen Volume und Tone.
Potis
Die Gehäuse der in Amerika gefertigten Potentiometer sind mit einem Zahlencode versehen, welcher auf deren Herstellungsdatum schließen lässt. Dies kann eine weitere Hilfe zur Altersbestimmung sein.
CTS-Poti von 1986°
Doch Vorsicht: Potis werden des Öfteren mal an Gitarren ausgetauscht, so dass diese letztlich nur einen wagen Hinweis auf das exakte Geburtsdatum einer Gitarre geben können. Die ersten drei Stellen der Poti-Seriennummer weisen auf den Hersteller hin:
134
CentraLab, eingesetzt von Gibson zwischen 1953-67
137
CTS, verwendet von Gibson zwischen 1968-94
Die vierte Ziffer der sechsstelligen Codes weist auf das Produktionsjahr hin, die letzten beiden geben die Produktionswoche an. Bei siebenstelligen Seriennummern bezeichnen die vierten und fünften Ziffern das Produktionsjahr. Seit 1995 verwendet Gibson „Custom-made“-Potis von CGE. Die zweite und die letzte Stelle des Codes verraten hier das Produktionsjahr. [1995]
Die Gibson Les Paul und die Fender Stratocaster sind die erfolgreichsten E-Gitarren, die je gebaut wurden. Doch für welche Gitarre soll man sich entscheiden, wenn man vor der Wahl steht: Leg ich mir eine Les Paul oder eine Strat zu? Gute Frage!
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Es gibt in dieser Welt Gegensätze, die scheinen unvereinbar. Entweder man entscheidet sich für das Eine oder aber das Andere. Das sind Ideologien, Religionen, Feindschaften oder, positiv gesehen, schlichte Vorlieben.
Entweder ist man für Beatles oder Rolling Stones, Köln oder Düsseldorf, 1860 oder Bayern, Sekt oder Selters, Rouge oder Noire. Dazwischen klafft ein Graben, Grenzübertretungen sind so gut wie unmöglich. Bei Gitarristen manifestiert sich die Weltanschauung nur zu oft in der Frage: Spiele ich Les Paul oder Stratocaster. Eigentlich keine schlechten Alternativen.
Beide Gitarren, Gibsons Les Paul und Fenders Stratocaster sind die erfolgreichsten E-Gitarren, die je gebaut wurden. Niemand kann genau sagen, von welchem Modell mehr gebaut worden sind. Das ist auch unerheblich, beide haben sie die Musik der letzten 60 Jahre geprägt, wie kein anderes Instrument. Die Geburtstage der beiden Klassiker liegen etwa zwei Jahre auseinander.
Die Entstehung der Gibson Les Paul & Fender Stratocaster
Die Les Paul kam 1952 auf den Markt, die Stratocaster 1954. Gibson hatte sich damals beeilen müssen, denn die Fender Broad/Telecaster von 1950 schien ein Erfolg zu werden. Anfangs hatten die Verkaufsstrategen bei Gibson nichts von einer E-Gitarre mit massivem Korpus wissen wollen. Als dann aber der Konkurrent aus dem fernen Kalifornien eine Marktlücke gefunden zu haben schien, entwickelten die Gitarrenbauer aus Michigan in aller Eile ihr eigenes Konzept. Immerhin konnten sie den prominentesten Taufpaten verpflichten, den es damals gab.
Der Gitarrist Les Paul war der größte amerikanische Popstar der späten 40er und frühen 50er Jahre. Seine Platten wurden dutzendweise zu Hits und sein Ruf als innovativer Gitarrist war einzigartig. Les Paul war an der Entwicklung beratend beteiligt gewesen, stellte seinen guten Namen zur Verfügung und bekam Tantiemen von jeder verkauften Gibson, die sein Signet trug. Da Gibson einen traditionsreichen Namen hatte und man dem Elektriker aus dem Westen nicht ganz so viel zutraute, wurde das „Les Paul Model“ etwas aufwändiger produziert als die einfache Planke namens Telecaster. Eine geschnitzte, gewölbte Decke und eine goldene Lackierung sollten den Musikern suggerieren, wer die richtigen Gitarren zu bauen imstande war.
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Leo Fender, jener Elektriker aus dem Westen, verfolgte das sehr genau. Ihm war klar, dass er reagieren musste. Sein Gegenentwurf zur Les Paul bekam den Namen „Stratocaster“: Es war eine äußerst elegante Gitarre, attraktiv in Sunburst lackiert, mit einem Korpus, der sich perfekt am Körper des Gitarristen anschmiegte, denn es gab, anders als bei Telecaster oder Les Paul, keine Ecken mehr, nur noch abgerundete Kanten. Und die Stratocaster hatte drei Tonabnehmer! Leo Fender hatte zum zweiten Mal demonstriert, dass er in der Lage war, ein perfektes Instrument zu entwickeln, wenn man ihm nur die nötige Ruhe und Zeit ließ.
Die kompletten 50er Jahre hindurch, bis ins Jahr 1959, hielt er es nicht für nötig, maßgebliche Details zu verändern. Dann erst führte er bei allen seinen Instrumenten Palisander-Griffbretter ein. Gibson verfolgte eine andere Strategie. Die Les Paul wurde beinahe jedes Jahr modifiziert. Steg, Saitenhalterung und Tonabnehmer wurden immer wieder geändert.
Gleichzeitig vergrößerte Gibson kontinuierlich die Les-Paul-Familie. Ab 1955 gab es vier Varianten: Junior, Special, Standard und Custom, im Laufe des Jahrzehnts in unterschiedlicher Farbe und wechselnder Ausstattung. Während Gibson es mit Vielfalt probierte, setzte Fender auf Kontinuität. Sehr viel genutzt hat beides nicht. Die Verkaufszahlen der Les Paul waren gegen Ende der 50er rückläufig. Man probierte es noch einmal mit einem radikalen Designwechsel.
Die Gitarren bekamen einen wesentlich dünneren, konturierten Korpus mit zwei Cutaways, aber auch das half nicht. 1962, als der Vertrag mit dem Namensgeber Les Paul hätte erneuert werden müssen, trennte man sich voneinander. Fortan hießen Gibsons E-Gitarren schlicht „SG“, was soviel bedeuten sollte wie „Solid Guitar“. Die Ära der Les Paul war erst einmal beendet, und es dauerte bis 1968, bis wieder Gitarren mit diesem Namen gebaut wurden.
Warum wurde dieses Konzept damals nur ein magerer Erfolg?
Kaum ein bekannter Musiker griff in den 50er Jahren zu dieser Gibson (außer natürlich Les Paul selbst, aber dessen Stern begann in den Zeiten von Rock ’n’ Roll zu sinken, und er bevorzugte zudem meist Les-Paul-Sonderanfertigungen mit flachen Decken, die es in der Form nicht serienmäßig gab).
Ein paar Blueskünstler wie Feddie King oder John Lee Hooker wurden mit einer Les Paul gesehen. Bill Haleys Gitarrist Franny Beecher spielte eine Les Paul Custom, aber eigentlich war die Zeit der „Brettgitarre“ noch nicht gekommen, fast alle – die großen Stars sowieso – spielten elektrische Gitarren mit F-Löchern. Mit der Stratocaster war es ähnlich. Außer Buddy Holly wurde kein Star mit Fenders Flaggschiff in Verbindung gebracht. Immerhin wurde die Stratocaster nicht aus dem Programm genommen. Leo Fender war allerdings überzeugt, dass neue Modelle nötig waren.
Die Jazzmaster und die Jaguar sollten die nötigen Umsätze bringen. Und so fand die Musik der 1960er Jahre weitgehend ohne Stratocaster- und komplett ohne Les-Paul-Modelle statt. Aber, was für Amerika gilt, kann im Rest der Welt ganz anders aussehen.
In England begann in den 1960er Jahren eine Entwicklung, die maßgeblichen Anteil an den Instrumentenvorlieben späterer Gitarristengenerationen haben sollte. Die populäre Musik des 20. Jahrhunderts bekam ihre wichtigen Impulse stets aus den USA. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es der Jazz, danach, in den 1950er Jahren, vor allem der Rock ’n’ Roll, aus dem z. B. Elvis Presley hervorging. In den 1960er Jahren wurde alles anders, die Briten gaben in jener Dekade im wahrsten Wortsinn den Ton an.
Die großen Gitarristen der Rockmusik kommen meistens aus England, und wenn nicht, haben sie zumindest amerikanische Kollegen inspiriert und beeinflusst. Allerdings war die Situation für englische Gitarristen damals trostlos. Natürlich gab es amerikanische Vorbilder aus Blues, Rockabilly oder Country. Aber die kannte man nur aus dem Radio oder von Platten. Um etwas Eigenes zu kreieren brauchte man vor allem eins: Gitarren.
In Europa gab es Fabriken, die neben vielem anderen auch E-Gitarren in Mengen herstellten, die Qualität war hingegen eher mäßig. Englische Musiker träumten damals von deutschen Instrumenten, und Firmen wie Framus oder Höfner (auf dem englischen Markt als „Hofner“ vertrieben) lieferten auch über den Kanal, denn amerikanische Gitarren waren noch unerreichbar.
Als Spätfolge des Krieges gab es in Großbritannien bis zum Ende der 50er Jahre ein Importverbot für amerikanische Waren. Die enormen Kriegsschulden verschlangen die Devisen für den Überseehandel, Konsumgüter für den privaten Gebrauch durften deshalb nicht eingeführt werden. Englische Gitarristen kannten zwar Gibson, Fender, Gretsch, Harmony und all die anderen, bekommen konnten sie diese Instrumente nicht. Es sei denn, man ließ sich etwas einfallen. Eine der ersten Megabands der 60er Jahre in Europa waren die Shadows – eigentlich ein Quartett, eine Gitarren-Band.
Allerdings arbeiteten sie dauerhaft mit einem Sänger, dem Teenager-Idol Cliff Richard. Er hatte mit und ohne Shadows Riesenerfolge und mehr Geld, als er ausgeben konnte. Seine Kumpels aus der Band überredeten ihn, aus den USA eine Gitarre zu beschaffen. Als Privatperson konnte er Waren einführen und deshalb auch eine so heißbegehrte Gitarre besorgen. Das große Vorbild der Shadows-Gitarristen war James Burton, der in der Band von Elvis Presley eine Fender Telecaster spielte. Sie besorgten also Cliff einen Fender-Katalog und der sollte sich um die Bestellung kümmern.
Cliff Richard war klar, James Burton ist ein Superstar, ein Mann aus der Band von Elvis, und der spielt natürlich das teuerste Modell, das Fender im Programm hat. Also bestellte er das teuerste, was Fender damals zu bieten hatte, mit allen Extras. Als die Gitarre geliefert wurde, machte Shadows-Chef Hank Marvin vorsichtig den Koffer auf – und was sah er: eine leuchtend rote Stratocaster mit vergoldeten Metallteilen – Fenders Spitzenmodell. Das war nicht das, was er wollte – James Burton spielte bekanntlich Telecaster -, aber er hatte nun immerhin eine Fender, und zwar die erste Stratocaster, die nach England importiert wurde. Die Gitarre wurde sein Markenzeichen und auf Jahre hinaus wollte von da an so ziemlich jeder Gitarrist in Europa zu allererst eine rote Stratocaster.
Nachdem Anfang der 60er Jahre das Embargo auf amerikanische Waren aufgehoben worden war, stapelten sich bei Fender in Kalifornien die Bestellungen aus England. Da man irgendwann nicht mehr genug rote Exemplare liefern konnte, schickte Fender Gitarren nach Europa, die lediglich grundiert waren. Selmer, der britische Importeur, sorgte dann für die endgültige Lackierung – natürlich in Rot.
1968 Eric Clapton mit seiner ES-335 zu Cream-Zeiten
Was Cliff Richard da in seiner jugendlichen Naivität angerichtet hatte, zog weite Kreise. Ein (heute nicht mehr bekannter) Gitarrist im irischen Cork hatte bei seinem Instrumentenhändler eine Stratocaster geordert, in Rot natürlich. Der Händler bekam die Gitarre geliefert, allerdings in der Standardfarbe Sunburst, mit roten Gitarren gab es wie erwähnt Lieferengpässe. Tja, und diese Gitarre hat der Kunde nicht genommen, die Farbe stimmte schließlich nicht. So stand das Instrument bald danach im Schaufenster des Instrumentenhändlers in Cork.
Ein junger Gitarrist sah die Stratocaster und kaufte sie, denn ihm waren Hank Marvin und die Shadows ziemlich egal, er spielte den Blues. Und diese Stratocaster spielte er dann während seiner ganzen, großen Karriere, gut und gerne 30 Jahre lang. Sie wurde mit der Zeit immer unansehnlicher, denn er spielte viel. Dieser junge Mann war Rory Gallagher. Viel hätte nicht gefehlt und ein anderer berühmter Gitarrist hätte ebenfalls zu Beginn seiner unvergleichlichen Karriere eine rote Stratocaster gekauft. Am 18. Oktober 1960 schrieb George Harrison aus Hamburg seinem alten Schulfreund Arthur Kelly einen Brief nach Liverpool.
„I am playing in Germany and have much Geld“ … „I might manage a red Stratocaster with gold plated parts, but the one I want is the Gretch“(!) (kein Tippfehler, er schrieb wirklich Gretch) George Harrison entschied sich dann für die gebrauchte schwarze Gretsch Duo Jet und bestritt damit die ersten Jahre bei den Beatles. Fender hätte wohl ein Zweigwerk in England eröffnen müssen, um die Nachfrage nach roten Stratocaster bedienen zu können, wäre die Wahl damals anders ausgefallen. Es sind oft Zufälle, die einem Gitarristen sein Trauminstrument bescheren, eine bewusste Wahl war das in der Regel nicht.
Warum aber so häufig dann eine Stratocaster oder aber eine Les Paul?
Erinnern wir uns, beide Modelle waren in den 1960er Jahren völlig aus der Mode gekommen. Dennoch waren E-Gitarren von Fender oder Gibson erste Wahl, denn damals gab es eigentlich keinen anderen Produzenten von Solidbody-Gitarren in vergleichbarer Qualität. Eine Gibson oder Fender sollte es also sein. Warum dann nicht eine günstige gebrauchte? In den folgenden Jahren bekamen logischerweise viele der Instrumente einen neuen Besitzer. Als Mark Knopfler mit den Dire Straits anfing, spielte er eine gebrauchte, alte, rote Stratocaster.
Am besten war die Versorgungslage natürlich in den USA. Dort waren Les Pauls und Stratocaster erschwinglich und im An- und Verkauf oder Musikladen leicht zu bekommen. Als die englische Band The Hollies im April 1965 zum ersten Mal auf Tournee durch die USA war, gingen die Musiker in jeder freien Minute in die Läden, um sich mit Instrumenten einzudecken. Wenn man schon mal im Schlaraffenland ist, nimmt man auch ein paar Süßigkeiten für zu Hause mit. Einmal entdeckte Gitarrist Tony Hicks bei einem Pfandleiher eine Gibson Les Paul Standard. Die geforderten $ 80 waren ihm allerdings zu viel.
Die Hollies wurden von einem Kamera-Team begleitet, das jeden Schritt der Band filmte. Der Regisseur meinte, es passe prima ins Bild, wenn Hicks die Gitarre kaufen würde. Die $ 80 hat daraufhin die Filmgesellschaft bezahlt. Und die hieß zufälligerweise CBS, die kurz vorher – für etwas mehr Geld – die Firma Fender aufgekauft hatte. Und je mehr britische Bands in die USA reisten, desto mehr Instrumente kamen nach Europa. Die Rolling Stones deckten sich ein, die Kinks taten ähnliches. Dann begann Eric Clapton Les Paul zu spielen und von da an war klar: Wer als Gitarrist etwas werden will, braucht entweder eine Fender oder eine Gibson – im Idealfall eine Stratocaster oder eine Les Paul. Manch ein junger Musiker hatte sogar das Glück, dass die Eltern das Talent des Juniors fördern wollten.
Der junge Paul Kossoff, der mit Free später ein Stück britische Rockgeschichte geschrieben hat, konnte schon in jungen Jahren eine Les Paul Standard und eine Les Paul Custom sein Eigen nennen. Sein Vater war ein berühmter englischer Schauspieler, der für den Sohn offenbar nur das Beste kaufte. Aus heutiger Sicht kann man zwei Fraktionen sehen: die Jungs mit der Les Paul und jene mit der Stratocaster. Zur ersten Gruppe zählen Jimmy Page, Peter Green, Robert Fripp, Keith Richards, Mick Taylor, Jeff Beck, Eric Clapton, Slash, Gary Moore, Paul Kossoff, Neil Young, Pete Townshend, Billy Gibbons, Duane Allman, Dickey Betts und viele mehr.
Selbstverständlich haben viele Musiker später das andere Instrument für sich entdeckt, deshalb werden Jeff Beck, Pete Townshend oder Eric Clapton genau so mit einer Stratocaster in Verbindung gebracht. Aber es gibt auch Zeitgenossen, die beinahe ausschließlich mit Fender assoziiert werden: Ritchie Blackmore, Ron Wood, Rory Gallagher, Hank Marvin (versteht sich), David Gilmour, Mark Knopfler, Bonnie Raitt, Robert Cray, Lowell George, Stevie Ray und sein Bruder Jimmy Vaughan und natürlich Jimi Hendrix. Allerdings, bei Letzterem war das auch wieder eher Zufall.
Als er 1966 zum ersten Mal nach England kam, weil sein (englischer) Manager ihn dort zum Star machen wollte, hatte er keine eigene Gitarre dabei. Ihm war das egal, Hendrix konnte auf allem spielen, was Saiten hatte, egal ob Links- oder Rechtshänderversion. Also besorgte ihm Manager Chas Chandler für das erste Konzert in London eine Gitarre. Er fragte Eric Clapton, und der lieh Hendrix eine Stratocaster. Und der Rest ist Geschichte … [1984]
Kurz nach dem Debüt auf der NAMM Show im Januar, kündigen Hagstrom nun ihre neue Single-Cut-Electric namens Ultra Max an. Sie ist Teil der erfolgreichen Ultra Lux Serie und kommt in vier matten Satin-Finishes, die zum Teil auch auf ansprechend geflammte Riegelahorn Decken durchblicken lassen.
Mit einer langen Mensur (25.5″/648 mm) und ihren, mit gebürsteten Alukappen versehenen, Custom-60 AlNiCo-Pickups, ist die Ultra Max für den ambitionierten Spieler designt worden. Die Humbucker können per Push-/Pull-Poti des Tone-Reglers auf Single-Coil-Modus gesplittet werden und sollen, neben sehr kräftigen Doppelspuler-Sounds, auch fein zeichnende Single-Coil-Klänge im Angebot haben.
Features:
Komfortables, leicht vergrößertes Single Cut Body Design, Mahagoni mit Riegelahorn Top
Eingeleimter Mahagoni Hals mit flachem Slim-D-Profil und Resinator Griffbrett (15″ Radius)
22 Bünde und lange 25.5″/648 mm Mensur für mehr “Snap”
Custom 60 AlNiCo-Humbucker mit globalem Split auf Single-Coil-Modus (Push/Pull-Tone-Poti) und gebürsteten Aluminium-Tonabnehmer-Kappen
Die Ultra Max ist laut Musik Meyer ab April im deutschen Fachhandel verfügbar.
Preis: HSULTRAMAX42, Black Satin € 619
Preis: HSULTRAMAX67, Milky Mandarin Satin, € 639
Preis: HSULTRAMAX68, Fall Sky Satin € 639
Preis: HSULTRAMAX69, Cosmic Black Burst Satin € 639
Ehrlich gesagt konnte ich den euphorischen Berichten über die Erfolge der Historic Makeovers, der Bavarian Tunings, der Aging-Jobs – also all dem, was mit der Glorifizierung des Guten im Alten einer Gibson Les Paul zu tun hatte – nichts abgewinnen. Als ob man mit einer normalen Gibson Les Paul nicht auch gut klingende Musik machen kann …
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Doch da kaufen sich weltweit Menschen, von denen vermutlich die wenigsten einmal eine alte Les Paul in der Hand gehabt haben, eine neue Gibson R8, R9 oder R0 aus der Historic Collection und investieren mitunter den gleichen Betrag noch einmal, um bei einem Gitarrenbauer alle erdenklichen Features dem alten Original anpassen zu lassen. Und warum das Ganze? Nur um dem Traum von einer mittlerweile für einen Normalsterblichen nicht mehr zu bezahlenden richtigen Les Paul aus den goldenen Jahrgängen (1958 bis 1960) einen Schritt näherzukommen. Alles Quatsch, Hype, Selbstdarstellung, so dachte ich.
Was soll denn schon an den alten Les Pauls so besonders sein, außer, dass es sicherlich gut klingende Gitarren sind? Zaubern konnten die bei Gibson auch damals nicht. Doch dann hatte ich selbst die Gelegenheit, gleich drei dieser alten Originale näher kennenzulernen. Es war eine Begegnung der besonderen Art, die meine Meinung zu all dem beschriebenen Tun von Grund auf ändern sollte … Detlef Alder vom Guitar Point in Maintal hatte mich eingeladen, seine drei Bursts, wie diese legendären Les Pauls genannt werden, anzuschauen und anzuspielen. Abgesehen von der Tatsache, dass die Gelegenheit, gleich drei dieser Gitarren nebeneinander spielen zu können, wahrscheinlich so schnell nicht wiederkommen wird, hat mich die Tatsache gereizt, die drei Burst-Jahrgänge direkt miteinander vergleichen zu können.
Und so sah ich mich schon bald vor der wie ein altes Schaufenster aufgemachten Vitrine im Guitar Point stehen und auf je eine 58er, 59er und 60er Gibson Les Paul in Cherry Sunburst schauen. Und ertappte mich bei dem Gefühl, dass die drei mich anschauten. Doch was ist eigentlich das Besondere an den Les-Paul-Gitarren dieser Jahrgänge, und was rechtfertigt die exorbitanten Preise, die mittlerweile dafür gezahlt werden? Ist das alles Hype, oder steckt da wirklich ein Mythos dahinter? Und wenn ja, ist der nachvollziehbar oder von Geschäftemachern gar gelenkt? Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, müssen wir in die Historie dieser Gitarre eintauchen.
Detlef Alder, in feines Tweed gehüllt, mit seinen Bursts°
The Fifties
Gibson hatte seit 1952 die Les Paul Goldtop und ab 1954 die schwarze Les Paul Custom gegen die Tele- und Stratocaster des irgendwie lästigen Konkurrenten Fender ins Rennen geschickt. Seit 1957 hatte man zudem die neuen Humbucker, die Seth Lover für Gibson entwickelt hatte, auch den Les Pauls verordnet; die Goldtop bekam statt der beiden P-90s zwei, die Custom gleich drei der nun endlich nicht mehr brummenden Aggregate. Die Verkaufszahlen für Les Pauls hatten 1956 ihren Höhepunkt erreicht, mit 3129 verkauften Einheiten war allerdings das „Student“- Modell Les Paul Junior der Renner gewesen und nicht etwa die Top-of-the-line-Gitarren Goldtop und Custom.
Mitte 1957 bestand die Les-Paul-Flotte aus Les Paul Junior ($ 120), Les Paul Junior 3/4 ($ 120), Les Paul TV ($ 132), Les Paul Special ($ 179,50), Les Paul Model (Goldtop, zwei PAF-Humbucker, $ 247,50) und der Les Paul Custom (schwarz, drei PAFs, $ 375). Als 1958 die Verkäufe von Goldtop und Custom drastisch zurückgingen, entschieden die Verantwortlichen, das gesamte Les-PaulProgramm einem deutlichen Wandel zu unterziehen. So bekamen die Les Paul Junior sowie die Les Paul TV eine neue Korpusform mit zwei Cutaways.
Doch viel bedeutender waren die Änderungen, mit denen sich die Les Paul Goldtop (sie hieß offiziell Les Paul Model) konfrontiert sah: Sie wurde ab sofort in einem auffälligen Cherry Sunburst lackiert und das, wie Gibson in seiner Werbung verkündete, sogar ohne Aufpreis! Alle anderen Features, wie die beiden PAF-Pickups oder die Tune-o-matic-/Stop-Tailpiece-Konstruktion, blieben der neuen Les Paul erhalten, die übrigens erst ab Mitte 1960 den Zusatz Standard erhielt. Doch egal ob Les Paul Model oder Les Paul Standard – in die Gitarrengeschichte wird dieses Modell Jahre später als „Burst“ eingehen, die legere Abkürzung von Sunburst.
Ca. 15% aller alten Cherry-Sunburst-Les-Pauls wurden mit Bigsby ausgeliefert.°
Der Wechsel von der goldenen zur SunburstLackierung war eine reine Marketing-Entscheidung, geschuldet dem Rückgang der Goldtop-Verkäufe. Man dachte, der Gold-Look wäre schuld daran, und so änderte man die Farbe der Lackierung. Aber auch, weil sich Kunden, die solche Instrumente seit nun fast 6 Jahren besaßen, beschwerten, weil das Gold abblätterte und sich Grünspan (sog. Greening) bildete. Zudem hatte man sicherlich mitbekommen, dass Fenders neues Modell, die Jazzmaster, 1958 mit einer Dreiton-Sunburst-Lackierung auf den Markt gekommen war.
Wie auch immer – auf der Summer-NAMM-Show 1958 zeigte Gibson seine ersten Bursts; doch da ahnte noch niemand, dass die neue Herrlichkeit bereits nach drei Jahren Geschichte sein würde. Dabei waren die Verkäufe, die von ihrem 1953er Peak mit 2245 verkauften Goldtops auf einige wenige hundert in 1958 abgestürzt waren (laut Gibson Shipping-Buch wurden exakt 434 Les Pauls verkauft, ab August die Cherry-Sunburst-Versionen), nach der kosmetischen Änderung tatsächlich erst einmal angestiegen. So verkaufte man z. B. 1959 immerhin 643 Stück, und 1960 derer 635 – zu wenig zum leben, zu viel zum Sterben.
Doch Ende 1960 erklärte Gibson das Cherry-Sunburst-Experiment dann doch für gescheitert und entschied, die komplette Gitarre einer Revision zu unterziehen. Das Ergebnis in Gestalt der SG/Les Paul, der späteren SG, ist bekannt, die Les Paul in ihrer ursprünglichen Form hatte schlichtweg aufgehört zu existierten. Gerade mal ca. 1500 Bursts sind zwischen 1958 und 1960 gebaut worden – und diese Gitarren lassen heute Musiker und Sammler in aller Welt nicht mehr in Ruhe schlafen.
Dieses Cover inspirierte Eric Clapton zum Kauf seiner ersten Les Paul – wobei es keine Goldtop wurde.
England
Der Dornröschenschlaf der Les Paul war jedoch nicht von allzu langer Dauer; interessant nur, dass die Prinzen, die die Les Paul stürmisch wachküssten, in der alten Welt auf einer fernen Insel im Atlantik namens England lebten. Sie hatten lange Jahre des Darbens hinter sich, denn die britische Regierung hatte 1951 ein Importverbot von Musikinstrumenten, Schallplatten und einigen Luxusgütern aus der „Dollar-Zone“ verordnet, was zur Folge hatte, dass Markennamen wie Hofner, Egmond oder Framus in England bekannter als Gibson oder Fender waren.
Erst Anfang der 60er-Jahre tauchten die ersten amerikanischen Instrumente in den Läden auf – zu Preisen, die die der europäischen Instrumente um das Vielfache übertrafen. Doch die Gitarristen der englischen Metropole wollten die Instrumente spielen, mit denen in den 50er-Jahren Musikgeschichte geschrieben wurde, koste es, was es wolle. Der Blues, der Rock ’n’ Roll und auch die moderne Country-Musik wurde mit amerikanischen Gitarren gespielt, und die hatten die Standards gesetzt. Das war ein Image-Pfund, dem keine der europäischen Marken etwas Gleichwertiges entgegensetzen konnte.
Albert Lee und Jimmy Page waren die ersten bekannteren Gitarristen, die ihre Jobs mit Les Pauls verrichteten; beide hatten sich die Les Paul Custom besorgt, die mit ihren drei Pickups die nötige Vielseitigkeit für ihre Studiojobs bot. Die Auswahl an Les Pauls war in England sehr gering, denn durch die Tatsache, dass Gibson die Gitarre nicht mehr baute, war diese nur auf dem Second-HandMarkt erhältlich. Und ehe eine SecondHand-Les-Paul von den USA nach England kam, mussten schon einige Zufälle mitspielen.
Der erste wirklich bekannte Gitarrist auf der Les-Paul-Landkarte war jedoch Keith Richards! Seine Band The Rolling Stones war seit 1964 groß im Geschäft, sodass es ihm ein Leichtes war, seine Harmony Meteor und die Epiphone Casino auf der ersten US-Tour der Rolling Stones durch eine Gibson Les Paul in Cherry-Sunburst (mit Bigsby) zu ersetzen. Als Richards im gleichen Jahr in der populären Ed-Sullivan-Show eben die Les Paul spielte, schlug dies wie eine Bombe im amerikanischen Gitarristenlager ein, das sich natürlich geschlossen vor den Fernsehern versammelt hatte, um die neue, englische Supergroup zu erleben. Was war das denn für eine Gitarre? Sie war in keinem aktuellen Katalog, in keinem Shop in den USA zu sehen?
Was ein knappes Jahr später in England passierte, gilt für viele als der eigentliche Wendepunkt der Les-Paul-Geschichte. Eric Clapton war seit April 1965 Mitglied von John Mayall’s Blues Breakers. Die ersten Mayall-Gigs spielte er noch mit der Telecaster aus seinen Yardbirds-Zeiten, doch er hatte einen anderen Sound im Kopf. Vielleicht hatte Keith Richards ihm da schon seine neue Gitarre gezeigt? Es kursiert aber auch diese Geschichte: Freddie Kings Platten-cover zu ‚Let’s Hide Away and Dance Away‘ zeigte den Gitarristen mit einer Les Paul Goldtop, der Gitarre, die in amerikanischen Blues-Kreisen gerne gespielt wurde – und vermutlich hatte Clapton dieses Bild im Kopf, als er im Londoner West End shoppen ging und für 130 britische Pfund zwar keine Goldtop, aber immerhin eine Les Paul in Cherry Sunburst, Jahrgang 1960, erstand.
Und nun zusammen mit seinem neuen Verstärker, einem Marshall-JTM-45-Combo, bereit war, Geschichte zu schreiben. Wenig später wurde er sogar Gott gleichgestellt. Was war denn hier passiert? Nicht mehr und nicht weniger, als dass Clapton den Sound und die Rolle der E-Gitarre neu definierte – eine ähnliche Pioniertat wie sie etwa 30 Jahre vorher Charlie Christian gelang. Das Ergebnis der Kombination Clapton + Marshall + Les Paul + Blues war so signifikant, dass es bis heute die Messlatte darstellt, was die Essenz des Les-Paul-Sounds an sich angeht! Dieser neue Sound war dank der Les Paul und dem voll aufgedrehten Marshall-Combo so fett und Sustain-reich, das kannte man bis dato noch nicht. Dazu kam die musikalische Freiheit, die John Mayall seinem talentierten Gitarristen ließ, um seine langen Improvisationen zu spielen, was bisher nur im Jazz üblich war.
Claptons erste Les Paul ist die am meisten verehrte und verherrlichte überhaupt. Und dies nicht nur, weil Clapton mit ihr sein vielleicht wichtigstes Album aufnahm, sondern auch, weil er sie nicht allzu lange besaß. Denn sie wurde ihm 1966 gestohlen, als er mit seiner neuen Band Cream für die ersten Auftritte probte. Clapton, der nur diese eine Gitarre besaß, spielte auf den ersten Gigs mit Cream eine Les Paul mit Bigsby, vermutlich eine Leihgabe von Keith Richards. Kuriose Fußnote: Diese Bigsby-Burst verkaufte Richards 1967 an den damaligen Gitarristen der John-Mayall-Band, Mick Taylor, der die Les Paul wiederum zu den Stones mitbrachte, als er dort 1969 Brian Jones ersetzte.
Clapton wiederum konnte im September 1966 Andy Summers, den späteren Police-Gitarristen, überreden, ihm seine Les Paul Sunburst zu verkaufen. ‚Fresh Cream‘ wurde mit dieser Les Paul aufgenommen, und dieses Album samt der ausgekoppelten Single ‚I Feel Free‘ sind weitere Meilensteine, die den Mythos Les Paul Sunburst mit begründeten.
In den USA tauschte Mike Bloomfield, der Gitarrist der Paul Butterfield Blues Band und seiner eigenen Band Electric Flag, mit dem Gitarrenbauer Dan Erlewine seine Les Paul Goldtop mit P-90s gegen eine Burst plus 100 US-Dollar. Eine Session mit Clapton zwischen zwei Cream-Auftritten in USA hatte hier den Ausschlag gegeben. Bloomfield etablierte nicht nur den Les-Paul-&-Fender-Twin-Sound, sondern war der Auslöser, dass nun auch die Amerikaner in eine Les-PaulHysterie verfielen, die letzten Endes auch Gibson erreichte. Hier bemühte man sich ab 1968, die lauten Forderungen nach neuen Les Pauls zu erfüllen, packte die Sache jedoch total falsch an. Doch das ist eine andere Geschichte. Bloomfields Les Paul erlitt übrigens das gleiche Schicksal wie die Beano-Burst und auch Claptons zweite, die Summers-Burst – sie alle wurden gestohlen und sind nie wieder aufgetaucht.
Im Gefolge von – oder aufgrund ihrer Bewunderung für – Clapton haben viele Gitarristen die Les Paul endgültig für immer in der Geschichte festschrieben: Jeff Beck, Billy Gibbons, Jimmy Page, Peter Green, Paul Kossoff, Duane Allman, Joe Perry, Gary Moore, Don Felder, Joe Walsh, und auch Slash, der mit dem Erfolg von Guns N’ Roses der Les Paul an sich in den Achtzigern noch einmal einen gewaltigen Afterburner verpasste, obwohl er anfangs „nur“ die Kopie einer Burst spielte. Paul McCartney hat eins der wenigen – man sagt, es gäbe überhaupt nur eine Hand voll – Linkshänder-Exemplare, die er heute immer noch spielt. Die Gitarre hatte seine Frau Linda ihm bei Gruhn gekauft. Heute ragt Joe Bonamassa aus der Masse der BluesRock-Gitarristen heraus – und auch er hat längst sein Herz an die Burst verloren. Gerüchten zufolge besitzt er bereits vier dieser Gitarren, und die Tendenz geht wohl zur fünften.
Aber warum?
Doch warum aber soll z. B. eine 1958er Les Paul Sunburst besser klingen als eine 1957er Les Paul Goldtop, die bis auf die Farbe des Lacks exakt die gleichen Features wie die Burst aufweist? Und warum sollen die Gitarrenbauer von heute, allen voran Gibson selbst, nicht mehr in der Lage sein, eine so gut klingende Les Paul zu bauen? Fragen, die polarisieren, Fragen, auf die es bisher kaum konkrete Antworten gab. Neulich habe ich gelesen, dass jemand die Gitarrengeschichte mit einem großen X verglichen hat – ganz oben an der Schere befände sich der Gitarrenbau von heute, ganz unten lägen seine Anfänge. Und in der Mitte, also an der Stelle, an der sich die beiden Linien kreuzten, stünde die 1959 Les Paul, die Stradivari aller E-Gitarren, die Kulmination all dessen, was eine E-Gitarre ausmacht, der Holy Grail. War es vielleicht doch so, dass 1958 bis 1960 einige Faktoren zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammengekommen sind?
Konstruktion
Das System Les Paul setzt sich wie fast alle anderen E-Gitarren auch aus drei Komponenten-Gruppen zusammen: Holz, Hardware und Elektronik. Der Korpus einer Burst wurde aus relativ leichtem, einteiligem Mahagoni gefertigt, auf dem zwei mittig zusammengefügte Ahorn-Teile eine gewölbte Decke formen. (Bei den deckend lackierten Goldtops und Customs bestanden die Decken übrigens auch mal aus drei Stücken oder sie waren nicht zwangsläufig mittig verleimt) Auch der Hals hat Mahagoni als Basis-Material, auf ihn ist ein Griffbrett aus brasilianischem Palisander geleimt. Das Mahagoni (Swietenia Humilis) stammte damals aus British Honduras, dem heutigen Belize, einem kleinen, mittelamerikanischen Staat, wo es in einem relativ trockenen Boden aufwuchs und ständig dem Wind ausgesetzt war.
Aus Michigan, einem US-Staat an der kanadischen Grenze, kam in der Regel das Ahorn, das für die Decke verwendet wurde – auf trockenem Boden in einem relativ kalten und trockenen Klima aufgewachsen. Die Verbindung zum Korpus erfolgt über das Einleimen eines längeren Zapfens, der weit bis etwa in die Mitte der Ausfräsung des Hals-Pickups reicht. Der Leim, den Gibson damals benutze, war Haut- oder Knochenleim, also organischen Ursprungs; er soll im Gegensatz zu modernen, synthetischen Leimen tiefer ins Holz einsinken und glashart aushärten. Ein relativ kleiner Prozentsatz (ca. 30%) der ca. 1500 Les Paul Sunbursts weist eine auffällige Flammung der Decke auf.
Man darf davon ausgehen, dass Gibson einfach das Ahorn verwendete, was gerade lieferbar und günstig war; und geflammtes Ahorn war günstiger, weil der Möbelbau es aufgrund seiner größeren Instabilität nicht gebrauchen konnte. Doch die Gitarristen entdeckten irgendwann die besondere optische Wirkung, insbesondere, wenn das Ahorn mit stehenden Jahresringen aufgesägt wurde; hier erzeugte die quer oder schräg zur Maserung verlaufende Flammung dramatische optische Effekte, mit einer Dreidimensionalität, die sich, je nach Blick- und Lichteinfallwinkel, wie ein Hologramm ändert.
Heute bestimmt die Flammung der Decke entscheidend den Preis der Gitarre mit; da wird für eine „Figured Top“ mitunter über $ 100.000 mehr gezahlt, als für eine ansonsten gleiche „plain top“! Zu der reizvollen Optik der Ahorndecke trug die Cherry-Sunburst-Lackierung, die Gibson in dieser Art erstmals für die Les Pauls anwendete, entscheidend bei. Die spezielle Art der Lackierung (ohne Porenfüller, ohne Beize, mit gelb eingefärbtem, transparentem und lichtdurchlässigem roten Nitro-Lack) „feuerte“ die Flammung noch zusätzlich an.
Der rote Lack hatte allerdings einen Fehler: Er war nicht farbecht und blich mit der Zeit bei Tageslicht und Sonne aus – so sehr, dass Gibson kurz nach Vorstellung der ersten Sunburst Les Pauls eine Mitteilung an seine Händler verschickte, die neue Gitarre doch bitte nicht in Schaufenstern auszustellen. Dennoch sind ein Großteil der Bursts heute ausgeblichen, was wiederum dazu führt, dass eben keine der ca. 1500 Exemplare so aussieht wie die andere. Erst Mitte 1960 verwendete Gibson einen stabileren roten Lack, der nicht so leicht ausblich und oft einen Hauch von Orange in sich trug, was diesen Gitarren den Namen Tangerine Burst einbrachte. Die einzelnen
Ausbleichphasen des roten Lacks haben von Sammlern treffende Namen bekommen:
Cherry Sunburst – kräftiges, noch nicht verblichenes Rot.
Faded Cherry Sunburst – deutliche Ausbleichung des Rot.
Teaburst – kaum noch sichtbares Rot, das bereits ins Bräunliche tendiert.
Greenburst – eher seltene Färbung, die dann eintreten kann, wenn das Rot sehr schnell und deutlich ausgeblichen ist.
Honeyburst – nur noch geringe Rot-Anteile sind sichtbar.
Lemon Drop – kein Rot mehr sichtbar.
Darkburst – wenn statt des Cherry sehr dunkles Rot verwendet wurde, um optische Fehler des Ahorns zu kaschieren.
Tobacco Burst – ausgeblichenes Darkburst.
Zentraler Teil der Hardware war der ABR-1 Tune-o-matic-Steg, von Gibson im Jahr 1954 erstmalig vorgestellt. Dieser Steg bestand aus vernickeltem Zinkguss mit sechs Messing-Saitenreitern, die Saiten wurden in einem vernickelten Stop-Tailpiece aus leichtem Aluminium verankert.
Und dann sind da ja noch die Pickups – ein weiteres, heiß diskutiertes Thema der Vergangenheit und Gegenwart. Die sogenannten PAF-Tonabnehmer (= patent applied for, zum Patent angemeldet) bestanden aus zwei Spulen, die unterschiedlich gewickelt und gepolt waren und so für Brummfreiheit sorgten. Die Spulen selbst waren aus Enamel-Draht in 42er Stärke gewickelt, unter ihnen lagen Alnico-II- oder V-Magnete, je nachdem, was der Lieferant zur Verfügung hatte. Ein Stück Holz diente als Abstandhalter, und dann es gibt noch eine Grundplatte und eine Kappe aus Nickel-Silber, eine Legierung aus Kupfer und Nickel, die laut Seth Lover die Höhen nicht bedämpfte.
Mit der ersten LP von Cream, ‚Fresh Cream’ und dem Single-Hit ‚I Feel Free’ etablierte Eric Clapton endgültig den neuen Les-Paul-Sound
1959 wurden neben schwarzen, die eine zeitlang nicht lieferbar waren, auch cremefarbene Spulenkörper verwendet, manchmal in Kombination (Zebra), manchmal waren beide creme-farben (sehr gesucht) oder eben auch weiterhin schwarz. Die Spulen wurden mit einfachen Maschinen gewickelt, der Draht von Hand geführt, jeweils ca. 5000 Umdrehungen kamen auf eine Spule. Untersuchungen haben bewiesen, dass kaum ein PAF exakt dem anderen gleicht.
Es ist erwiesen und es ist beruhigend, dass nicht jede der der ca. 1500 Bursts mit diesem himmlischen Sound gesegnet ist, von dem Musiker und Sammler gerne sprechen. Man spricht von der Faustregel, dass nur eine von 15 alten Les Pauls eben diesen Sound hat, der mir auch bei meiner Begegnung mit den drei Gitarren im Guitar Point begegnen sollte.
Heute
Um es kurz zu machen: Nicht alles, was an einer alten Les Paul dran ist, ist heute state of the art. Die ABR-1-Brücke aus Zinkguss ist so ein Beispiel, der Nylon-Sattel ein zweites. Heute ist ein Knochen- oder synthetischer Sattel das Maß aller Dinge, und auch in Sachen Brücke gibt es Hersteller, die stabilere, technisch ausgereiftere und schönere Aggregate anbieten. Dennoch ist der Sound einer alten Les Paul wie immer die Summe aller Einzelkomponenten, und da gehören eben auch diese aus heutiger Sicht vielleicht unvollkommenen Teile unweigerlich dazu. Die Serienfertigung wird zudem immer mehr mit dem Holzmangel konfrontiert.
Swietenia macrophylla, dieses Mahagoni aus Belize, ist teuer geworden, ebenso das südamerikanische Swietenia macrophylla, denn es gehört mittlerweile zu den geschützten Holzarten und darf nur noch mit Cites-Papieren, die seine Herkunft nachweisen, gehandelt werden. Ersatzhölzer sind oftmals Cedro oder andere, schwerere Mahagoni-Arten. Auch die heute gerne verwendeten Nitro-Lacke, in denen Plastizide und Acryl-Beimischungen für Stabiltät sorgen sollen, haben mit den alten Lacken nicht mehr viel gemeinsam.
Les Pauls aus ihren drei Jahrgängen, von links: 1958, 1959 und 1960°
Die Pickups sind vielleicht noch am ehesten zu reproduzieren, wenn man auf die richtige Wickelmethode, die Art der Verkabelung, die Kondensatoren (Bumble Bees) etc. achtet und wenn man ein gewiefter GitarrenElektroniker ist. Und die soll es ja geben. Ein guter Gitarrenbauer ist jedoch in der Lage, die Einzelkomponenten des Systems Les Paul so zu kombinieren, dass dabei eine Gitarre herauskommt, die an die klanglichen Qualitäten einer guten, alten Les Paul heranreicht. Das beweist z. B. der Gibson Custom Shop mit seinen neuen Collectors-ChoiceModellen. Wobei aufgrund der Tatsache, dass einige der alten Materialien nicht mehr verfügbar sind (z. B. Rio-Palisander für das Griffbrett), die Gitarrenbauer geschickt abwägen müssen, welche Parts sie zu einem System zusammenfügen müssen.
Klingt z. B. ein Knochensattel in Kombination mit einem Griffbrett aus indischem Palisander ähnlich wie der Nylonsattel und das Griffbrett aus dem heute nicht mehr verfügbaren Rio-Palisander? Oder belässt man es (wie der Gibson Custom Shop) beim Nylonsattel und holt die Klarheit und Dynamik, die das brasilianische dem indischen Palisander voraus hat, vielleicht irgendwo anders auf? Für eine moderne, serielle Fertigung in großem Stil sind diese Ansprüche jedoch zu ambitioniert, schon allein aus wirtschaftlichen Gründen; das beweisen nicht zuletzt die Unterschiede in der Klangqualität des normalen Gibson-Custom-Shop-Programms.
Aus diesem Grunde ist es also durchaus nachvollziehbar, dass jemand, den das Thema Les Paul Cherry Sunburst gepackt hat, sich seine neue Gibson Les Paul eben auf alt tunen lässt. Immerhin hat er dann immer noch eine echte Gibson, auch wenn der beauftragte Gitarrenbauer massive Eingriffe in das Serienprodukt vornimmt. Von dem bleibt oft nur noch das reine Holz übrig und wird mit neuem Lack, alter Hardware und Elektronik inklusive originaler PAF-Pickups bestückt. Kollege Udo Pipper hat in mehreren Workshop-Artikeln bewiesen, dass man sich so schrittweise dem Klang einer echten Burst durchaus erfolgreich annähern kann.
Doch selbst der beste Gitarrenbauer ist nicht in der Lage, seinem Produkt den Mythos einzupflanzen, den eine echte, alte Les Paul mitbringt. Mythos ist wie Kunst – man kann ihn nicht erschöpfend erklären, man kann ihn nicht begreifen, man kann ihn nur erspüren. Für viele ist Mythos nicht wichtig, für Sammler und Liebhaber jedoch umso mehr. Und genau diesen Mythos haben die alten Les Pauls für immer allen zeitgenössischen Derivaten voraus.
Der Mythos der Les Paul Cherry Sunburst setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
Die wechselhafte Geschichte, daraus resultierend ihre geringe Verfügbarkeit
Die musikalischen Meilensteine, die mit ihr eingespielt wurden
Die Optik und die daraus resultierende Individualität (keine Burst ist wie die andere)
Der Sound
All diese Faktoren treffen in ihrer Gesamtheit auf keine andere Gitarre zu. Vielleicht sind eine 58er Gibson Explorer oder Flying V noch teurer, weil noch seltener, sicher gibt es 57er Les Paul Goldtops, die genauso gut klingen wie eine 58er Burst, aber selbst diese ohne Zweifel außerordentlichen Instrumente reichen nur in diesen Teilbereichen an den Mythos der alten Les Pauls heran. Als Besitzer einer Les Paul Cherry Sunburst ist man direkt verbunden mit der Musikgeschichte, hat die gleiche Gitarre wie ein gutes Dutzend der bekanntesten Rock-Stars. Außerdem gehört man zu einem geschlossenen Zirkel, dessen Eintrittskarte so viel kostet wie ein Ein- bis Zweifamilienhaus.
Nachdem 1964 Keith Richards die Les-Paul-Saat in die USA gebracht hatte, brachte wenige Jahre später Mike Bloomfield diese Saat zum Blühen – und Gibson begann wieder, Les Pauls zu bauen.
Solch ein hoher Preis alleine bewirkt schon Mythos. Typische Burst-Sammler können nicht zur Ruhe kommen. Sie werden verfolgt von dem Gedanken, dass es irgendwo da draußen eine Burst geben könnte, die noch besser klingt, deren Flammung noch dreidimensionaler erscheint, die noch besser in der Hand liegt, die einfach noch perfekter ist als die, die man schon hat. Es liegt in der Natur des Sammlers, mit dem Erwerb eines Stückes sein Augenmerk sofort auf mögliche neue Beute auszurichten. Und die Tatsache, dass sich die Eigenschaften der Cherry-Sunburst-Les-Pauls so vielschichtig darstellen, macht sie noch begehrenswerter. So begehrenswert, dass es weitaus mehr von ihnen geben soll, als Gibson damals gebaut hat.
Namen
Mindestens die Hälfte der alten Les Pauls haben inzwischen Namen bekommen, was die enge Beziehung der Besitzer zu ihnen dokumentiert. Die bekannteste ist sicherlich Billy Gibbons’ Pearly Gates, die vielleicht schönste hört auf den Namen Sandy und gehört dem bekannten Les-Paul-Sammler Tom Wittrock, der u. a. auch Gloria, Donna, Curly, Burly und The Other Woman besitzt, während seine Ex namens Goldie neulich an Joe Bonamassa ging. Eine wahre Schönheit soll auch Gladys sein, die dem amerikanischen Burst-Spezi Joe Ganzler gehört, eine der berühmtesten ist die Brockburst des amerikanischen Sammlers Vic Da Pra. Der japanische Sammler und Musiker Kunio Kushida hat unter anderem Bursts mit den wohlklingenden Namen Amanda, Nancy und Jessica, während Jimmy Page seine Bursts schlicht nummeriert hat: No. 1 und No. 2. In einem US-Laden wird zurzeit eine wunderschöne 59er mit dem Namen Rosalie angeboten, während eine Burst, die lange in Deutschland unterwegs war, mittlerweile in Amerika auf den Namen Bearded Lady hört – wegen des Bigsby-Schattens auf der Decke.
Preise
Ach ja, von Preisen haben wir ja noch gar nicht geredet. Burst-Preise erfährt man in der Regel auch nicht, zumindest nicht als Außenstehender. Es gibt einen kleinen Kreis von Leuten, man spricht von einem guten Dutzend weltweit, die als erste informiert werden, wenn eine Burst angeboten wird. Eher selten taucht mal eine auf der Internetseite eines Ladens oder bei großen Auktionshäusern wie Sotheby’s oder Christie’s auf. Die Faktoren, die den Preis einer Burst bestimmen, sind der (Original-)Zustand, die Intensität des roten Farbanteils, die Intensität der Flammung und der VIP-Faktor, z. B. wenn die Gitarre einem bekannten Musiker gehört hat. Im Vintage Price Guide sind folgende Preise gelistet, die durchaus realistisch sein sollen:
1958 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 260.000 bis $ 325.000
mit wenig geflammter Decke: $ 180.000 bis $ 230.000
ohne Flammung: $ 140.000 bis $ 170.000
1959 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 270.000 bis $ 340.000
mit wenig geflammter Decke: $ 200.000 bis $ 250.000
ohne Flammung: $ 150.000 bis $ 180.000
1960 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 210.000 bis $ 260.000
mit wenig geflammter Decke: $ 160.000 bis $ 200.000
ohne Flammung: $ 125.000 bis $ 160.000
Diese Preise gelten für komplett originale Gitarren inkl. Original-Koffer, die Preisspanne markiert auf der einen Seite einen nahezu Neu-, auf der anderen einen guten Gebrauchtzustand. Ist die rote Farbe teilweise oder ganz verblichen, muss mit etwa 10% Abzug gerechnet werden. 10 bis 15% weniger sind Gitarren wert, die ein Bigsby montiert haben. Immerhin 15% aller damals gebauten Les Paul Sunburst hatten ab Werk ein Bigsby
Realität
Zurück zur Realität – und hin zu den drei Bursts, die in Detlef Alders Guitar Point stehen. Zumindest zwei dieser drei Gitarren haben viel zu erzählen, Geschichten, die zum Teil so wundersam anmuten wie die Flammung ihrer Ahorndecken.
Die 1958er Les Paul hat die Wandlung einer Cherry Sunburst zu einer eleganten Teaburst hinter sich. Das Rot ist nicht mehr zu sehen, ein dunkler Rand umrahmt dezent den im typischen Amber gealterten Klarlack. Bis auf zwei Neubundierungen ist die Gitarre im Originalzustand. Bevor die Gitarre nach Deutschland gekommen ist, gehörte sie dem in diesem Jahr verstorbenen amerikanischen Gitarristen Ronnie Montrose, der für Van Morrison, Boz Scaggs und Herbie Hancock in die Saiten griff, bevor er in die Edgar Winter Group einstieg und danach seine eigenen Bands Montrose (mit einem gewissen Sammy Hagar als Sänger) und Gamma gründete.
1979 fand die Les Paul den Weg nach Deutschland und wurde in den Händen eines bekannten Studiogitarristen zur am meisten aufgenommenen Gitarre hierzulande. Der Klang dieser alten Dame, deren Hals recht satt in der Hand liegt, ist sehr, sehr beeindruckend. Ein unglaublich frischer und klarer Ton, der den Atem des alten Holzes förmlich transportiert, und die ehrliche Trockenheit des Klangs löst Bewunderung und nahezu Ehrfurcht aus. Bin ich das, der hier spielt, oder spielt diese Gitarre mich? Ihr Klang hat alles, und noch mehr: eine wunderbar auflösende Transparenz in allen Frequenzbereichen und in allen Lagen, und eine ausgesprochen feinfühlige Dynamik.
Auch in den hohen Lagen ist das Sustain ungebrochen stark und souverän, und verzerrt der Verstärker, entwickelt die 58er deutlich nachvollziehbar einen ausdrucksstarken, sehr vokal ausgeprägten Grund-Sound, der sich mit allem, was der Gitarrist zur Verfü- gung hat, formen lässt. Interaktion Deluxe. Beide Pickups liefern qualitativ gleichwertige Sounds, deren Bandbreite unwahrscheinlich groß ist, und das alles lässt sich sehr effektiv mit den vier Reglern in weitere Sound-Welten aufsplitten. Diese 1958 Les Paul ist eine Klasse für sich, und diese Klasse ist überhaupt nicht an Genres und Spielstilistiken gebunden. Mannomann.
Mit einem Bigsby bewehrt und in einem Faded Cherry Sunburst wie aus dem Bilderbuch kommt das 59er Les Paul Model (noch hieß sie nicht Standard). Die unterschiedlichen Positionen, in denen wir die Gitarre fotografierten, ließen jedes Mal eine andere Art der Flammung erkennen – sehr beeindruckend, und längst nicht so aufdringlich wie so manche „highly figured“ Gitarrendecke von heute. Die Gitarre ist bis auf die Bünde im Originalzustand und hat ebenfalls eine interessante Geschichte zu erzählen. Zu Schüler- und Highschool-Zeiten hat der erste Besitzer die Les Paul in einer Bigband gespielt, aber nach dieser Zeit das Interesse an Musik verloren, und die Gitarre wanderte unters Bett. Als seine kleine Nichte Interesse am Gitarrenspiel zeigte und Unterricht bekommen sollte, stellte ihr Onkel ihr seine alte Gitarre zur Verfügung. Und fortan fuhr die kleine Nichte monatelang mit öffentlichen Verkehrsmitteln und einer 1959 Burst im Koffer zum Gitarrenunterricht!
Erst als sie die Les Paul in einen Musikladen brachte, weil ihr eine Saite gerissen war, wurde allen Beteiligten klar, um was für ein Instrument es sich hier handelte. Nach eingehender Familienberatung entschloss man sich, die Les Paul zu veräußern – und so fand sie über eine weitere Zwischenstation den Weg nach Maintal zu Guitar Point. Der 59er Hals fühlt sich überraschend moderat an – völlig anders, als ich das Profil von einer 59er Reissue interpretiert sah. Gar nicht so klobig, sondern eher „genau richtig“, sogar eine kleine Idee griffiger als das Profil der 58er Les Paul. Klanglich war vor allem der Sound des Steg-Pickups der reine Wahnsinn – offen, satt, brillant, mit starkem vokalem Charakter und etwas mehr Lautstärke als die 58er. Die cleanen Sounds belegen, das hier weniger Holzklang übertragen wurde als bei der 58er, und dass der HalsPickup irgendwie nur normal erschien. Auch gut, aber gegen die Sonderklasse des StegPickups halt eben nur normal.
Das Wunderbare an der Begegnung mit diesen drei Bursts ist neben den verschiedenen klanglichen Eindrücken auch die Tatsache, dass man sehr genau verfolgen kann, wie sich diese drei Produktionsjahre unterscheiden: z. B. die unterschiedlichen Halsprofile, oder die verschiedenen Rottöne sowie die unterschiedlich lauten Pickups. Das 60s Halsprofil ist denn auch deutlich dünner als das der beiden anderen. Dafür geht es klanglich hier ganz anders zu, denn die 60er Les Paul ist deutlich die aggressivste dieses Trios; sie geht mit einer schnellen Dynamik fast schon bissig zur Sache, sie klingt für meine Ohren ganz stark nach Classic Rock im Allgemeinen und Led Zeppelin im Besonderen. Die leichten Holzanteile im Klang machen sich bei weniger verzerrten Sounds gut bemerkbar und sorgen dort für Transparenz und Glanz. Auch diese Les Paul ist in allen Lagen vollwertig, die Töne stehen auch in den oberen Registern wie eine Eins, und das auch bei wenig Verzerrung.
Heute beginnt für die Traditionsmarke Gibson nicht weniger als eine neue Ära. Mit den neuen Original, Modern und Custom Collections erscheinen weltweit die ersten neuen Serien seit Amtsantritt des neuen CEOs James Curleigh. Auf die hohen Erwartungen der Fangemeinde antwortet Gibson mit einer Rückbesinnung auf die eigene ikonische Vergangenheit, sowie mit innovativeren zukunftsweisenden Konzepten.
In den letzten Monaten hat sich Gibson akribisch auf diesen Comeback-Moment vorbereitet, der nun sogar zwei Monate früher ansteht als ursprünglich geplant.
“The energy continues to build around our new collections and we are very proud that we could draw on our heritage for the Original collection and build on our innovation for the Modern collection. Not to mention taking our Custom Collection to a whole new level, […] In fact, based on the momentum, excitement, and demand, we made the decision to launch the new collection two months earlier than planned, a first for Gibson,”
Cesar Gueikian (Chief Merchant Officer, Gibson)
Laut Präsident und CEO James ‘JC’ Curleigh ist Gibsons Vision nichts geringeres als die meist geliebte, gespielte und relevanteste Gitarrenmarke der Welt zu werden.
Die neuen Serien sollen der erste Schritt auf diesem Weg sein…
Gibson Original Collection
Mit der Gibson Original Collection soll die goldene Ära zurückkehren. Mit dieser klassischen Serie zollt Gibson seiner Geschichte Tribut und bringt ikonische Gitarren zurück, die den Sound vieler Generationen von Musik und Genres geprägt haben. Endlich sollen Gibson Fans wieder klassisches Design, Innovation und Authentizität geboten bekommen.
Modelle:
Les Paul Standard 50’s
Les Paul Standard 60’s
Les Paul Special in TV Yellow
Les Paul Junior in Tobacco Burst
SG 61 Standard with factory stop-tail, Maestro and Sideways vibrolas
Die neue Gibson Modern Collection führt moderne Features ein, die dem Sound und der Spielfreude zukünftiger Generationen von Musikern dienlich sein sollen. Die Serie soll den Innovationsgeist reflektieren, den Orville Gibson schon im Jahre 1894 an den Tag legte und der Ted McCarty in den 50er und 60er Jahren antrieb.
Zu den Neuerungen gehören leichtere Bodies, Push-Pull-Systeme um z.B. zwischen Burst-Bucker und P90-Sounds zu switchen, Slim-Taper-Necks mit asymmetrischen Halsprofilen, sowie geschmeidige Halsfüße für müheloses Spiel in den höheren Lagen. Dazu legt man Wert auf maximales Sustain und Stabilität.
Zu guter Letzt demonstriert der Gibson Custom Shop ein Höchstmaß an Handwerkskunst, Qualität und exzellentem Klang. Jedes Instrument feiert Gibsons historisches Vermächtnis durch seine besonders akkurate, detailreiche und authentische Verarbeitung.
In diesem Jahr feiert Gibson das 60. Jubiläum der 1959er Les Paul Standard – für viele der heilige Gral – mit einer exakten Nachbildung der ikonischen Gitarre.
Mit der Original, Modern und Custom Collection möchte Gibson ein neues Kapitel in seiner Firmengeschichte aufschlagen und Künstler aus den Bereichen Rock, Pop, Country, Blues, Folk, Jazz und mehr ansprechen.
Gibson wendet die Gewichtsreduzierung von Les Pauls schon seit vielen Jahren an, genauer gesagt: Seit den 1980er Jahren. Denn leichtes Mahagoni war schon damals teuer und seltener geworden. Auch von den Gitarristen, die sich in den 1970er Jahren notgedrungen 4,5 kg und mehr um den Hals hängen wollen, hatten nur wenige überlebt. Also machte man die Les Paul durch neun große, runde Löcher im Mahagoni-Korpus, die dann von der Ahorndecke verdeckt wurden, erträglicher.
Diese eher aus der Not geborene Maßnahme wird heute plakativ mit Traditional Weight Relief bezeichnet. Laut Gibson soll sich diese Methode nicht auf den typischen Sound einer Les-Paul-Gitarre auswirken.
Die zweite Maßnahme ist das so genannte Chambering, das der Les Paul aufgrund seiner wirklich großzügigen Ausfräsungen einen schönen Hauch von Semiakustik verleiht – sowohl vom Gewicht her als auch vom Sound.
Das neue Modern Weight Relief wurde für die 2014er Serie erstmals eingeführt – kleinere, ellyptisch geformte Löcher, im Gibson-Duktus „sound chambers“ genannt, sind rundum im Mahagoni-Korpus verteilt. Laut Gibson soll dies Feedback bei hohen Lautstärken verhindern, die mitunter bei den „Chambered“-Modellen auftreten können.
Jäger Guitars, die Oberstdorfer Gitarrenbauwerkstatt von Florian Jäger, feiert diesen August ihr 15-jähriges Bestehen. Und auch das Les Paul-Tuning “Bavarian Makeover” gibt es seit mindestens 12 Jahren. Zur Feier gibt es nun die Chance auf einen einmaligen Aktionsrabatt!
Ziel des Les Paul-Tunings ist es, das Instrument in den Zustand der 50er Les Pauls zu versetzen. Dabei bedient sich Florian Jäger der damals üblichen Materialien: Royalite-Binding, Aniline-Dyes, Hot Hide Glue, Bronzepowder. Sogar den Lack hat Jäger analysieren und reproduzieren lassen. Ein glaubhaftes Aging rundet den Prozess ab. Sein Know-How schöpft der renommierte Gitarrenbaumeister aus der Restaurierung zahlreicher ikonischer E-Gitarren.
Die ersten 12 E-Mails mit dem Betreff „JAEGERISM“ erhalten 12% Nachlass auf jedes gebuchte Bavarian Makeover und erfahren 12 Geheimnisse über guten Les Paul-Tone!
(Bild: Copyright Austin Nelson. All Rights Reserved.)
Epiphone kündigt den weltweiten Release einer limitierten Signature-Gitarre für Jared James Nichols an, den Music Radar zu den Top 5 Nachwuchs-Gitarristen zählt. Dem Musiker aus Waukesha, Wisconsin – der Heimatstadt von Les Paul – widmet Epiphone die Jared James Nichols “Old Glory” Les Paul Custom Outfit.
Die Jared James Nichols ‘Old Glory’ Les Paul Custom Outfit ist Jareds Lieblings-Bühnengitarre nachempfunden und hat einen klassischen Les Paul Custom Body im Stil der 1950er Jahre mit Ebony Finish und historischem Binding. Einen markantes Detail ist ihr einzelner Seymour Duncan TM P-90 Pickup.
Das schnörkellose Arbeitstier ist mit einem Ebenholz-Griffbrett, sowie Grover TM Rotomatic Mechaniken ausgestattet und kommt mit einem EpiLite TM Case und Echtheits-Zertifikat.
Hinter der dem Tailpiece thront eine Plakette mit der Inschrift “Blues Power”.
“I’ve been playing the prototype of ‘ Old Glory’ on stage since the day I got it, […] Ever since Joe Perry loaned me a 50s Les Paul Custom with a single pickup, I knew I needed one of my own. This is an incredible guitar. I can’t put it down. I’m so honored and grateful. Thank you, Epiphone!” Jared James Nichols
Preis:
Limited Edition Jared James Nichols “Old Glory” Les Paul Custom Outfit
Jared James Nichols gehört für viele zur Riege der Top-Nachwuchs-Gitarristen. Der Musiker aus Waukesha, Wisconsin – der Heimatstadt von Les Paul – wird demnächst bei Just Music Berlin live zu sehen sein und exklusiv seinen neuen Blackstar Signature Amp vorstellen.
Mit seinen energiegeladenen Performances und seiner ungewöhnlichen “Pick-less”-Gitarrenspieltechnik etablierte sich Jared schon früh als einer der aufregendsten neuen Player in der Blues-Welt.
Seine einzigartige Mischung aus erdigem Blues und eindrucksvollem Stadionrock, vorgetragen mit unglaublicher Spielfreude, sollte man sich keinesfalls entgehen lassen.
Am 18.06.2019 wird er im Rahmen der Jared James Nichols 2019 Clinic Tour um 18:30 Uhr bei Just Music Berlin auftreten und exklusiv seinen neuen Blackstar Signature Amp JJN-20 präsentieren.
… Zuletzt enthüllte Epiphone die Jared James Nichols „Old Glory“ Les Paul Custom Outfit. Mehr zu Jareds Signature Gitarre erfahrt Ihr hier!
Das vergangene Jahr war eines der turbulentesten in der Geschichte des amerikanischen Gitarrenherstellers. Nachdem der Konzern am im Mai 2018 gemäß Chapter 11 des amerikanischen Insolventsrechts eine Reorganisation beantragt hatte, übernahm am 01.11. James Curleigh als CEO die Leitung. Sicherlich keine leichte Aufgabe. Jedoch bereits zur Winter NAMM Show 2019 präsentierte Gibson sein neues Instrumenten-Portfolio.
Gleich zwei Les Pauls sind mir für diesen Test ins Haus geflattert, nämlich eine Tribute aus der Modern Collection und eine Standard 50s aus der Original Collection. Erstere ist preislich deutlich unter dem Studio-Modell angesiedelt, mit Letzterer zollt Gibson seinen alten Ikonen Tribut, ohne jedoch in die Preisregionen von Custom-Shop-Gitarren vorzudringen.
zutaten
Die Konstruktionsdetails einer Les Paul setze ich bei den Lesern unseres Magazins mal als bekannt voraus. Mahagonikorpus ist klar, auch wenn der der Tribute knapp 5 mm dünner ausfällt als der der Standard und zusätzliche Weight-Relief-Bohrungen deren Gewicht um gut 700 Gramm reduzieren. Während beide Paulas massive gewölbte Ahorndecken und echte (!) Palisandergriffbretter besitzen, kommt die Tribute mit einem eingeleimten Ahornhals, die Standard 50s ganz klassisch mit einem aus Mahagoni.
Gänzlich verzichtet hat Gibson bei der Tribute auf Randeinfassungen, immerhin nutzt man die Schnittkante der Decke als Fake Binding. Hier wie dort wurden die Hälse mit kurzen Füßen eingeleimt (Short Tenon), die in den Fräsungen der Hals-Pickups daher nicht zu sehen sind. Als Griffbrettmarkierungen dienen Trapez-Inlays aus Acryl mit leicht abgerundeten Spitzen und weiße bzw. schwarze Sidedots.
Halsfuß Les Paul Tribute
Überrascht hat mich das Profil der jeweils 22 passabel bearbeiteten Bünde: Im Gegensatz zum üblichen Jumbo-Trend kommen bei beiden Modellen eher flache schmale Bünde zum Einsatz, auch wenn Gibson sie als Medium Jumbo bezeichnet. Die gewohnten Micarta-Sättel mussten weißen GraphTechs weichen, was durchaus als Verbesserung zu werten ist. Während die String Spacings präzise gekerbt wurden, gibt es hinsichtlich der Kerbenabrichtung noch Nachbesserungsbedarf, da die Höhen einzelner Saiten variieren.
Die traditionell mit schwarzem Furnier versehenen Kopfplatten tragen präzise und geschmeidig agierende Kluson-style Gibson Deluxe Tuner mit Tulip-Knöpfen. Zum Lieferumfang der Standard 50s zählt eine zusätzliche Trussrod-Abdeckung ohne Gravur, während der Tribute eine cremefarbene U-Scheibe für den Pickup-Schalter beiliegt, die bei Bedarf montiert werden kann.
Selbstverständlich hat man beide Gitarren mit Tune-o-matic-Stegen und klassischen Stoptails bestückt, die Tribute mit einer Nashville-, die Standard mit einer ABR-1- Bridge. Die Stützen werden nicht mehr direkt in die Decke geschraubt, sondern sitzen in eingelassenen Metallhülsen.
Oberkante bündig eingelassene Kunststoffdeckel verschließen die Kammern von Elektrik und Toggle Switches. Alle elektrischen Komponenten der Tribute treffen sich auf einer Platine mit Steckkontakten und Kondensatoren, während die der Standard auf einem Blech handverlötet wurden. Hier sind sogar Orange-Drop-Kondensatoren am Start. Die Klinkenbuchsen werden von cremefarbenen Zargenplättchen getragen, Vintage- bzw. große Aluknöpfe sichern den Gurt.
Die Wandlung der Saitenschwingungen übernehmen bei der Tribute 490R- und 490T-Humbucker, bei der Standard Burst-Bucker 1 und 2. In beiden Fällen werden sie mit solidem Dreiweg-Toggle, zwei Volume- und zwei Tone-Reglern verwaltet. Position Pointers sucht man bei der Tribute vergebens.
Reglerknöpfe Les Paul Tribute
… und action!
Ich persönlich liebe leichte Les Pauls, sofern sie nicht leichtgebohrt oder chambered, sondern aus leichten resonanzfreudigen Hölzern gebaut wurden. Konzentriert man sich auf das reine Gewicht, fährt die Tribute natürlich Pluspunkte ein, während die Goldtop recht heftig am Gurt zerrt. Trotz Weight Relief der Tribute gibt es in beiden Fällen weder am Gurt noch auf dem Bein Balanceprobleme.
Von Halsstärken und -profilen abgesehen, wurden aus ergonomischer Sicht traditionelle Les Pauls nie Modifikationen unterzogen (außer Les Paul Access), auch wenn der etwas kleinere Halsfuß der Tribute die höchsten Lagen leichter zugänglich macht. Bei nahezu identischer Breite besitzt der Hals der Standard 50s zwar das kräftigere Profil, beide liegen jedoch richtig angenehm und stressarm in der Hand. Gleichzeitig bietet das Satin Finish des Ahornhalses besseren weil holzig wärmeren Grip.
Die für heutige Verhältnisse relativ niedrigen und schlanken Bünde lassen sich vorzüglich bespielen und minimieren zugleich Stimmungsprobleme bei tieflagigen Akkorden mit leer schwingenden Saiten. Die dank der Position Pointers höher positionierten Reglerknöpfe der Goldtop lassen sich komfortabler handhaben als die der Tribute.
Am 20. Juni 2019 trennte sich Pink Floyd Gitarrist, Sänger und Songwriter David Gilmour von seiner Gitarrensammlung – inklusive seiner legendären schwarzen Strat! Der stolze Erlös von $ 21,500,000 kommt wohltätigen Zwecken zugute. Im 360° Rundgang auf der Website des Auktionshauses konnte man die Kollektion vorab in Gänze bestaunen.
Im Auktionshaus Christie’s in New York kamen mehr als 120 seiner Gitarren unter den Hammer, darunter Fender-Klassiker wie Broadcaster, Esquire, Telecaster und Stratocaster – eine einmalige Gelegenheit für Fans, Musiker und Sammler. Die Mindestgebote starteten zum Teil schon ab $ 300.
Im Vorfeld der Auktion wurde die Sammlung teilweise in London und Los Angeles ausgestellt. In New York konnte man vom 14.-19. Juni, mit entsprechender Reservierung, exklusiv die komplette Kollektion begutachten.
Alle die es dafür nicht rechtzeitig über den großen Teich geschafft haben, oder einfach neugierig sind, haben nun noch die Möglichkeit sich David Gilmours Sammlung im virtuellen Rundgang auf Christie’s Website anzusehen! (auch VR-Brillen werden unterstützt)
Virtueller Rundgang des Auktionshauses Christie’s (Screenshot)
Insgesamt erzielte die Auktion einen Erlös von $ 21,500,000. Allein Gilmours legendäre “Black Strat”, die auf den Pink Floyd Alben The Dark Side Of The Moon (1973), Wish You Were Here (1975), Animals (1977) und The Wall (1979) zu hören ist, brachte unglaubliche $ 3,975,000 ein — ein neuer Weltrekord für eine Gitarre in einer Auktion!
Bereits das erste Angebot – eine 1966er Solid-Body Fender Stratocaster, die Gilmour 1970 gekauft hatte und im Wert auf $ 10,000-15,000 geschätzt wurde – wechselte für $ 423,000 den Besitzer.
Gilmour’s Martin D-35, die durch ihren Einsatz in den ikonischen Pink Floyd Songs Wish You Were Here und Shine on You Crazy Diamond unsterblich wurde, war auf $ 10,000-20,000 geschätzt worden, erzielte aber $ 1,095,000 — ebenfalls ein neuer Weltrekord für eine C.F. Martin Gitarre in einer Versteigerung.
Das Intro-Riff von Wish You Were Here wurde tatsächlich auf einer anderen Martin geschrieben, einer D12-28 12-String die David 1974 von einem Freund gekauft hatte. Das Instrument brachte $ 531,000.
Seine weiße 1954er Fender Stratocaster #0001 (Schätzpreis: $100,000-150,000) wurde auf mehreren Aufnahmen genutzt, darunter Another Brick in the Wall (Part 2 und 3). Sie wurde für $ 1,815,000 verkauft, zeitweilig ein neuer Rekord für eine Fender Stratocaster.
Ein weiteres Highlight war eine 1955er Gibson Les Paul, auf der das Solo von Another Brick in the Wall (Part 2) gespielt wurde. Mit $ 447,000 wurde sogar der Preis von Les Pauls eigener 1954er Les Paul Custom übertroffen und ein neuer Weltrekord aufgestellt.
Und noch ein Rekord: eine seltene Gretsch White Penguin 6134, die Gilmour 1980 für seine private Sammlung gekauft hatte, brachte ebenfalls $ 447,000 ein.
Am Abend der Versteigerung verkündete David Gilmour in den sozialen Medien, dass alle Erlöse der Klimaschutz-Organisation ClientEarth gespendet werden.
“The global climate crisis is the greatest challenge that humanity will ever face, […] and we are within a few years of the effects being irreversible.”David Gilmour
“This is a truly humbling and extraordinary gift, which goes beyond our wildest expectations. It’s difficult to express just how deeply grateful we are to David for choosing ClientEarth as the beneficiary of this historic auction.”James Thornton (CEO ClientEarth)
Hinter Aynsley Lister liegen drei überaus ereignisreiche Jahre. Der britische Bluesrock-Gitarrist ist Vater geworden, gleich in doppelter Hinsicht: Im Frühjahr 2018 brachte seine Frau und Managerin Stephanie einen kleinen Jungen zur Welt, im Februar 2019 präsentierte der 42-Jährige seinen ersten Signature-Amp, den er gemeinsam mit Konstrukteur Chris Fantana vom englischen Verstärkerhersteller Rift Amplification entworfen und entwickelt hat.
Kein Wunder also, dass die Arbeiten am kommenden Studioalbum aufgrund dieser „Doppelbelastung“ etwas in Verzug geraten sind. Wir haben den Engländer getroffen, uns sein neuestes (musikalisches) „Baby“ angeschaut und uns bei dieser Gelegenheit auch gleich ein paar Empfehlungen für unser Top Gear Check Special eingeholt.
Interview
Aynsley, was war dein erklärtes Ziel, deine Vision für den neuen Rift Signature Amp? Welche Kriterien hast du angelegt?
Ich besitze einen alten, ziemlich seltenen Marshall JMP 2144 Combo von 1979, der im Laufe der Jahre mehrfach modifiziert wurde und für meinen Geschmack besser klingt als jeder andere Marshall, den ich jemals gehört habe. Eines Tages brachte ich ihn zu Marshall, um die Röhren austauschen zu lassen. Der Typ, der den Tausch vornehmen sollte, schaute sich das Innenleben des Amps an und meinte stirnrunzelnd: „Oha, dies ist nicht original und das gehört da eigentlich auch nicht rein, und das dort ist ebenfalls völlig anders als vom Werk vorgesehen. Wie klingt der Amp überhaupt?“ Ich antwortete: „Großartig!“ Und er darauf: „OK, dann sollten wir nichts ändern und tatsächlich nur die Röhren erneuern.“
Ich hatte den Combo über viele Jahre bei all meinen Konzerten gespielt, ohne Effektpedale, nur über den Volume-Regler meiner Gitarre gesteuert. Er war also perfekt für mich. Und jeder, der ihn testete, war ebenso begeistert wie ich. Dieser Amp war meine Inspiration, ihn neu zu erschaffen. Weißt du: Mein Marshall JMP 2144 ist alt, er brummt ziemlich laut, war jahrelang auf Tournee, also entstand die Idee eines neuen Modells mit genau diesem Sound plus einigen Verbesserungen. Das gestaltete sich allerdings nicht so einfach wie erwartet.
Die ersten Versuche, einen Amp mit exakt den gleichen Komponenten wie bei meinem alten Marshall zu bauen, klangen völlig anders. Also verbrachte ich viele Tage bei Chris Fantana von der Firma Rift Amplifications, testete den neuen Amp immer wieder und modifizierte ihn. Das Chassis war offen, wir hatten eine große Kiste mit unterschiedlichsten Komponenten zur Verfügung und testeten die verschiedensten Konstellationen. Wenn uns etwas gefiel, hielten wir daran fest. Am Ende kam ein Amp heraus, der sogar noch besser klingt und noch mehr kann als mein JMP 2144.
Aynsleys Rift Signature Amp: 35 Watt, einkanalig, 2x EL34, 4-Band-EQ-Sektion plus Preamp- und Master-Volume, darunter das 2×12-Cabinet mit ‚The Governor‘-Speakern von Eminence.
Zum Beispiel?
Der Marshall hat keinen wirklich cleanen Sound, es sei denn, man dreht den Volume-Poti an der Gitarre fast komplett zurück. Der Rift dagegen hat bei geringer Preamp-Lautstärke trotz eines aufgedrehten Master-Potis einen absolut klaren Sound, was beim Marshall nicht funktioniert. Außerdem hat der Rift ein tolles Reverb und einen FX-Loop. Dies ist die erste Tournee, auf der ich ihn dabei habe, und mein Eindruck ist, dass er von Abend zu Abend immer noch besser wird. Ich bin total glücklich mit ihm. Für mich war klar: Ein Signature-Amp macht für mich nur dann Sinn, wenn ich ihn auch wirklich selbst spiele.
Wie viel Leistung hat er?
35 Watt, einkanalig, handwired, mit zwei EL34-Röhren, 4-Band-EQ-Sektion plus Preamp-Volume und Master-Volume-Regler, Eminence ‚The Governor‘-Speaker und einen Sound von glasklar bis verzerrt, den man alleine über den Poti der Gitarre steuern kann.
Wie viele Prototypen gab es, bevor ihr das finale Ergebnis gefunden hattet?
Vier oder fünf. Ich nahm sie mit auf Tour, testete sie ausgiebig, dann nahmen wir kleine Veränderungen vor.
Wieviel kostet der Rift?
Das Topteil kostet ungefähr 2700 englische Pfund, die Box circa 1000 Pfund. Man kann den Verstärker auch als 1x12er- oder 2x12er-Combo bestellen, es gibt ihn in Weiß, Schwarz, Lila, Rot – alles was man sich wünscht.
Gibt es klangliche Unterschiede zwischen der Topteil-plus-Box-Version und den beiden Combo-Varianten?
Überraschenderweise nicht. Ich bin ein Fan von 2x12er-Cabinets, und ich dachte, dass der Amp als 1x12er-Version kleiner und deutlich leiser klingen würde. Aber das ist nicht der Fall.
Wo kann man den Drift Aynsley-Lister-Signature-Amp kaufen?
Er ist weltweit erhältlich, bestellen kann man ihn über den englischen Laden ‚Andertons Music‘, der seinen Sitz vor den Toren Londons hat.
Listers Probett-Stratocaster Custom, Baujahr 2015
Seine 1960er Fender Stratocaster Custom Shop in Charcoal Frost, Baujahr 2017
Die namenlose Slide-Gitarre, vermutlich in den 60ern von Egmond gebaut
Probett 59er-Les-Paul Replica, Baujahr 2010
Mit welcher Gitarre hast du die Prototypen getestet?
Mit meiner Hauptgitarre, einer weißen Probett-Stratocaster, die mir Damian Probett im März 2015 gebaut hat und die ich seitdem durchgängig spiele. Außerdem mit meiner 59er-Probett-Les Paul aus dem Jahre 2010 mit zwei Humbuckern und einem Korpus aus spanischem Zedernholz, weshalb sie nicht so schwer ist wie normale Gibson Les Pauls aus Mahagoni.
Daneben hast du heute noch zwei weitere sehr interessante Gitarren dabei.
Da ist zum einen eine namenlose Slide-Gitarre aus den 1960ern, die vermutlich von der holländischen Firma Egmond stammt und die ich vor 20 Jahren für 50 Euro gekauft habe. Damals hatte sie allerdings noch keine Elektrik.
Die zweite ist eine 1960er-Fender-Stratocaster-Custom-Shop aus dem Jahre 2017, die ich in einem Shop in Sheffield gefunden habe. Wegen ihres Charcoal-Frost-Finishes wollte sie keiner haben. Jeder möchte Sunburst oder Olympic White. Mir gefiel die Gitarre gerade deshalb, weil sie anders aussieht, also testete ich sie. Der Shop-Besitzer verriet mir, dass die Charcoal-Fender seit einem Jahr bei ihm im Laden stünde, aber ich der erste sei, der sie antestet. Die Gitarre klingt großartig. Ich spielte noch einige weitere Gitarren im Shop, aber diese war bei Weitem die beste. Also kaufte ich sie und wechselte einfach nur die Pickups aus. Es sind nun die gleichen verbaut wie bei meiner weißen Probett Strat, nämlich sogenannte ‚59 Reserve‘ von meinem Landsmann Mark Foley.
Mit welchen Effektpedalen spielst du auf der aktuellen Tour?
Mein Haupteffektgerät ist ein Clean- Boost, der immer eingeschaltet ist aber keine Verzerrung erzeugt, sondern nur die Lautstärke etwas anhebt. Auf dieser Tour habe ich zwei davon: ein Free The Tone Final Booster und ein Thorpy FX Team Medic. Beide Pedale ändern den Sound der Gitarre nicht, sondern machen die Pickups nur ein klein wenig heißer, sodass ich den Sound der Gitarre noch ein bisschen besser kontrollieren kann. Hinzu kommt ein DOD-Octoplus-Octave-Pedal, das ich allerdings nur bei einem Song einsetze, und ein T-Rex Alberta, also ein Tubescreamer, den ich während der gesamten Show nur zweimal ganz kurz einschalte – davon einmal am Ende eines Songs für ein endloses Feedback. Bei 98% der Show sind es wirklich nur die Gitarre, der Amp und ein Clean Boost.
Das Pedalboard mit Free The Tone Final Booster, Thorpy FX Team Medic, T-Rex Alberta, DOD Octoplus Octave-Pedal und Sonic Research Turbo Tuner
Letzte Frage: Wie kommst du mit den Arbeiten an deinem neuen Studioalbum voran? Das letzte liegt ja bereits fast drei Jahre zurück.
Es nimmt langsam Formen an. Ich bin etwas in Zeitverzug, da meine Frau und ich letztes Jahr ein Baby bekommen haben. Jetzt ist der Kleine ein Jahr alt und ich finde wieder mehr Zeit, um zu komponieren. So wie es aussieht, werde ich im Laufe des Jahres ins Studio gehen und die neue Scheibe aufnehmen.
Danke Aynsley, und alles Gute für dich und deine junge Familie!
TOP GEAR CHECK
Als Top Gear Check Special, hier eine Auswahl an Equipment, die Aynsley Lister allen Soundtüftlern ans Herz legt:
„Für mich immer wieder eine echte Empfehlung ist der Marshall Origin 20 Combo, den man bei vielen Anbietern derzeit für knapp 570 Euro bekommt. Ein großartiger, klassisch klingender Amp, der transportabel, laut genug für kleinere Gigs und absolut bezahlbar ist.
Ebenso für den kleinen Geldbeutel: Squier Strats, die man in verschiedenen Ausführungen schon ab 450 Euro bekommt. Die heutigen Squier-Modelle bieten vielfältige Optionen und sind besser als jemals zuvor. Korpus aus massivem Holz, Alnico-Pickups mit verschiedenen Konfigurationen, gelungene Finishes, man könnte die Liste an Vorzügen endlos weiterführen.
Zwischendurch noch ein Tipp, der zumeist um die 50 Euro kostet, aber gut investiertes Geld ist: ein maßgeschneidertes Gitarren-Setup, das man von Fachkräften ausführen lassen sollte. Jedes Instrument profitiert vom Setup eines erfahrenen Technikers. Selbst teure Gitarren sind schwer zu spielen, mühsam zu stimmen und generell widerspenstig, wenn sie nicht richtig eingestellt werden.
Meine nächste Empfehlung: Sommer Gitarrenkabel, Preis 20 Euro. Ein hochwertiges Kabel klingt einfach besser als ein billiges. Schlechte Kabel versauen den Sound einer Gitarre, verursachen Nebengeräusche und haben oftmals gegossene Plastikstecker, die ich hasse.
Ebenfalls eine gute Investition ist das TC Electronics Polytune Pedal (Version 3 oder 2 Mini) für etwa 45 Euro, denn eine perfekte Stimmung ist natürlich unerlässlich. Das Polytune ist robust, preisgünstig und so klein, dass man es als Einzelpedal oder als Bestandteil eines Pedalboards verwenden kann.
Ähnliches kann man über den Boss GE-7 Equalizer sagen, den man schon für 89 Euro bekommt. Ein wirklich vielseitig einsetzbares Pedal, das man als EQ für den Sound oder als Boost für die Lautstärke verwenden kann. Beides durchaus eine Option, wenn man beispielsweise während eines Gigs die Gitarre und damit von Humbucker auf Single Coils wechselt. Ich spiele das Teil schon seit Jahren, stelle den EQ auf „flat“ und nutze lediglich den Level-Regler, um meinem Amp etwas mehr Schub zu geben.
Als nächstes: T-Rex Alberta für 98 Euros, ein fabelhaftes Overdrive-Pedal, basierend auf den alten Tubescreamern, die man bei Soli hinzuschaltet. Es macht dem Röhren-Amp kräftig Dampf, sodass er ein singendes Sustain liefert, und mit den geboosteten Mitten setzt sich die Gitarre im Gesamtsound noch besser durch.
Was ich vorhin über die Gitarrenkabel gesagt habe, gilt übrigens auch bei der Verkabelung der Effektpedale. Auch hier empfehle ich Sommer Patch-Kabel, denn es macht einfach keinen Sinn, bei den Geräten viel Geld auszugeben und dann beim Kabel zu sparen. Zumal sie nicht übermäßig teuer sind und den Signalweg erheblich verbessern.
Last but not least: Eminence Governor Speaker, Kostenfaktor etwa 109 Euro. Vor allem Gitarrenverstärker im mittleren Preissegment können durch gute Speaker enorm aufgewertet werden. The Governor von Eminence ist ein großartiger Lautsprecher, der viel Kraft vermittelt, ein klares Klangbild hat, ohne dabei harsch zu klingen. Er funktioniert in Kombination mit vielen Amps, inklusive Marshall und Fender. Als Einzelteil sind Lautsprecher die teuerste Komponente bei einem Amp, deshalb sparen hier manche Hersteller. Ihr wärt überrascht, wie groß der Unterschied zwischen einem billigen und einem hochwertigen Speaker bei ein und demselben Verstärker ist.“
In der Schlacht um die Six-String-Vormacht im Land benötigte Gibson mehr als zwei Jahre, um eine Antwort auf die Anfang der 50er dominierende Fender Telecaster zu finden. Die Reaktion kam in Form des Les-Paul-Modells, welches trotz eines zittrigen Starts dann doch noch zu einer der weltweit beliebtesten und gefragtesten E-Gitarren avancierte.
Ab den 60er Jahren präsentierte der amerikanische Hersteller zahlreiche Alternativen, um an den andauernden Erfolg der Les Paul anzuknüpfen. Einige dieser Kreationen haben ihren verdienten Platz in der E-Gitarren-Historie gefunden, andere wiederum fielen ihrem unzeitgemäßen Design oder einem unglücklichem Timing, oft auch beidem, zum Opfer und verschwanden in der Versenkung. Diesen Modellen sind die nun die folgenden Zeilen gewidmet.
Tradition?
Gibson galt immer schon als ein Hersteller, der stark auf etablierte Design-Merkmale und seine eigene Tradition achtete, aber in Wirklichkeit hat diese Firma weit mehr gewagt als der vermeintlich risikofreudigere Mitbewerber Fender. In den letzten 40 Jahren präsentierte Gibson eine deutlich größere und variantenreichere Modellpalette als der kalifornische Konkurrent. Seit Anfang der 50er Jahre galt in beiden Firmen die Parole, dem Mitbewerber ein Stück des wichtigen amerikanischen Marktes abzujagen. Interessanterweise fanden bei beiden Firmen längst nicht alle Neukreationen ein breites Publikum; umso wichtiger erschien es beiden, eine entsprechend hohe Aufmerksamkeit durch die Neuauflagen alter, erfolgreicher Instrumente auf sich zu lenken.
Die Attraktivität sich wiederholender Modelle schien für Gibson wichtiger als für Fender, deren einstmals neue Kreationen oft im Nichts verschwanden und seltener wiederbelebt wurden. Tatsächlich ist der eigentliche Erfolg so mancher Gibson-Gitarre durch die Häufigkeit ihrer Neuauflagen und Variantenvielfalt über Jahre hinweg begründet. Die Modelle, denen die Ehre der Wiedergeburt nicht zuteil wurde, dürfen mit Fug und Recht als die wahren Misserfolge dieser Firma zu werten sein. Es scheint, als ob Gibson mit einer solch großen Modellvielfalt das große Risiko in Kauf genommen habe, bestimmte Umsatzziele nicht zu erreichen.
Es gab aber auch Zeiten in diesem Unternehmen, da wurde in zu viele verschiedene Richtungen entwickelt, mit der Absicht, später einmal von dem Modell-Reichtum zu profitieren. Weniger beachtet wurde über Jahrzehnte hinweg die sicherere und letztendlich preiswertere Möglichkeit, aus den bereits bekannten und beliebten Modellen ausreichend Kapital zu schlagen. Erst die letzte und aktuelle Firmenführung hat die ungeheuren Möglichkeiten dieser Politik erkannt und aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten brillant in die Tat umgesetzt. Fakt ist: Gibson hat in den vergangenen 50 Jahren so viele Modelle entwickelt, dass selbst die Auflistung der weniger erfolgreichen den hier vorgegebenen Rahmen sprengen würde.
Begnügen wir uns damit, die besten der schlechtesten Entwicklungen des Unternehmens zu zeigen. Diese Auswahl sagt nichts über die eigentliche Qualität der Instrumente aus, sondern nur über ihren Erfolg beim Kunden Gitarrist.
Die Fünfziger
In diesem Jahrzehnt konzentrierte sich Gibson hauptsächlich auf die Entwicklung der Les Paul und brachte mit der Goldtop und Custom, aber auch mit den günstigen Junior- und Special-Modellen gut verkaufende Gitarren auf den Markt. Erst Ende der Dekade präsentierte man die Flying V und die Explorer, beide mit einer kantigen, extravaganten Linienführung, die im großen Gegensatz zu den konventionellen Kurvenlinien der ersten Gibson E-Gitarre standen. Vorwürfe, dass Gibson nur konservativ gestrickte Instrumente baue, veranlasste das Unternehmen, mit etwas völlig Neuem auf den Markt zu gehen.
Wie auch immer, diese radikalen, neuen Formen waren ihrer Zeit zu weit voraus und beide Gitarren erlagen einem schnellen wirtschaftlichen Tod. Jahre später wurden diese Modelle mit deutlich besserer Publikumsakzeptanz wiederbelebt, die eine stete Produktion verschiedener Varianten nach sich zog und auch so manchen Kopierer zu eigenen Versionen inspirierte. 1959 sorgte die Melody Maker für gemischte Blickwinkel und Eindrücke. Sie war eine konsequente Schülergitarre, zugeschnitten auf Anfänger mit wenig Raum im leeren Portemonnaie. Dem dünnen Korpus wurde zuerst ein einziger der Les Paul ähnlicher Cutaway verpasst.
Melody Maker 1964°
Zwei Jahre später änderte sich die Form erstmals – zwei stumpfe Cutaways prägten den Body, bis schließlich vier Jahre später eine SG-ähnliche Linie das endgültige Design festlegte. Ungeachtet dieser Modifikationen wurde die Melody Maker stets mit Singlecoils (einem, zwei und manchmal sogar drei) und einer einfachen Hardware-Ausstattung bestückt, die die Marktposition im Einsteiger-Segment definierte.
Die Sechziger
Unberührt von den negativen Erfahrungen mit der Flying V und Explorer präsentierte Gibson 1963 ein weiteres innovatives Instrument. Es war die Zeit, in der Gibson sich immer mehr auf Fenders Terrain hin bewegte. Ein Autodesigner wurde eigens für dieses Vorhaben engagiert. Das Resultat: Die erste Firebird-Serie, welche bestimmte Fender-Eigenheiten überdeutlich beinhaltete, brachte ein komplett neues, extremes Design mit neuer, „verkehrt“ ausgerichteter Korpusform (reverse) und einseitig an die Kopfplatte montierten Banjo-Mechaniken. Musiker und Händler waren jedoch nicht gerade begeistert, und zwei Jahre später entschloss sich Gibson, dieses schnittige Design vollkommen umzukrempeln.
Firebird III Reverse 1966°
Nach der Überarbeitung des Body (nun non-reverse) zeigte das Instrument deutlichere Fender-Eigenschaften, aber auch diese Modifikationen steigerten nicht die Verkaufszahlen. 1969 erlahmten die Flügel der Firebird, um später wieder wie ein Phönix aus der Asche aufzusteigen. Die ersten originalen Reverse-Modelle waren plötzlich in den Siebzigern mehr als beliebt, so dass Gibson das Modell neu auflegte. Es gehört seitdem zu den gefragtesten Modellen des Hauses. Im Gegensatz dazu blieben die Non-Reverse-Firebirds von Glück und Nachfrage leider verschont und gelten auch heute noch als ein ausgewachsener Misserfolg.
Firebird III 1964°
In den späten Sechziger Jahren nahm Gibson die Les-Paul-Produktion wieder auf und schon bald wurden zwei neue Modell-Varianten vorgestellt, mit denen einige originelle Ideen des Namensgebers umgesetzt wurden. Mit der treffenden Bezeichnung Les Paul Personal offerierte Gibson nun ein Instrument mit leicht vergrößertem Body, einem Paar gewinkelt angeordneter, niederohmiger Pickups und einer stationären Mikrofon(!)- Buchse. Die Ausstattung der Les Paul Professional mit ihrer ungewöhnlichen Schaltung war dem Schwestermodell sehr ähnlich, doch startete diese in einem günstigeren Preissegment. Dank dieser extravaganten Eigenheiten war es nicht verwunderlich, dass sich die Verkaufszahlen in engen Grenzen hielten. Denn die Musik, die Les Paul spielte und für die er solch eine Art Les Paul benötigte, war nicht mehr angesagt.
Les Paul Personal 1969°
Es dominierte der Rock und der Blues, und dafür braucht man keine niederohmigen Pickups! Gleich zu Beginn des nächsten Jahrzehnts sollten beide Modelle durch eine einzige Nachfolgerin ersetzt werden, der es auch nicht besser erging.
Die Siebziger
Das Debüt der Les Paul Recording war 1971. Viele Design-Merkmale der Personal und Professional vereinigte die Neue mit ihrem nun ein wenig kompakteren Chassis. Das überarbeitete elektrische Regelsystem sollte eigentlich vereinfacht und damit verständlicher werden, aber Besonderheiten der Schaltung wie Phasenumkehr- und Hi/Lo-Output-Schalter, eine separate Bass- und Höhenregulierung und einige Schmankerl mehr garantierten, dass bei Otto-Normal-Spieler immer noch Verwirrung herrschte. Gibson hat mit dieser, der komplexesten Les Paul aller Zeiten, schon angedeutet, was da in späteren Jahren noch auf uns zukommen würde.
Die Recording blieb immerhin neun Jahre lang unverändert im Programm. Die L-5S, vorgestellt 1972, kann am besten als die „Les Paul von einem anderen Stern“ bezeichnet werden. Die etwas vergrößerte Form mit dem typischen Einzel-Cutaway wies auf ihre Familienzugehörigkeit hin. Doch sind gleichzeitig viele Anleihen an der L-5 Arch-Top festzustellen: z. B. das Mehrfach-Binding, das fantasievoll gestaltete Ebenholz-Griffbrett und der schnörkelige Saitenhalter. Zunächst brüstete sich die L-5S mit den niederohmigen Pickups der Les Paul Recording und deren Vorgängerinnen, die hier jedoch unter vergoldeten Kappen saßen. Später sind diese Tonabnehmer durch konventionelle Humbucker ersetzt worden, und ein Standard-Stop-Tailpiece nahm den Platz des Saitenhalters ein.
Diese ungewöhnlich auffällige Gitarre fand sich 13 Jahre lang im Gibson-Katalog wieder, eine überraschend lange Produktionszeit für ein verhältnismäßig wenig vom Markt beachtetes Modell. Vielleicht war sie einfach nur ein gutes Demonstrationsobjekt, dass zeigte, welche Möglichkeiten die Firma besaß? Ein Jahr nach der L-5S erweiterte die L-6S Custom diese Instrumenten-Familie. Ein dünner, flacher Ahorn-Body und der 24- bündige Hals waren die auffälligsten Merkmale dieser Gitarre. Die beiden Humbucker mit ihrer unverwechselbaren Form gestaltete übrigens Bill Lawrence alias Billy Lorento alias Wilhelm Stich, der zudem die Schaltung um einen Sechsfach-Drehschalter erweiterte. Das Schwestermodell L-6S Deluxe folgte 1975 mit denselben Pickups, aber einer vereinfachten Schaltung und durch den Body geführten Saiten.
Beide Modelle wurden bis Anfang der Achtziger Jahre gebaut, erzielten aber bei weitem nicht die Gewinnerwartungen des amerikanischen Herstellers, obwohl solch renommierte Musiker wie Carlos Santana und Al DiMeola die L-6S spielten und für sie warben. Schon Ende der Fünfziger Jahre hatte Gibson bei der Entwicklung der dünnen Halbakustik-Gitarren hervorragende Pionierarbeit geleistet, und nun genossen sie schon seit Jahrzehnten den ansehnlichen Erfolg mit Modellen wie ES-335, ES-345 und ES-330. 1973 ging Gibson die Idee an, eine neue ES-Gitarre zu bauen, die ebenfalls den Namen des bekanntesten Gibson-Endorsers tragen sollte. Der Les Paul Signature wurde ein ES- 335-ähnlicher Korpus mit ungleichen Cutaways und die mit der ersten Les-Paul-Gitarre eingeführten Lackierung in Gold verpasst. Um den Les-Paul-Charakter beizubehalten, spendierte Gibson der Gitarre, die sich ja nicht wehren konnte, zwei niederohmige Humbucker.
Les Paul Signature 1976°
Das Layout der Regleranordnung erfuhr ebenfalls einige Veränderungen, und dies alles reichte aus, um das Kind wieder einmal in den Brunnen fallen zu lassen – schade eigentlich für ein Instrument, dass dem Thema Semiakustik-Gitarre einige neue Aspekte hätte bringen können. Die Marauder war ein weiteres Projekt zu einer Zeit, als Gibson nach neuen Marktmöglichkeiten für Solidbody-E-Gitarren Ausschau hielt, die eine vielseitige Performance versprachen. Diese Gitarre ähnelte in Form und Größe zwar noch einer Les Paul, doch eingefleischte Gibson-Fans wurden mit einem verschraubten Hals geschockt.
Dazu gab die Kopfplatte, die der Flying V entliehen war, ein noch fremdartigeres Outfit, und auch die Tonabnehmer wichen stark von der bekannten Gibson-Norm ab. Zwar stammen diese wiederum von Bill Lawrence, doch ein Humbucker am Hals und ein Singlecoil mit längs verlaufender Klinge am Steg, beide in Epoxydharz gegossen, hatte man bis dato noch nicht gesehen. Und wollte sie auch nicht sehen. Die Marauder assoziierte stets das Image der Unvollkommenheit, und die wechselhaften Qualitätskontrollen des Hauses Gibson zu jener Zeit trugen auch nicht gerade zur Verbesserung dieses Modells bei, so dass diese Gitarre von 1975 bis 1982 ein trauriges Dasein als Ladenhüter fristete, um dann endlich aus dem Programm genommen zu werden.
Ein Jahr nach der Marauder tauchte die S-1 auf der Bildfläche auf. Ihre direkte Abstammung von der Marauder kann sie nicht verbergen: Gleicher Body, verschraubter Hals und auch die Kopfplatte ihrer Vorgängerin waren eindeutige Zeichen. Die Elektrik stammte wiederum von Bill Lawrence, und ins Schlagbrett waren drei Singlecoils montiert, die tatsächlich Fender-ähnliche Töne produzierten und von einem Vierfach-Drehschalter angesteuert wurden. Obwohl sich Ron Wood in ganzseitigen Anzeigen zur S-1 bekannte, verkannten unglücklicherweise die meisten Musiker die vielfältigen Möglichkeiten der S-1, so dass diese wenig gekauft und nur bis Anfang der Achtziger Jahre gebaut wurde.
S-1 1976°
1977 beschloss Gibson alle bislang wichtigen Erfahrungen und Maßnahmen im Bau von Solidbody-Gitarren in der innovativen RD-Serie umzusetzen. Die Gestaltung des Body glich einer gemäßigten Firebird-Form, war jedoch etwas kurviger, und wurde mit einem Hals kombiniert, der endlich wieder von einer klassischen Gibson-Kopfplatte gekrönt wurde – ein merkwürdiges Sammelsurium neuer und alter Elemente. Es war jedoch die Schaltung, die die RD-Serie zu etwas Besonderem machte und auf den Stand der damaligen Zeit hievte. Während die RD Standard mit einer konventionellen Elektrik bestückt war, präsentierten sich die Custom und Artist mit einer aktiven Schaltung, die kein Geringerer als Bob Moog, damals mit seiner Firma ebenfalls wie Gibson unter den Fittichen des Norlin-Konzerns, entwickelt hatte.
Bässe und Höhen konnten separat geregelt werden, und dem Flaggschiff, der RD Artist, wurden zudem noch Kompressor- und Expander-Effekte spendiert. Leider schienen all diese neuen Funktionen die meisten Gitarristen zu überfordern, die zu allem Überdruss bis dato keine Freunde von batteriebetriebenen Instrumenten gewesen waren. Und diese Schaltung war ein regelrechter Batterie-Fresser! All dies ließ das mit großen Plänen gestartete RD-Vorhaben in den frühen Achtzigern scheitern.
RD Artist 1978°
Kurz vor dem Aus der RD-Instrumente versuchte Gibson noch einiges des einst viel versprechenden Projektes zu retten und versah Les Paul-, SG- und ES-Modelle mit aktiven Elektroniken, doch selbst diese bekannten, beliebten und erfolgreichen Designs fanden in ihrer aktiven Form nur wenige Freunde.
Die Achtziger
Mit der Sonex startete Gibson in das folgende Jahrzehnt, das eine Menge an Aufregung brachte. Und Höchstanstrengung der Gibson-Verantwortlichen, mit preiswerten Instrumenten den aus dem fernen Osten einströmenden und preislich sehr attraktiven Gitarren Paroli bieten zu können. Der Sonex-Body mit nur einem Cutaway zeigte deutlich die Les-Paul-Verwandtschaft, aber Konstruktion und Baukomponenten deuteten eine andere Marschrichtung an. Ein mehrteiliger Body, der verschraubte Hals und ein Schlagbrett mit zwei integrierten Humbuckern plus entsprechender Elektrik waren die auffälligsten Merkmale.
Dennoch, Gibsons Bemühungen scheiterten, der erhoffte Erfolg blieb aus. Die Sonex war weder preislich richtig attraktiv noch hochwertig genug, um neue Kunden zu gewinnen bzw. den qualitativ besseren und kostengünstigeren JapanGitarren die Stirn zu bieten. Nach fünf Jahren wurde die Sonex-Produktion eingestellt. Die 335-S erschien ebenfalls 1980 als eine massiv (!) gebaute Schwester der ES-335. Natürlich musste der Korpus wegen des hohen Gewichts der Voll-Mahagoni-Konstruktion ein wenig verkleinert werden, doch mit den beiden Cutaways sollten Stil und Charme des erfolgreichen Originalmodells transportiert werden.
Konstruktion, Hardware und die Ausstattung mit zwei Humbuckern und dem Gibson-typischen Regler-Layout brachten Altbewährtes. Anders als der Standardversion wurde der Deluxe und der Custom ein Schalter zur Umschaltung auf Singlecoil-Betrieb spendiert. Das schlichte, effektive Design der 335-S ist ein bemerkenswertes Beispiel für ein wenig aufregendes, aber zuverlässiges Arbeitsgerät, welches dennoch kaum Interesse unter den Gitarristen fand und nach zwei Jahren wieder in der Versenkung verschwand. Mit einem publikumswirksameren Aussehen und der sehr optimistischen Bezeichnung Victory schob Gibson 1981 ein neues Projekt an, um wieder einmal in den Fender-Gefilden zu wildern.
Victory MVX 1982°
Der asymmetrische Body erinnerte in seiner Form eindeutig an den California-Style, die einseitig mit Mechaniken bestückte Kopfplatte und ein Schlagbrett, dass alle elektrischen Teile trug, verstärkten diese Tendenz. Die MV-II arbeitete mit zwei Humbuckern, die MV-X erhielt Singlecoils für Fender-ähnliche Sounds. Trotz all dieser neuen Merkmale wechselten (Fender-) Gitarristen nicht zum neuen Gibson-Konzept und nach drei Jahren musste der Hersteller eingestehen, sich ausgerechnet mit der Victory erneut eine Niederlage eingehandelt zu haben. Zwischen 1982 und 1984 wurde die äußert ungewöhnliche Corvus gesichtet, ein Modell, das eher zu einem kleinen, abgefahrenen Hersteller denn zu der großen Weltfirma Gibson gepasst hätte.
Corvus III 1983°
Dass dem nicht so war, lässt sie in einem umso merkwürdigeren Licht erscheinen. Der Form des Korpus erinnerte an einen großen Dosenöffner, und die einseitig bestückte Kopfplatte thronte auf einem angeschraubten Ahornhals. Die Corvus erschien in den Varianten I, II, und III, wobei die Zahlen der Modellbezeichnung die Anzahl der Pickups angaben. Aufsehen erregende Farben sollten zudem den optischen Eindruck verstärken, den diese Gitarre ohne Zweifel zu hinterlassen im Stande war. Zur selben Zeit produzierte Gibson noch die Futura, eine Hochpreis-Variante der Corvus mit durchgehendem Hals und zwei Humbuckern. Dass zwischen all diesen neuen Designs urplötzlich die Wiederbelebung und Aufwertung einer eigenen Legende eingeschoben wurde, hatte nichts mit einer urplötzlichen Vision zu tun, sondern damit, dass ein anderer amerikanischer Hersteller bereits mit einem nahezu gleichen Modell Erfolge und Marktanteile gesammelt hatte.
Die Gibson Spirit, 1983 vorgestellt, erinnert gleichermaßen an die Double-Cutaway-Version der Les Paul Special aus den 50er Jahren, wie auch an die Hamer Sunburst, die in den 70er Jahren auf den Markt gekommen und überraschend erfolgreich war. Die Spirit war also eine Kopie einer Kopie und konnte trotz der offensichtlich vorhandenen Qualität nicht einmal an Hamers Erfolge anknüpfen, denn kaum einer wollte eine Gibson Solidbody mit Double-Cutaway haben. Daran änderten die verschiedenen Versionen der Spirit, die teilweise mit Kahler-Vibrato und spitzer „Rock“-Kopfplatte (Spirit II XPL) ausgeliefert wurden, natürlich überhaupt und erst recht nichts.
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Die Erfolgs-Story der so genannten „Super Strats“ in den 80er Jahren wurde auch von Gibson zur Kenntnis genommen, und schon bald sollte die Antwort aus Nashville auf diesen neuen Trend folgen. Mit Hilfe von Wayne Charvel, der mit seinen eigenen RockMaschinen mitverantwortlich für den neuen Boom gewesen war, entstanden zwei neue Gibson-Modelle. Die SR-71 und die WRC, beide 1987 präsentiert, zeigten deutliche Charvel-Anleihen plus aller notwendigen Super-Strat-Spezifikationen wie einem Floyd-Rose-Vibrato und heiß gemachten Pickups.
Ein Jahr zuvor waren die US-1 und U-2 auf den Markt gebracht worden, die in denselben Gewässern fischen sollten und sehr viel Ähnlichkeiten zu den oben genannten Gitarren besaßen. Mangelnde Qualität war wie bei den meisten hier aufgeführten Gitarren nie das Problem, doch der Imagekonflikt mit der Marke Gibson sorgte für Kopfzerbrechen. Kein Gitarrist erwartete und vermutlich wünschte sich auch nicht z. B. eine spitze, einseitig aufgebaute Kopfplatte mit dem Gibson-Logo. So kam es, dass keine dieser Gitarren das folgende Jahrzehnt erlebte und Gibson endgültig beschloss, den Bau dieser Gitarrentypen Herstellern mit dem „richtigen“ Image zu überlassen.
US-1_1987°
Die Neunziger
Unter der neuen Führung, die die Geschicke der Firma seit einigen Jahren lenkte, entschied Gibson sich, wieder verstärkt auf alte Werte zu setzen und damit ihr Geld zu verdienen; denn alle Mühen, Neues vorzustellen, verliefen zu oft im Sand. Der Drang zu weiteren Experimenten war aber nicht vollständig verloren gegangen. Ab und zu brach er wieder aus, z. B. mit den 1991 geborenen MIII– und M-IV-Modellen. Diese Gitarren wurden durch ihr äußerst eigenständiges Design bekannt: ein großes, nach links abschweifendes oberes Korpushorn und ein Ahorn-Griffbrett mit pfeilspitzenartigen Inlays und Reversed-Kopfplatte.
M-III Standard 1991°
Das Arrangement der Tonabnehmer bestand aus zwei Humbuckern mit einem dazwischen gesetzten Singlecoil, umrahmt von einem kleinen Schildpatt-Schlagbrett. Eine neuartige, aufwändige Schaltung und ein Floyd-Rose-Vibrato gab es schon in der einfachen Serien-Ausführung. Merkmale genug, um der Gitarre eine gewisse Qualität und den Konstrukteuren Intelligenz zu bescheinigen, die aber auch die Vorhersage eines schlechten Ausgangs für dieses Modell zuließen. Diese Gitarre bewegte sich einfach zu weit abseits der Gibson-Norm! Und trotz einiger gemäßigt gestalteter Folgexemplare gab es nach 1995 keine M-Serie mehr.
Die Moral von der Geschicht Seitdem hält sich Gibson mit neuen Versuchen stark zurück und verschont Musiker mit wagemutigen Neuheiten. Neuauflagen, Reproduktionen und Instrumente mit geringen Detailverbesserungen prägen heute das Gros der Nachfrage und der Produktion. Die große Anzahl diverser Varianten etablierter Modelle im Katalog des Herstellers zeugen davon, dass die ehemals große Risikofreudigkeit durch einen allzu starren Markt, in dem Image mehr bedeutet als Qualität, therapiert wurde. Heute werden nur noch im Custom Shop ab und an neue und meist interessante Gitarrenkonzepte entwickelt, die, wenn sie sich dort bewährt haben, sprich: eine gewisse Nachfrage erkennbar ist, in die Serienproduktion gehen, entweder im Custom Shop selbst oder aber bei der Schwesterfirma Gibson Electric.
Gute Beispiele für solche neuen Modelle, die aus dem reinen Experimentier-Stadium zur Serienreife gelangten, sind die Halbresonanz-Modelle ES- 135, ES-137, ES-336 und ES- 446. Sicherlich sind diese Gitarren keine aufregenden Eye-Catcher wie so manch schräger Vogel in diesem Artikel, aber ihre Konstruktionen bergen einige interessante Details, die den zeitgenössischen Gitarrenbau ein Stück weitergebracht haben.