Nach der Meldung über die Modern Flying V, gibt’s direkt die nächste News von Gibson. Mit der Les Paul Boogie Van bietet der Custom Shop eine neue Optik in fünf unterschiedlichen Varianten an, welche die Geschmäcker bestimmt spalten dürften.
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Angelehnt sind die Finishes (Nitrolack) an die Lackierungen alter Vans der 70er Jahre, jeder besteht aus einer Kombination von drei Farben. Neben Les-Paul-typischen Mahagonikorpus mit Ahorndecke, findet man einen dreiteiligen Ahornhals im “70s Style” und ein Griffbrett aus Richlite (ein Stoff, der aus recyceltem Papier und Harz hergestellt wird), so wie auch bei der neuen V. Als Tonabnehmer sind zwei Super ’74 Humbucker verbaut, die Hardware ist komplett verchromt.
Zur Auswahl stehen:
A Squad
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Street Race
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Bell Bottom
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Super Hero
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Stardust
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Da es sich um Custom-Shop-Instrumente handelt, fällt natürlich auch ein entsprechender Preis in Höhe von $ 4999 an. Was denkt ihr? Top oder Flop?
Weitere Informationen zur neuen Les Paul Boogie Van gibt es unter: www.gibson.com
Die Gitarren mit dem einteiligen, gekammerten Mahagonikorpus und zweiteiliger Ahorndecke werden in den vier Farben F1 Orange, Diablo Yellow, Stallion Red und Ebony angeboten.
Wie auch bei vielen anderen neuen Gibson-Modellen, findet man auch hier wieder einen Mahagonihals mit Richlite-Griffbrett. Ansonsten bleibt alles wie gewohnt: 24,75″-Mensur, 22 Medium-Jumbo-Bünde, 12″-Griffbrettradius. Statt Kunststoff wird für den Sattel allerdings Graphit verwendet. Als Pickups sind zwei EMG Humbucker (Neck: EMG-85, Bridge: EMG-81) verbaut.
Preislich muss man sich dann aber auch auf stolze $ 4899 einstellen.
Weitere Informationen zur neuen Gibson Les Paul Custom Chambered Blackout gibt es unter: www.gibson.com
Q: Meine Gibson Les Paul Traditional von 2015 leidet unter statischer Aufladung des Lacks. Recherchen in diversen Foren haben ergeben, dass das häufiger vorkommen soll und nicht nur bei den günstigeren Modellen. Angeblich soll es etwas mit der Art zu tun haben, wie Gibson möglichst effizient lackiert. Bei mir ist es immerhin nicht der Hals und auch nicht die Decke, die sich statisch aufladen, sondern nur die Korpusrückseite und die Zargen, die auf Berührungen empfindlich reagieren. Am empfindlichsten ist die Stelle genau unter dem Hals-Pickup. Bei mehr Gain kommt aus dem Verstärker ein deutlich hörbares Kratzen.
Eine Lösung, die in einem Forum genannt wurde, funktioniert merkwürdigerweise: Abreiben mit einem Trocknertuch (Lenor Aprilfrisch!). Das hält beim Spielen auch eine ganze Weile an, am nächsten Tag muss ich jedoch wieder nachpolieren. Antistatische Putztücher für Fotokamerabedarf oder Schallplatten helfen hingegen gar nicht. Mal abgesehen davon, dass das sicher nicht im Sinne des Erfinders ist, ist die chemische Ausrüstung von Trocknertüchern auf Dauer aber sicherlich auch für den Lack nicht gut. Ist zu diesem Phänomen etwas bekannt, möglicherweise gar eine Lösung?
Martin Ring (G&B-Leser)
A: Elektrostatische Knisterprobleme häufen sich in den Wintermonaten. Die Luft ist trocken, es wird kaum elektrostatische Aufladung über die Luft abgeleitet und von daher sucht sich die Aufladung den nächsten einfachen Weg, um sich irgendwo gegen Masse zu entladen. Bei der Gitarre stellen alle mit Masse verbundenen Metallteile die Entladungspunkte dar. Trifft die Ladung auf Masse, knistert es.
Abhilfe verspricht eine möglichst kurze Wegstrecke, damit sich zur Entladung weniger Spannung aufbauen muss und diese leiser bis möglichst unbemerkt abfließt. Bei Fender-ähnlichen Instrumenten verspricht die komplette Abschirmung des Schlagbretts Linderung bis komplette Beseitigung der Symptome. Bei Gibson-ähnlichen Modellen ist da oft wenig möglich. Etwas Linderung bringt aber auch hier die komplette Abschirmung von E-Fach- und Schalterfachdeckel. Wichtig ist dabei, dass diese abgeschirmten Platten dann auch wirkungsvoll mit Masse verbunden werden, sonst hat die Aktion keinen Sinn.
Die Abschirmung erfolgt in zwei Schritten:
1.) Schlagbrett bzw. Deckel auf der Rückseite komplett mit Graphitlack besprühen (Kontakt Chemie 33 Graphitspray) und trocknen lassen.
2.) Die Fläche mit selbstklebender Kupferfolie (http://noll-electronic.de/shielding) abkleben. Dabei darauf achten, dass eine Lage dicht neben der anderen verlegt und mit einem Hammer fest gehämmert wird. Danach Folienbahn für Folienbahn mit einem winzigen, ganz kurz angesetzten Lötpunkt miteinander verbinden. Diese Lötpunkte können nach erkalten auf ein Minimum abgeschliffen werden. Zwar verspricht der Hersteller eine leitende Verbindung des Kupfers auch durch den Klebefilm, was sich aber in der Praxis immer wieder als Irrtum herausstellt.
Nun zur Ursache, also der Entstehung der elektrostatischen Aufladung. Wer mit einem Plastikkamm durch die Harre fährt kennt das Problem: Die Haare bleiben am Kamm hängen. Nichts anderes passiert an der Gitarre: der lackierte Korpus wird durch Bewegung über die Kleidung aufgeladen. Nun könnte man versuchen, beim Haarekämmen einen Metallkamm zu benutzen – oder beim Gitarre spielen eine Kleidung ohne Kunstfasern und ohne Wolle. Beides ist jedoch besonders bei Winterkleidung häufig vorhanden. Kleidung komplett aus Baumwolle lässt das Problem jedoch kaum entstehen.
Weiterhin hilft es, Schuhe ohne Gummi- oder Plastiksohlen zu tragen. Denn diese leiten kaum elektrische Ladung. Weiterhin sollten man nicht auf Teppichboden stehen … und wenn doch, dann wenigstens auf antistatisch behandelten Teppichböden, die es ja auch gibt. Schon ein simpler Luftbefeuchter könnte ebenfalls das Problem minimieren.
Problem Lack: Ja, das ist Kunststoff … wie ein Kunststoffkamm. Reibt man dran, lädt er sich elektrostatisch auf. Gibson verwendet Einkomponentenlacke, sogenannte Nitrolacke, und die haben keine komplett geschlossene glatte Oberfläche. Diese Oberfläche ist also so beschaffen, dass sich allerlei Schmutzpartikel daran festhalten. Da Einkomponentenlacke nicht säurefest sind, verschmelzen Schmutz und Lack schon gerne mal zu einer Art „Lackoxydschicht“. D. h., die Oberfläche wird matt und relativ rau. Und alles, was besonders rau ist und mit Kunstfaserklamotten „gerieben“ wird, lädt sich elektrostatisch besonders leicht auf.
Jetzt könnte man natürlich der Firma Gibson zurufen: Nehmt keinen Nitrolack! Aber gerade das ist ein besonderes Feature von Gibson – und nicht nur von denen. Auch lässt sich Nitrolack weder besonders effektiv noch besonders schnell verarbeiten, das geht mit modernen Zweikomponentenlacken allemal schneller und billiger. Aber auch Gitarren, die mit Polyurethan oder Polyester lackiert werden, kennen diese Probleme, wenn auch seltener. Nichtlackierte Instrumente, also solche mit geölter Naturholzoberfläche, kennen das Problem indes überhaupt nicht.
Was man tun kann, liegt also, abgesehen von den o. g. Abschirmmaßnahmen, auf der Hand: Polieren! Und zwar mit einer richtigen Lackpolitur, etwa dem Dunlop Restore Polish, oder dem Planet Waves Restore Finish oder mit Nigrin-Lackreiniger für verwitterte Lacke aus dem Baumarkt. Diese leicht abrasiven Polituren entfernen alle auf dem Lack anhaftenden Partikel. Anschließend mit Dunlop Guitar Polish & Cleaner bzw. dem Gibson HiGloss Guitar Polish drüber polieren. Dann sollte für einige Zeit Ruhe sein. Vielleicht haben wir dann auch das Ende der Heizperiode und damit die Zeit der erhöhten Luftfeuchtigkeit erreicht, bei der das Phänomen genau so unmerklich verschwindet, wie es gekommen ist.
Bekanntlich hat der Gibson Custom Shop im vergangenen Jahr die Serienproduktion von Historic Les Pauls beendet und beschränkt sich nunmehr auf Limited Editions und Sonderanfertigungen. Da das Musikhaus Session einen besonders guten Draht zum US-Hersteller pflegt, ordert es hin und wieder Kleinstserien nach eigenen Vorgaben.
Was zunächst nach Schlaraffenland für Gitarristen anmutet, ist de facto gar nicht so einfach. Der Optionenkatalog von Gibsons Custom Shop ist nämlich ganz schön umfangreich und so kann die Wahl schnell zur Qual werden. Entstanden sind zwei Les-Paul-Modelle, die nicht etwa durch revolutionäre Neuerungen auffallen, sondern durch spezielle Kombinatio
nen von alten und zeitgemäßen Features. Einziger Haken: Von jedem Modell wird es lediglich 5 Exemplare weltweit geben.
viel neues?
Der Custom Shop bietet den Vorteil, dass der Kunde die vorgesehenen Hölzer nach Qualität, Gewicht und Optik aussuchen kann. Allerdings liegt die Auswahl meist in Händen der Gibson-Mitarbeiter, da der Kunde ja eher selten vor Ort ist. In jedem Fall aber lässt der Begriff „handselektiert“ aufhorchen, der zumindest auf das hier verarbeitete Mahagoni und die Riegelahorndecke zutrifft. Sämtliche hölzernen Komponenten wurden – wie in den 50ern – mittels Knochenleim zusammengefügt. Zudem besitzen unsere beiden Players-Cut-Modelle die gleichen Spezifikationen der letzten Reissues von Ende 2016, sind also näher am historischen Original als je zuvor. So auch die verwendeten True Historic Plastic Parts, die ja vor ein paar Jahren per 3D-Scanner von Originalen vermessen und detailgetreu nachempfunden wurden. So besitzen auch alle Creme-Bindings eine authentische Tönung und keine rot ausblutenden Verfärbungen unter dem Klarlack. Braune Kunststoffplatten decken die EFächer ab, die trotz P-90 Singlecoil keine Abschirmung aufweisen. Die inzwischen obligatorische Gibson-Custom-Metallplatte, die gegen den beiliegenden Kunststoffdeckel getauscht werden kann, verschließt die Schalterkammer. Ebenso zählt das cremefarbene Pickguard inklusive Metallbügel und geagten Schrauben zum Lieferumfang. Vorbohren muss der zukünftige Besitzer allerdings noch selbst.
Mit langem Fuß (Long Tenon) hat man die Mahagonihälse in die Bodies geleimt und die Übergänge fließend abgeschrägt, wie man das von der Les Paul Axxess kennt. Aus ergonomischer Sicht macht das durchaus Sinn, den Traditionalisten wird es möglicherweise stören. Obwohl man dem Wrong-Green-Modell den Hals einer Les Paul Custom – mit großer Kopfplatte, Split Diamond Inlay und weiß-schwarzem 5-fach-Binding – spendiert hat, findet statt des traditionellen Ebenholz- ein Palisandergriffbrett mit weißen Randeinfassungen Verwendung. Hier wie dort wurden die zwischen den Bindings eingelassenen Bünde perfekt bearbeitet und poliert, die Trapez- bzw. Block Inlays präzise eingesetzt. Optimal aus- und abgerichtete Nylonsättel führen die Saiten zu den geschmeidig und präzise agierenden Kluson Deluxe bzw. Grover Rotomatics Tunern.
Als Stege kommen Non Wire ABR1 Bridges, als Saitenhalterungen klassische Alu-Stoptails zum Einsatz, alles dezent geaged. Da schon von den Gibson BFG Les Pauls bekannt, stellt die Pickup-Ausstattung bestehend aus P-90 am Hals und Humbucker in der Stegposition ebenso wenig eine Neuheit dar wie die klassische Schaltung mit Toggle Switch, zwei Volume- und zwei Tone-Reglern. Allerdings würde ich mir von Gibson endlich deutlich leichtgängigere Potis wünschen, deren Handhabung aufgrund der kleinen, wenig griffigen Knöpfe alles andere als komfortabel ist.
Das Nitro-Finish beider Gitarren lässt perfekte Lackier- und Polierarbeit erkennen, auch wenn die VOS-Oberfläche immer leicht verschmiert anmutet. Obgleich Gibson die Lacke dünn aufträgt, sind keinerlei Unebenheiten entlang der Holzmaserungen auszumachen. Während der Farbton der Burst, den Session übrigens von der Collector‘s Choice #28 Ronnie Montrose übernommen hat, bestens gelungen ist, bedarf das Wrong Green der Kollegin bei Traditionalisten der Gewöhnung, auch wenn es die Flammung der Decke sehr schön in Szene setzt.
Gibson wendet die Gewichtsreduzierung von Les Pauls schon seit vielen Jahren an, genauer gesagt: Seit den 1980er Jahren. Denn leichtes Mahagoni war schon damals teuer und seltener geworden. Auch von den Gitarristen, die sich in den 1970er Jahren notgedrungen 4,5 kg und mehr um den Hals hängen wollen, hatten nur wenige überlebt. Also machte man die Les Paul durch neun große, runde Löcher im Mahagoni-Korpus, die dann von der Ahorndecke verdeckt wurden, erträglicher.
Diese eher aus der Not geborene Maßnahme wird heute plakativ mit Traditional Weight Relief bezeichnet. Laut Gibson soll sich diese Methode nicht auf den typischen Sound einer Les-Paul-Gitarre auswirken.
Die zweite Maßnahme ist das so genannte Chambering, das der Les Paul aufgrund seiner wirklich großzügigen Ausfräsungen einen schönen Hauch von Semiakustik verleiht – sowohl vom Gewicht her als auch vom Sound.
Das neue Modern Weight Relief wurde für die 2014er Serie erstmals eingeführt – kleinere, ellyptisch geformte Löcher, im Gibson-Duktus „sound chambers“ genannt, sind rundum im Mahagoni-Korpus verteilt. Laut Gibson soll dies Feedback bei hohen Lautstärken verhindern, die mitunter bei den „Chambered“-Modellen auftreten können.
A: Was ist eine normale Les Paul? In Spielerkreisen gilt ein Gewicht von 4 kg im allgemeinen als ideal für eine Les Paul. Wobei es da nicht nur um das Gewicht an sich, sondern um ihr Klangverhalten, ihren Sound geht. Ein Gewicht von 4 kg bedeutet, dass nicht zu schweres Mahagoni genommen wurde, was für einen luftigen, eher transparenten Sound eine wichtige Grundlage darstellt. Das ist natürlich eine Art Vintage-Sound, der hier als Messlatte dient. Es gibt leichtere Les Pauls bis hinunter zu 3,5 kg, die alle diesen Vintage-Toncharakter besitzen. Dann gibt es aber viele schwerere Les Pauls bis hin zu unfassbaren 6 Kilo Lebendgewicht! Auch diese schweren Les Pauls haben ihre Fans, weil sie eben einen eher kompakten, direkten Sound produzieren, der sich bei stark verzerrenden Amps sehr gut durchsetzt.
Mit EMGs, und mit Sicherheit kein Leichtgewicht: Die Gibson Zakk Wylde Bullseye Les Paul Custom
Eine schwere Les Paul Custom, bestückt mit EMG-Pickups, gilt als eine der archetypischen Gitarren des Metals. Und das aus gutem Grund, denn in dem Umfeld hätte eine Vintage-Les-Paul schlechtere Karten. Du sprichst oben von einer normalen Les Paul – dann lassen wir mal all die „chambered“ und anderweitig ausgefrästen Les Pauls mal außen vor. Denn die gibt es natürlich auch, und deren Gewicht liegt eigentlich auch immer unter 4 kg, klanglich unterscheiden sich diese dann aber doch von den „normalen“ Les Pauls.
Es lag schon lange in der Luft und in den letzten Monaten wurde viel spekuliert. Jetzt ist es amtlich. Am 1.5.2018 hat der US-amerikanische Konzern Gibson Insolvenz angemeldet. Exakt wurde nach amerikanischem Recht Bankruptcy Protection nach Chapter 11 beantragt. Dieser beinhaltet Gläubigerschutz und die Firma will versuchen, sich innerhalb eines Jahres zu retten. Im Editorial der Ausgabe April 2018 habe ich die Gründe aufgeführt, warum es Gibson schlecht geht: Die Firma ist von ihrem Kerngeschäft zu weit abgewichen.
Wandel von Gitarre zu Consumer Electronics
Harvard Absolvent Henry Juszkiewicz hat vor 32 Jahren Gibson für 5 Millionen Dollar gekauft und damals vor dem Untergang gerettet. Er hat anfangs vieles richtig gemacht, den Custom Shop aufgebaut, auf alte Werte gesetzt, Gibson Akustik-Gitarren in Montana bauen lassen und wieder die Qualität auf altes Niveau gehoben. Als Slash mit Ende der 80er der neue Gitarren-Hero wurde, hat Gibson unglaublich profitiert und die Les Paul wurde zu ungeahnten Höhenflügen getrieben, es wurden Stückzahlen verkauft wie nie zuvor. Vintage-Modelle von Gibson und Fender begannen ihren Siegeszug und deren Preise stiegen ins unermessliche. Gibson reagierte mit möglichst originalgetreuen Replicas aus dem Custom-Shop, und die Preise wurden noch weiter in die Höhe getrieben.
Henry Juszkiewicz kaufte Gibson im Jahr 1986 °
Aber Juszkiewicz und sein Partner Dave Berryman haben in den vergangenen Jahrzehnten die Firma mit den Stammmarken Gibson und Epiphone künstlich aufgeblasen: Marken wie Steinberger, Valley Arts Guitar, Kramer, Tobias, Dobro, Maestro, Slingerland, Wurlitzer, KRK und Baldwin wurden hinzugekauft. Und dann in den letzten Jahren einen Wandel von der Guitar Coorporation zu einer Electronic Company vollzogen. Was haben Marken wie Onkyo, Teac, Tascam und die Unterhaltungssparte von Philips mit Kopfhörern, Lautsprechern und DJ-Equipment mit einer Gitarrenfirma zu tun? Natürlich hat Henry J. auch im Gitarrenbereich krasse Fehler begangen – als er mit aller Macht die Auto-Tuner durchsetzen wollte, als er Modelle schuf, die keiner wollte. Als er Unsummen in eine Digitale-Gitarren steckte, die keiner wollte.
Völlig an der Zielgruppe vorbei: Gibson Firebird X °
Vertrieb
Auch hat er vor Jahren mit seinen gut funktionierenden Vertriebsfirmen gebrochen und einen Direktvertrieb aufgebaut. Er reduzierte die Anzahl der Händler drastisch, machte Knebelverträge mit Abnahmeverpflichtungen, war einer der ersten, der seine Instrumente (mit mäßigem Erfolg) über Amazon verkauft. Seine Standardmodelle wurden immer günstiger (weit unter € 1000), und waren damit direkte Konkurrenten der eigenen Marke Epiphone. Und die Qualität dieser Gibson-Instrumente war nicht so, wie man es von einer solchen Brand erwartet. So entstanden immer wieder Gerüchte, diese Instrumente würden nicht in den USA gefertigt. Zusätzlich wurden dann noch die ungeliebten 2015er Instrumente mit den Autotunern zu Spottpreisen auf den Markt geworfen. Alles nicht zum Vorteil des Images.
Erzeugte verhaltene Resonanz: Das G Force Autotuning System, erfunden von der deutschen Firma Tronical, war im Jahr 2015 standardmäßig auf allen USA-Standard-Gitarren verbaut. Ob man wollte, oder nicht. Dazu wurden die Hälse, wohlgemerkt bei gleichbleibendem String-Spacing, auf nahezu Acoustic-Gitarren-Maße verbreitert. °
Schulden
Aber noch schlimmer war, dass Henry J. im Stile Griechenlands seinen Schuldenberg immer weiter vergrößerte, weil er weitere Firmen hinzukaufte, um mit den dafür genehmigte Krediten andere Schulden zu begleichen. Nur zum Vergleich: Mit Gibson Gitarren wurde zur guten Zeit ein Umsatz von ca. 300 Millionen Dollar erreicht, sein Gesamtunternehmen macht einen Umsatz von ca. 1,3 Milliarden Dollar. Aber keinen Gewinn. Die Schuldensumme, die er bis Mitte 2018 hätte umschulden müssen, beträgt ca. eine halbe Milliarde Dollar. Zu allem Überfluss hatten alle Rating-Agenturen Gibson komplett runtergestuft.
Die Rettungsversuche, die Gibson bis dahin unternommen hat, wirken daher eher lächerlich: Das Gibson-Fabrikgebäude im Stadtzentrum von Memphis wurde für 18 Millionen Dollar verkauft, ein Baldwin Piano Lagerhaus im Nashville für 8 Millionen, das Valley Arts Gebäude in der gleichen Stadt steht ebenfalls zum Verkauf (nochmals 10 Millionen). Die Softwarefirma Cakewalk wurde abgegeben. Alle Fabriken sind von Kürzungen betroffen. Im Nashville Custom Shop lief bereits die zweite Entlassungswelle, und nochmals 15 verdiente Mitarbeiter mussten gehen, nachdem vor einigen Monaten schon Arbeiter und Führungskräfte entlassen wurden. Das Finanzproblem machten sich auch in die Produktqualität, Qualitätskontrolle, Service und Vertrieb bemerkbar.
Jetzt haben die Banken, die den größten Batzen der Schulden tragen, den Stecker gezogen. Endlich.
Es gab keinen anderen Ausweg mehr als den Insolvenz-Antrag zu stellen. Die aktuellen Pläne sehen vor, dass Gibson sich wieder auf sein Kern-Geschäft, die Musik-Instrumente, konzentriert und sich von allem anderen Geschäftsteilen trennt, wie z. B. der Sparte Gibson Innovations, in der Philips, TEAC und anderes integriert waren.
Die beiden CEOs Henry Juszkiewicz – dem immer noch 35% der Firma gehören – und Dave Berryman sollen für die Übergangszeit als Consultants zur Verfügung stehen, werden aber danach auf Drängen der Banken die Firma verlassen (Makaber: mit einer satten Abfindung). Für den Umbau werden nochmals 135 Millionen Dollar benötigt, die von den Banken zur Verfügung gestellt werden sollen. Viele der alten Kreditgeber werden leer ausgehen, viele Gläubiger – also Holzlieferanten, Hersteller in Asien, die z. B. die Epiphone-Gitarren gebaut haben, Lieferanten von Saiten, Pickups und viele mehr, werden erst mal auf ihren Rechnungen sitzen bleiben und – wenn überhaupt – erst nach der Konsolidierung entschädigt. Aber vermutlich werden auch sie auf ihren Forderungen sitzen bleiben.
Einige werden sich die Frage stellen, warum die Firma oder der Gibson-Anteil Konzern nicht einfach verkauft wurde? Interessenten gäbe es genug. Die Antwort: Weil es keinen Sinn macht. Juszkiewicz hat schon Recht früh, als er in Geldnöte kam, die Markenrechten, die Patente und sogar die Fabriken in Nashville an Banken verkauft, und dann zurückgeleast. Das bedeutet, ein Käufer würde nur einen kleinen Teil erwerben, aber die Schulden übernehmen müssen.
Aktuell entscheidet ein Richter in Delaware darüber, ob der Insolvenz-Antrag angenommen wird.
Auf Messen war Gibson schon seit Jahren nicht mehr vertreten, auf der letztjährigen Musikmesse war die Gibson-Präsenz dem Musik Store Köln zu verdanken.
Die Gitarre ist tot – die Gitarre lebt
Die ständigen Negativmeldungen aus Nashville haben dazu geführt, dass in der weltweiten Presse schon vom Untergang der E-Gitarre gesprochen wurde. Aber das ist nicht richtig. Die Branche lebt, die Gitarre lebt, und die großen Player wie Fender und die US-Ladenkette Guitar-Center müssen sich konsolidieren. Klar: Die alten Gitarrenhelden wie Eric Clapton, Jimmy Page, Jeff Beck, Jimi Hendrix, Angus Young und Eddie van Halen sind nicht mehr die Vorbilder der neuen Generation. Aber so war es auch in den 60ern, als die Helden der 50er Jahre – Jimmy Smith, Chuck Berry, Elvis, Joe Pass, Kenny Burell ‒ in den Hintergrund gedrängt wurden. Heute sind Joe Bonamassa, John Mayer, Ed Sheeran oder Taylor Swift die Vorbilder. Die Gitarre ist nicht tot, es werden immer noch unfassbar viele hergestellt und verkauft, und das ist gut so.
Drücken wir die Daumen, dass es den Insolvenzverwaltern und den Banken gelingt, die Marke Gibson zu retten. Auch im Sinne der anderen Marken. Denn nur ein gesunder Markt mit konkurrenzfähigen Marken ist ein guter.
Gibson-Konzern
Die Firma Gibson besteht aus folgenden Unterfirmen, allesamt sind von der Insolvenz betroffen:
Les Pauls aus ihren drei Jahrgängen, von links: 1958, 1959 und 1960°
In diesem Artikel widmen wir uns voll und ganz der Gibson Les Paul! Hier erfährst du alles über die Geschichte und Entstehung der Les Paul, über die verschiedenen Modellreihen, den Gebrauchtwert von Gibson-Gitarren sowie alles zum Thema Gibson-Seriennummern.
Die Entstehung der Gibson Les Paul: Modell mit Geburtsfehler
„Sie werden überrascht sein, aber ich bin keine Gitarre.“ So pflegte der Gitarrist Les Paul sein Publikum zu begrüßen, wenn er einmal in der Woche ein Konzert in einem New Yorker Club gab. Da war er schon über 90 Jahre alt. Bis kurz vor seinem Tod 2009 trat er im Iridium regelmäßig auf. Im Sommer 2015 wäre Les Paul 100 Jahre alt geworden – eine Legende war er schon zu Lebzeiten, einerseits wegen seiner Musik, andererseits wegen der Gitarren, die seinen Namen tragen: Der Gibson Les Paul.
Les Pauls musikalische Karriere hatte ihren Höhepunkt vor über 60 Jahren. Mit dem rasanten Erfolg des Rock & Roll begann sein Stern als Amerikas bekanntester Gitarrist und Entertainer zu sinken. Beinahe zeitgleich begann der Siegeszug eines Gitarrentyps, den Gibson mit dem Schriftzug „Les Paul Model“ auf der Kopfplatte auf den Markt gebracht hatte. Der Gitarrist Les Paul hatte bereits in den 1940er-Jahren Experimente mit seinen Instrumenten gemacht. Er wollte perfektere Gitarren, also baute er massive Mittelsegmente in Jazz-Gitarren oder Korpusse aus massivem Aluminium – immer mit dem Ziel, den Klang und das Sustain zu verbessern und gleichzeitig die Anfälligkeit für Rückkopplungen zu reduzieren.
Gibson Les Paul? Gibson war skeptisch!
Die Manager bei Gibson, mit denen Les Paul über das Konzept mehrfach geredet hatte, waren alles andere als begeistert. Gitarren mit massivem Korpus passten nicht ins Konzept des Marktführers, der – nach eigener Überzeugung – seit Beginn des Jahrhunderts die besten Instrumente der Welt baute. Mandolinen, Banjos, Western- oder Jazz-Gitarren, gern auch mit Tonabnehmer, das war Gibsons Universum. Allerdings nur bis zum Beginn der 50er-Jahre, als ein Elektriker aus Kalifornien radikale Ideen entwickelt hatte: Leo Fenders neuartige Broadcaster/Telecaster war quasi aus dem Stand ein Renner geworden. Musiker aus Country & Western, damals die dominante Stilrichtung, rissen sich um die Planken aus Fullerton.
Nun konnte Gibson das Thema nicht mehr ignorieren. In mehr oder weniger enger Zusammenarbeit mit Les Paul wurde ein Solid-Body-Modell entwickelt, das Fender Paroli bieten sollte. Das Ganze ging offenbar recht schnell, und welche Rolle Les Paul überhaupt in diesem Prozess gespielt hat, wird seit mindestens 50 Jahren kontrovers diskutiert. Angeblich war der spezielle Steg/Saitenhalter des Gibson Les Paul Les Pauls Idee. Wie gesagt, alles musste sehr schnell gehen und deshalb reiste ein Gibson-Chef, McCarty, Les Paul zu einem Auftrittsort hinterher, um ihm den Prototyp zu zeigen und den Vertrag mit ihm auszuhandeln.
Ob jener Prototyp exakt den späteren Serienmodellen der Gibson Les Paul entsprach, darf leise angezweifelt werden. Jedenfalls war Les Paul einverstanden, seinen Namen für die neue Gitarre zur Verfügung zu stellen, gegen Tantiemen von jedem verkauften Exemplar, versteht sich. Richtig mutig war Gibson anfangs immer noch nicht, denn ursprünglich sollte nur „Les Paul Model“ auf der Kopfplatte stehen, aber nicht „Gibson“.
Der Teufel steckt im Detail
Als die Gitarre schließlich Mitte 1952 auf den Markt kam, stand aber doch Gibson auf der Kopfplatte. Das Instrument war im Design schlicht aber elegant, eigentlich sah die Gibson Les Paul aus wie eine geschrumpfte Jazz-Gitarre ohne F-Löcher. Und sie war auf der Decke golden lackiert, damit sie edler aussah und klar von der billig wirkenden Telecaster in badezimmerblond zu unterscheiden war. Nur eine Seriennummer bekamen die frühen Exemplare kurioserweise nicht.
Der Erfinder: Les Paul
Technisch war bei der Gibson Les Paul nicht viel Neues im Angebot: Die Les Paul bekam zwei Tonabnehmer, Modell P 90, denn etwas anderes gab es damals bei Gibson nicht. Neu war lediglich die cremefarbene Abdeckung ohne die „Befestigungs-Ohren“. Dazu vier Regler, ein Schalter – mehr braucht eine erwachsene Gitarre auch nicht. Tja, aber die trapezförmige Kombination aus Steg und Saitenhalter: Was war da passiert? Die Saiten liefen unter dem Steg durch in Richtung Griffbrett.
Der Spieler hat mit der rechten Hand keinen Kontakt zur Saite. Klar, er kann den Handballen auflegen, aber Abdämpfen geht nicht. Obwohl es angeblich Les Pauls Idee war, Steg und Saitenhalter so zu konstruieren, konnte er mit dieser Ausführung nicht einverstanden gewesen sein. Saitendämpfung mit der rechten Hand war ein essentieller Bestandteil seiner Musik, so aber nicht möglich. Gibson-Boss Ted McCarty und Les Paul haben sich hinterher jahrzehntelang gegenseitig die Schuld an dieser Fehlkonstruktion gegeben. Klären ließ sich das nie. Jedenfalls hatte Gibson wahrscheinlich einen schlichten, aber gravierenden Fehler in der Konstruktion gemacht: Der Halswinkel war zu gering, zu flach. So konnten die Saiten gar nicht über den Steg geführt werden.
Les Paul spielte natürlich fortan das nach ihm benannte Modell, allerdings baute er, der alte Bastler, seine Gitarren immer wieder um. Sie bekamen getrennte Stege und Saitenhalter, die Klinkenbuchse wurde auch schon mal auf die Decke verlegt, auch diverse Vibrato-Hebel kamen zum Einsatz.
Nach etwas mehr als einem Jahr wurde der Fehler korrigiert. Die Instrumente bekamen einen steileren Halswinkel und das etwas klobige Trapez wurde durch einen einteiligen Steg/Saitenhalter ersetzt, der mit Bolzen im Korpus verankert war. Jetzt war das Gibson Les Paul Modell nahezu perfekt, ein paar Details wurden in den folgenden Jahren allerdings noch modifiziert.
Autor: Carlo May
Gibson Les Paul Modelle & Testberichte
Über die Jahre hat Gibson unzählige Varianten seines Les-Paul-Klassikers präsentiert, darunter Special Editions, Limited Runs und etliche Sondermodelle aus dem Custom Shop. Bei so viel Auswahl ist es natürlich fast unmöglich den Überblick zu behalten – kennen sollte man allerdings die vier wichtigsten Les-Paul-Serien, die so ziemlich allen Modellen zugrunde liegen:
1. Gibson Les Paul Standard
Die Gibson Les Paul Standard geht im Wesentlichen auf das ikonische 1958er-Modell zurück. Der Mahagoni-Korpus ist massiv und mit einer dicken Ahorndecke verleimt, auf dem kräftigen Mahagonihals sitzt ein Palisander-Griffbrett (früher Rio-Palisander) und als Tonabnehmer kommen zwei mit Chrome-Kappen versehene Humbucker-Pickups zum Einsatz. Weitere Merkmale sind die einfachen Korpus- und Hals-Bindings sowie die großen Perloid-Griffbretteinlagen im Trapez-Design, die Hardware ist beim Standard-Modell außerdem verchromt.
Mittlerweile ist der Korpus der Standard gechambert, also mit Ausfräsungen im Korpus versehen, die Gewicht einsparen und laut Gibson auch den Ton verbessern sollen. Die handverlötete Elektronik ist in diesem Zuge einer Platine gewichen, auf der Potis und andere Bauteile fest verbaut sind – sicherlich nicht die servicefreundlichste Lösung. Zuletzt hat sich auch das Halsprofil über die Jahre deutlich von dem des 1958er-Modells entfernt.
Testberichte zur Gibson Les Paul Standard findest du hier:
Die Gibson Les Paul Custom ist in Sachen Konstruktion eng mit dem Standard-Modell verwand, wirkt jedoch optisch insgesamt etwas aufwendiger und edler. Das Umlaufende Binding ist mehrlagig ausgeführt und umfasst bei diesem Modell auch die Korpusrückseite. Auf der Kopfplatte sitzt mittig das markante Split-Diamond-Inlay, die Griffbretteinlagen sind hier außerdem aus Perlmutt. Zur Grundausstattung der Gibson Les Paul Custom gehört auch vergoldete Hardware, als Griffbrett-Material wird meist Ebenholz verwendet.
Die Custom war früher das unangefochtene Top-Modell im Les-Paul-Line-Up und daher nicht selten auch mit zusätzlichen Ausstattungsdetails wie einem dritten Humbucker, oder einem Bigsby-Vibrato erhältlich. Anders als bei der Standard gibt es außerdem auch Les-Paul-Custom-Modelle mit Ahornhälsen und Voll-Mahagoni-Bodies (ohne Ahorndecke).
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Custom findest du hier:
Die Gibson Les Paul Studio wurde 1983 eingeführt und ist optisch einfacher und schlichter gehalten als das Standard-Modell. Die Hölzer sind hier weniger spektakulär gemasert, auf Hals- und Korpus-Bindings wird verzichtet. Das Gibson-Logo auf der Kopfplatte ist nur aufgedruckt und nicht als Inlay eingelassen. Anstelle der Trapez-Griffbretteinlagen findet man bei einigen Studio-Modellen dezente Perloid-Punkte.
Der Name Studio spielt auf Tonstudio-Situationen an, wo außer dem Produzenten/Toningenieur kein Publikum anwesend ist, das man mit einer eindrucksvollen Optik beeindrucken müsste. Wie bei vielen anderen Gibson-Linien hat die Studio über die Jahre immer wieder Veränderungen erfahren, darunter wechselnde Inlays (Trapez/Punkte), Body-Konstruktionen (gekammert/massiv, mehrteilig/einteilig) und Griffbrett-Materialien (Palisander/Ebenholz/Ahorn).
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Studio findest du hier:
Die Gibson Les Paul Traditional gleicht in den meisten Konstruktions- und Ausstattungs-Details der Standard verfügt jedoch über einen weniger stark gekammerten und 5 mm stärkeren (im Vergleich zur aktuellen Standard/Studio) Korpus. Auch ist die Dichte des verwendeten Korpus-Holzes geringer, was die Gitarre resonanter und leichter macht. In der Gibson Les Paul Traditional kommen außerdem die etwas klassischeren und im Vergleich zum Burstbucker Pro weniger aggressiven 57-Classic-Pickups zum Einsatz.
Einen Testbericht zur Gibson Les Paul Traditional findest du hier:
Trotz dieser groben Serien-Übersicht gilt bei allen Les-Paul-Modellen: Ausnahmen bestätigen die Regel! Über die Jahre wurden immer wieder Konstruktionsdetails geändert und spätestens mit der Robo-Mechanik-Ausstattung und den wilden 2015er-Modellen dürfte auch dem Letzten klar geworden sein, dass Gibson eine sehr experimentierfreudige Firma ist, bei der die einzelnen Modelle nicht lange im Katalog bleiben.
Autor: Stefan Braunschmidt
Gibson Les Paul gebraucht kaufen: Gibson Gitarren & ihr Wert
Sind Gibson Gitarren und speziell der Gibson-Klassiker Les Paul eigentlich ein „great investment“? So betiteln in den USA zumindest Händler gern die Instrumente in ihren Anzeigen. Und die USA sind immer noch der größte Markt, wenn es um alte, gebrauchte, so genannte Vintage-Instruments geht.
Die Händler wollen ihren Kunden suggerieren, dass man mit dem Kauf älterer Gitarren Geld anlegen und ähnlich wie mit Wertpapieren gute Renditen machen kann. Was der Kunde genau wie bei Aktien bedenken sollte: Es ist vollkommener Unsinn zu kaufen, wenn die Kurse/Preise auf dem Höchststand sind. Und die Preise sind, anders als bei vielen Aktien, bei einigen Gibson Modellen im Moment auf dem Höchststand.
Für einige ausgesuchte Gibson-Instrumente, wohlgemerkt aus der Serienfertigung, muss man seit Jahren auf dem Vintage-Markt enorme Summen anlegen, und ein Ende der Preisspirale ist kaum in Sicht. Aber so eindimensional ist das Geschäft (leider) nicht. Schwankungen (und da zeigt sich wieder die Analogie zur Börse) sind normal.
Mitte der 90er Jahre bot ein bekannter Händler in Nashville eine Gibson Flying V zum Kauf an. Das besondere an diesem Exemplar: Es war 1957 gebaut worden und somit ein Vorserienmodell, bzw. Prototyp. Entsprechend hoch war der Kaufpreis angesetzt worden. $ 150.000 sollte der interessierte Käufer zahlen. Monatelang hielt sich das Interesse in sehr engen Grenzen und plötzlich stand auf dem Preisschild nur noch $ 100.000.
Aus heutiger Sicht immer noch viel zu viel. Mittlerweile kann man in Michigan einen weiteren Flying-V-Prototyp erwerben und hier ist der Preis im Laufe der Zeit auf $ 50.000 gesunken. Exemplare aus 1958/59 gibt es inzwischen schon für $ 40.000 und weniger. Natürlich ist das ein extremes Beispiel, aber es zeigt, dass sich die Preisspirale nicht endlos drehen lässt. Bei anderen Gibson-Gitarren ist die Tendenz umgekehrt.
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Kult: Gibson Les Paul Standards
Seit einigen Jahren sind Les Paul Standards aus den Jahren 1958 bis 1960 der Renner – mit entsprechenden Kursen. Eine originale Standard in Sunburst, möglichst eine 59er, gut erhalten und vielleicht sogar noch mit auffälliger Deckenmaserung kostet heute schon mal je nach Zustand, “Flame”-Charakter, Historie und einigen anderen Faktoren ab $ 150.000 aufwärts – und teilweise deutlich aufwärts.
Ähnliches berichtete auch der Anruf eines befreundeten Gitarren-Händlers, der mir einmal vor Jahren erzählte, dass er (Dank zweimaliger Retour-Inzahlungnahmen) zum dritten Mal die gleiche Gitarre, eine Les Paul Standard von 1958, verkauft habe – jeweils mit einem Preisaufschlag um das Doppelte: DM 15.000, DM 30.000 und dann knapp € 30.000. Und das innerhalb eines Zeitraums von etwa fünf bis sechs Jahren! Und heute – ca. 10 Jahre später – dürfte diese Gitarre gut das Doppelte ihres letzten DM-Wertes in Euro kosten.
Die gute Nachricht: Dank der hohen Preise entschließen sich viele Besitzer nun zum Verkauf und der Markt ist gut bestückt. Die schlechte Nachricht: Die Zahl der Fälschungen nimmt drastisch zu und der beliebte Händler-Slogan „aged by Tom Murphy“ führt manch dubiosen Zeitgenossen in Versuchung, Etikettenschwindel zu probieren. Wer nicht in der Lage ist – und wer ist das schon? –, diese hohen Summen für eine echte 58er, 59er oder 60er Les Paul zu zahlen, kann immer noch mit den ohne Widerspruch sehr guten Reissue-Gitarren vorlieb nehmen, die um ein Vielfaches günstiger sind und einige der wenigen Modelle sind, die im Laufe der Zeit nicht drastisch an Wert verlieren, guter Originalzustand voraus gesetzt. Bei diesen speziellen Les-Paul-Modellen, aber auch bei ES-335-Gitarren aus dem gleichen Zeitraum und einigen richtig alten Jazz-Gitarren übersteigen die Preise für alte Originale die der neuen Replikas aus dem Custom Shop bei weitem.
Doch alte SGs, Firebirds und auch Les Pauls aus den „nichtheiligen“ Jahrgängen sind nicht zwangsläufig teurer als neue Custom-Shop-Reissues. Ein Beispiel: Eine originale 52er oder 53er Les Paul Goldtop kostet in gutem Zustand in den USA derzeit ca. € 5000. Eine neue ist für nahezu den gleichen Preis erhältlich (€ 4.990), und wenn es eine neue in der „Aged“-Version sein soll, müssen € 7990 den Besitzer wechseln. Noch vor zehn Jahren waren akustische FlatTops von Gibson aus den 30er, 40er oder 50er Jahren günstig zu bekommen. Dann erschien ein Buch, das erläuterte, welch überragende Qualität diese Gitarren hatten. Die Autoren hatten Recht, Gibson-Flat-Tops aus jenen Dekaden gehören zum Besten, was je gebaut wurde. Die Nachfrage stieg, plötzlich waren die Instrumente des Mitbewerbers Martin aus Nazareth/Pennsylvania nicht mehr das Maß aller Dinge, und der Markt reagierte wie erwartet – die Preise stiegen stetig und steigen gegenwärtig weiter.
Bei Arch-Tops von Gibson hingegen stagniert die Tendenz. Nach gesunden Steigerungsraten zu Beginn der 90er Jahre haben sich die Preise auf einem hohen Level eingependelt – selbst für Spitzenexemplare.
Was soll man also kaufen, wenn man als Sammler sein Geld gut anlegen will?
Es hilft nichts, es ist abermals wie an der Börse: Eindeutige Tipps gibt es eigentlich nicht. Bei akustischen Gibsons findet man die begehrtesten Modelle aus den Baujahren zwischen 1922 und etwa 1960. Bei elektrischen kategorisieren die Experten die goldene Ära zwischen 1952 und 1965, mit eindeutigem Schwerpunkt auf dem Zeitpunkt zwischen 1958 und 1960. Für Instrumente aus diesen Zeiträumen werden die höchsten Preise verlangt und eigentlich sollte man jetzt vom Kauf abraten, es sei denn, man hat wirklich zu viel Geld.
Elektrische wie auch akustische Gitarren aus den 80er Jahren haben gegenwärtig einen relativ geringen Wert. Natürlich kann man sie kaufen, um ein gutes Instrument zum Spielen zu erwerben. Mit wahrnehmbarer Wertsteigerung sollte man aber lieber nicht rechnen. Und was ist mit den limitierten Editionen und Sondermodellen, die der Gibson Custom-Shop seit einigen Jahren in steigender Anzahl herstellt? Man erwirbt damit ein Instrument, das ohne jeden Zweifel allererste Spitzenqualität bietet. Allerdings sind die Neupreise in der Regel schon sehr hoch.
Ob sich der Anschaffungspreis beim Wieder-Verkauf erzielen lässt, oder ob Custom-Shop-Editionen im Laufe der Zeit sogar im Wert noch steigen, ist gegenwärtig noch nicht wirklich bewiesen. Wobei zu erwarten ist, dass sich bei den Custom-Shop-Modellen genau das wiederholt, was sich in der normalen Serienfertigung dieses Herstellers abgespielt hat: Die Gibson Les Paul Reissues der 59er Standard werden am ehesten ihren Wert halten, bzw. ihn eventuell noch steigern können als die Repliken z. B. einer SG Standard, oder einer Firebird IV.
Die Faustregel
Es gibt eine Faustregel, die besagt, dass „normale“ Gitarren, also keine Vintage- oder Sammler-Objekte, in gebrauchtem, gutem Originalzustand etwa die Hälfte des aktuellen Neupreises wert sind. Und wenn man sich die heutigen Verhältnisse auf dem Neu- und dem Gebrauchtmarkt ansieht, mag diese Tendenz stimmen.
Eine gebrauchte „normale“ Gibson Les Paul Standard wird mit ca. € 2.000 gehandelt – und das entspricht in der Tat etwa der Hälfte des derzeitigen Neupreises. Dies liegt natürlich auch daran, dass der Neupreis aufgrund von Währungsdifferenzen und Gibsons Preispolitik recht hoch ist. Hat also Gitarrist sich vor 20 Jahren eine neue Gibson Les Paul geleistet, und damals ging dies für etwa DM 2.500, hat er nominell tatsächlich keinen Verlust gemacht, wenn er sie heute auf dem Gebrauchtmarkt verkauft.
Allerdings darf bei dieser Rechnung nicht vergessen werden, dass die Kaufkraft von damals der heutigen längst nicht mehr entspricht und oben aufgemachte Rechnung eher die eines Milchmädchens ist. Dennoch: Wer sich heute eine neue Gibson-Gitarre kauft und wem wichtig ist, dass sie ihren Wert über die Jahre erhalten soll, muss sich auf bekannte Modelle wie Les Paul und ES-335 spezialisieren – und gleichzeitig hoffen, dass die Gibson-Neupreise weiter steigen.
Eine gute Nachricht gibt es dennoch: Wer Lust auf und Geld für alte Gibson-Instrumente hat, sollte sich in Deutschland oder den Nachbarländern umsehen. Hier liegen die Preise seit Jahren unter dem amerikanischen Niveau, wenn auch die Auswahl in den USA immer noch wesentlich größer ist.
Was früher kein Problem war, vom USA-Trip eine alte Gibson mitzubringen, funktioniert heute kaum noch. Der Dollarkurs, aber auch die Preise in den Staaten sind zu hoch. Also, wer eine Gibson mit Vintage-Aura sucht, sollte die bekannten deutschen Händler frequentieren, Kleinanzeigen studieren oder auch mal die bekannten Internet-Auktionen in Erwägung ziehen.
Autoren: Carlo May & Heinz Rebellius
Gibson Seriennummern: Wie alt ist meine Gibson Les Paul
Bei der Altersbestimmung einer Gibson Les Paul und anderen Gibson E-Gitarren geben verschiedene Merkmale und Besonderheiten fast sichere Hinweise auf das Produktionsjahr des Instruments. Doch sollten alle (!) angeführten Besonderheiten, Details der Konstruktion und Hinweise bei einer Altersbestimmung berücksichtigt werden, da, wie hinlänglich bekannt, Bauteile und Komponenten von Gibson-Instrumenten nicht immer in einer konsequenten zeitlichen Reihenfolge verbaut worden sind.
Seriennummer
Der erste Blick gilt natürlich der Seriennummer. Diese sollte allerdings nicht mehr als nur Annäherungswert für eine exakte Altersbestimmung verstanden werden, besonders bei diesem Hersteller. Wie auch andere Großserien-Produzenten hat Gibson immer versucht, die Seriennummern in einer chronologischen Reihenfolge zu ordnen – leider scheint dies jedoch aus was für Gründen auch immer nicht so richtig funktioniert zu haben. Um bei der Feststellung des Baujahres ganz sicher zu gehen, müssen also weitere spezifische Indizien überprüft werden.
Der Schwerpunkt dieses Artikels liegt auf den E-Gitarren und -Bässen, die ab 1952 hergestellt worden sind. Dennoch sollte auch hier nicht vergessen werden, dass Gibsons Tradition viel weiter in die Vergangenheit zurückreicht. Bereits ab dem Jahr 1902 wurden Seriennummern vergeben. Man startete damals mit der Zahl 100 und einem Nummerierungssystem, das 1947 mit 99999 endete. Allerdings bekam nicht jedes gefertigte Instrument eine eigene Nummer, sondern meistens nur die Top-Instrumente der jeweiligen Serien.
100 bis 8750
1902 bis 1910
8751 bis 62200
1911 bis 1920
62201 bis 90200
1921 bis 1930
90201 bis 96600
1931 bis 1940
96601 bis 99999
1941 bis 1947
Zur Kennzeichnung wurden von 1902 bis 1954 ovale, weiße Aufkleber im Inneren der Gitarre verwendet. Ab 1954 werden diese orange. Bei Instrumenten mit rundem Schallloch (Mandoline, Akustikgitarre) sitzt der Aufkleber genau unter diesem Loch auf dem Boden, bei „F-hole“-Instrumenten unter dem obersten der beiden F-Löcher
Das zweite Nummernsystem wurde von 1947 bis 1961 für akustische und elektrifizierte Arch-Top-Gitarren angewendet. Es war allerdings ein komplett anderes als das, was ab 1952 für die Solidbody-Instrumente (Les Paul etc.) verwendet wurde. Beide Systeme liefen also neun Jahre lang parallel nebeneinander.
A100 bis A6595
1947 bis 1950
A6596 bis A36150
1951 bis 1961
Gibson nutzte über die Jahre also verschiedene Nummernsysteme und BuchstabenCodes. Bekanntermaßen existieren neben den normalen Serien auch spezielle Modellreihen wie die Vintage Reissues, Signature-Modelle und zahlreiche Limited Editions, die aus dem üblichen Schema herausfallen und bei denen eine genaue Datierung zur Wertbestimmung eine eher untergeordnete Rolle spielt.
Wer eine Gibson-Gitarre besitzt, deren Seriennummern in keins der hier vorgestellten Schemas passt, kann sich vertrauensvoll nicht nur an Gitarre & Bass, sondern auch an Gibson USA wenden. Auf der Website www.gibson.com gibt es nicht nur erstklassige Informationen zu diesem Thema, sondern auch die Möglichkeit, konkrete Fragen zu stellen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass hier meist sehr schnell und kompetent geantwortet wird.
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In dieser Periode wurden fünf- oder sechsstellige Nummern vergeben, bei denen die erste Stelle auf das Produktionsjahr hinweist. Beispiele: 3 = 1953, 4 = 1954 etc., bis zur 0 = 1960, 1 = 1961 Wer sich fragt, wo die Seriennummern der Les Pauls von 1952 geblieben sind, dem sei gesagt: Diese Gitarren hatten bis auf einige wenige Ausnahmen noch keine Seriennummern!
Nun wurden drei- bis sechsstellige Nummern vergeben:
100 bis 42,000
1961
42.000 bis 44,000
1962
61,000 bis 64,000
1963
64,000 bis 71,000
1964
71,000 bis 96,000
1962-64
96,000 bis 99,000
1963
000,000
1967
100,000 bis 106,000
1963, 1967
109,000 bis 120,000
1963, 1967
121,000 bis 139,000
1963
140,000 bis 144,000
1963, 1967
144,000 bis 149,000
1963-64
149,000 bis 152,000
1963
152,000 bis 174,000
1964
174,000 bis 176,000
1964-65
176,000 bis 250,000
1964
250,000 bis 305,000
1965
306,000 bis 320,000
1965, 1967
320,000 bis 329,000
1965
329,000 bis 330,000
1965, 1967
330,000 bis 332,000
1965, ’67-68
332,000 bis 348,000
1965
348,000 bis 349,000
1966
349,000 bis 368,000
1965
368,000 bis 369,000
1966
370,000
1967
380,000 bis 385,000
1966
390,000
1967
400,000 bis 406,000
1966
406,000 bis 409,000
1966-68
409,000 bis 410,000
1966
420,000 bis 429,000
1966
500,000
1965-66
500,000
1968-69
501,000 bis 520,000
1965, 1968
520,000 bis 530,000
1968
530,000
1966, ‘68-69
530,000 bis 539,000
1969
540,000
1966, 1969
540,000 bis 545,000
1969
555,000 bis 556,000
1966
558,000 bis 567,000
1969
570,000
1966-67
580,000
1966-67, ‘69
600,000
1966-68
600,000 bis 606,000
1969
700,000
1966-67, ‘69
750,000
1968-69
800,000
1966-69
810,000 bis 812,000
1966, 1969
812,000 bis 819,000
1969
820,000
1966, 1969
820,000 bis 823,000
1966
824,000
1969
828,000 bis 858,000
1966, 1969
859,000 bis 895,000
1967
895,000 bis 896,000
1968
897,000 bis 898,000
1967, 1969
899,000
1968
900,000 bis 901,000
1970
910,000 bis 999,000
1968
Dieses System ist nicht nur sehr schwer zu verstehen, sondern die Tatsache, dass manche Nummernfolgen bis zu viermal (!) vergeben wurden, macht ein exaktes Datieren zu einem schwierigen Unterfangen. Bei Gibson Gitarren aus diesen Jahrgängen müssen unbedingt weitere Details zur Jahrgangs-Bestimmung heran gezogen werden.
Die sechsstelligen Nummern (plus gelegentlich einem Buchstaben vor oder nach der Seriennummer) waren zusätzlich mit dem Hinweis „Made In USA“ auf der Rückseite der Kopfplatte ergänzt. Doch die Nummern wurden beinahe wahllos vergeben, so dass ein durchdachtes System nicht zu erkennen ist. Das ovale, orangefarbene Label in den „hohlen“ Gitarren wurde 1970 durch einen weiß- orangen und rechteckigen Aufkleber in den akustischen und einen schwarz-purpurrotweißen in den elektrischen Hollow-Bodies ersetzt.
000001
1973
100,000
1970-75
200,000
1973-75
300,000
1974-75
400,000
1974-75
500,000
1974-75
600,000
1970-72
600,000
1974-75
700,000
1970-72
800,000
1973-75
900,000
1970-72
6-stellige Nummer + A
1970
A + 6-stellige Nummer
1973-75
B + 6-stellige Nummer
1974-75
C + 6-stellige Nummer
1974-75
D + 6-stellige Nummer
1974-75
E + 6-stellige Nummer
1974-75
F + 6-stellige Nummer
1974-75
In der Übergangszeit zum neuen System (ab 1977) vergab Gibson ab 1975 8-stellige Nummern. „Made in USA“ stand ebenfalls auf der Kopfplatten-Rückseite, bei einigen Modellen auch „limited edition“.
99 + 6-stellige Nummer
1975
00 + 6-stellige Nummer
1976
06 + 6-stellige Nummer
1977
Seit 2002 ist das Datierungssystem endlich eindeutig und klar. Es besteht aus einer achtstelligen Nummer, die nach dem YDDDYPPP-Prinzip aufgebaut ist. YY bezeichnet dabei das Produktionsjahr, DDD den Tag des Jahres und PPP die Fabrik, in der das Instrument gebaut wurde. Die PPP-Nummern 001 bis 499 stehen für Kalamazoo, 500 bis 999 für Nashville. Die Nummern für Kalamazoo wurden ab 1984 nach dem Auszug aus der dortigen Fabrik natürlich nicht mehr vergeben.
Als die Produktion der akustischen Gitarren 1989 in Bozeman began, wurde das Nummernsystem überarbeitet. So bekam Bozeman die PPP-Nummern 001 bis 299, und ab 1990 Nashville 300 bis 999. Hierbei darf nicht vergessen werden, dass in der Nashville-Produktion die PPP-Zahl 900 für Prototypen reserviert wird.
Hier einige Beispiele:
71239321
1979, am 123. Tag des Jahres, in Kalamazoo
81135619
1985, am 113. Tag des Jahres, in Nashville
83548522
1988, am 354. Tag des Jahres, in Nashville
02341132
2001, am 234. Tag des Jahres, in Bozeman
1994
Achtung, Ausnahme! 1994 vergab man allen Instrumenten eine achtstellige Nummer, die immer mit einer 94 begann. Hier beschreiben also die ersten beiden Stellen das Herstellungsjahr 1994. Dies tat man, um dem Hundertjährigen Jubiläum der Firma Gibson seine Referenz zu erweisen.
Noch ein Beispiel:
94123250
1994, das 123. Instrument, aus Bozeman
Einige Instrumente, vor allem aus den 1970er und 1980er Jahren, haben eine zusätzliche 2 meist unter der normalen Seriennummer eingeprägt. Dies zeigt an, dass das Instrument zweite Wahl ist und Mängel besitzt, die aber so geringfügig sind, dass es trotzdem in den Handel gelangen konnte.
Die Seriennummern des Custom Shops haben sich noch nie am System der anderen Gibson-Produktionsstätten orientiert. Anfangs wurden die Instrumente einfach durchlaufend nummeriert und geben deshalb keinerlei konkreten Hinweis auf Baujahr oder Modell. Doch das wurde ab 1992 für die Vintage Reissue-Modelle geändert.
Die Nummern dieser Instrumente folgen dem „m ynnn“- Prinzip (die Leerstelle nach dem „m” ist beabsichtigt). Die Buchstaben bedeuten Folgendes: „m“ steht für das Modell, „y“ für das Jahr und „n“ für die Produktionszahl Für die einzelnen Modelle wurden folgende „m“-Nummern (Modell) vergeben:
2
1952 Les Paul
4
1954 Les Paul
6
1956 Les Paul
7
1957 Les Paul, Futura
8
1958 Les Paul, Explorer
9
1959 Les Paul, Flying V
0
1960 Les Paul
Und auch hierzu zwei Beispiele:
2 2017
1952 Les Paul Reissue
0 017
1960 Les Paul Reissue
Die Reissue-Modelle der 1961er bis 1969er Solidbody-Modelle haben Seriennummern, die dem „yynnnm“-Prinzip folgen. Hierbei sind folgende Modellnummern festgelegt:
1
SG/Les Paul
3
1963 Firebird I
4
1964 Firebird III
5
1965 Firebird V und VII
8
1968 Les Paul Custom
Zwei Beispiele:
012005
1965 Firebird V (od. VII), 2001 gebaut
993551
1961 SG/Les Paul, 1999 gebaut
Ab 1995 wurden alle ES-Modelle der Historic Series mit System nummeriert. Hier bedient man sich einer „A-mynnn“-Konfiguration. Das „A“ (oder auch mal ein „B“) inkl. Bindestrich ist obligatorisch für die Historic Series, „m“ kennzeichnet wiederum das Modell, „nnn“ die Produktionszahl. Ein Herstellungsjahr lässt sich aus dieser Nummer nicht erlesen. Folgende Modellnummern wurden festgelegt:
2
1952 ES-295
3
1963 ES-335 mit Block-Einlagen
4
1964 ES-330
5
1965 ES-345
9 (+ A-)
1959 ES-335 Dot
9 (+ B-)
1959 ES-355
Auch hierzu wieder zwei Beispiele:
A-2564
ES-295 Reissue
B-9222
1959 ES-355 Reissue
Die anderen Custom-Shop-Instrumente tragen ab 1993 Seriennummern, die auf die Rückseite der Kopfplatte aufgestempelt sind und sich aus einem „y-9nnn“-Muster zusammensetzen. „y“ (mit Bindestrich!) steht für die letzte Stelle des Herstellungsjahres, die „9“ besagt, dass es sich um ein Custom-Shop-Instrument handelt, während „nnn“ die Produktionszahl ist, welche manchmal auch vierstellig („nnnn“) sein kann.
Beispiel:
1-9166
das 166. Custom-Shop-Instrument, Bj. 2001
Dass manche dieser neuen Nummerierungssysteme eine rechte kurze Halbwertzeit besitzen, beweist letztes Beispiel. Spätestens ab 2003 darf dann gegrübelt werden, an was man eine 1993 gebaute Gitarre von einer 2003er unterscheiden soll. Custom-Shop-Instrumente werden gerne gekauft. Die schlechte Nachricht: Solche Tatsachen rufen Kopierer und Fälscher auf den Plan, die ihre eigenen Gitarren mit falschen Federn schmücken und zu Custom-Shop-Kursen anbieten.
Die gute Nachricht: Seit dem Jahr 2000 tragen die echten Custom-Shop-Instrumente einen implantierten Chip an einer von außen unzugänglichen Stelle im Halsfuß, in den alle Informationen zur Gitarre gespeichert sind. Fehlt einer vermeintlichen Custom-Shop-Gitarre dieser Chip, kann man davon ausgehen, eine Fälschung in der Hand zu halten.
Die schlechte Nachricht (für uns): Dies kann nur der Custom Shop in den USA überprüfen, weil sich hier zurzeit das einzige Lesegerät befindet, dass den Chip identifizieren kann. Es ist aber geplant, dass über kurz oder lang sämtliche Gibson-Vertriebe weltweit mit solch einem Gerät ausgestattet werden. Andere sichere Hinweise für Produktionszeiten geben einige Konstruktions- & DesignMerkmale, die die Altersfestlegung einer Gibson erleichtern, da sie immer in einem bestimmten zeitlichen Rahmen das Outfit der Gibson-Instrumente prägten.
Zeitgenössische Les-Paul-Kopfplatte
Gibson Logo
Seit 1905 schreibt Gibson seinen Namen auch auf die Kopfplatten seiner Instrumente. Damals wurde eine Mandoline die Ehre zuteil, den Namen ihres Herstellers nun weithin sichtbar zu tragen. Natürlich hatten die alten Logos einen völlig anderen Stil als die, die heute verwendet werden (s. u.). Gibson Les Pauls von 1952 haben den i-Punkt ganz eng am G platziert. Von 1953 bis 1968 ist der i-Punkt nicht mehr mit dem G verbunden, die Buchstaben b und o sind oben offen.
Von 1968 bis 1972 ist kein i-Punkt vorhanden, die Verbindung zwischen b und o ist gleichmäßig Von 1972 bis heute ist der i-Punkt wieder da, doch bis 1981 erscheint und verschwindet dieses Merkmal in einem nicht nachvollziehbaren Rhythmus. Von 1981 bis heute liegt die Verbindungslinie zwischen o und n höher als gewöhnlich. Dieser schon mal da gewesene Schriftzug wurde wieder eingeführt und beide Varianten werden bis heute verwendet Bei einigen wenigen Made-In-USA-Instrumenten der 1950er Dekade, zwischen 1970 und 1975 und von 1977 bis heute wurde/wird „made In USA“ auf die Kopfplatten-Rückseite gestempelt oder eingraviert.
Zwischen 1975 und 1977 wurden Made-In-USA-Aufkleber verwendet. Ein Gibson-Logo zierte die auch die Pickup-Kappen der Humbucker-Metallgehäuse oder die P-90 Pickup-Schalen von 1970 bis 1972.
Kommen wir zu weiteren Konstruktions- und Designmerkmalen, die eine Altersbestimmung einer Gibson Gitarre erleichtern.
Verstärkung der Sollbruchstelle°
Der sogenannte Kragen, eine verstärkte Stelle am rückwärtigen Übergang zwischen Hals und Kopfplatte wurde von 1970 bis 1981 angewendet (s. o.). Noch einige Anmerkungen zu den Potiknöpfen. Der Speed-Knob, ein an der Seite glatter, zylinderförmiger Knopf, wurde zwischen 1951 und 1955 verwendet. Die Zahlen befinden sich seitlich, er ist transparent bernsteinfarben, gelblich oder schwarz gefärbt und besteht vollständig aus Kunststoff.
Der glockenförmige Knopf (s. o.) ist an der Seite glatt und seine Beschriftung steht seitlich. Auch er ist transparent gefärbt und besteht vollständig aus Kunststoff. Gibson verwendete ihn von 1955 bis 1960.
Neu für die die 1960er Les Paul: Reflektor-Potiknöpfe°
Der etwas größere, glockenförmige Reflektor-Knopf (s. o.) ist an der Seite glatt, die Zahlen stehen seitlich, er transparent gefärbt und aus Kunststoff mit Metallplättchen gefertigt, die die Schriftzüge “Volume” und “Tone” tragen. Von 1960 bis 1967 wurde er benutzt.
Der griffigste aller Gibson-Poti-Knöpfe, der Hexenhut-Knopf, wurde 1967 eingeführt und hielt sich bis 1975. Er hat eine konische Form mit geriffelten Seiten. Die Zahlen stehen gut lesbar an der unteren Flanke (dem „Hutrand“). Er besteht aus schwarzem Kunststoff und hat oben kleine Metalleinlagen mit den Schriftzügen Volume und Tone.
Potis
Die Gehäuse der in Amerika gefertigten Potentiometer sind mit einem Zahlencode versehen, welcher auf deren Herstellungsdatum schließen lässt. Dies kann eine weitere Hilfe zur Altersbestimmung sein.
CTS-Poti von 1986°
Doch Vorsicht: Potis werden des Öfteren mal an Gitarren ausgetauscht, so dass diese letztlich nur einen wagen Hinweis auf das exakte Geburtsdatum einer Gitarre geben können. Die ersten drei Stellen der Poti-Seriennummer weisen auf den Hersteller hin:
134
CentraLab, eingesetzt von Gibson zwischen 1953-67
137
CTS, verwendet von Gibson zwischen 1968-94
Die vierte Ziffer der sechsstelligen Codes weist auf das Produktionsjahr hin, die letzten beiden geben die Produktionswoche an. Bei siebenstelligen Seriennummern bezeichnen die vierten und fünften Ziffern das Produktionsjahr. Seit 1995 verwendet Gibson „Custom-made“-Potis von CGE. Die zweite und die letzte Stelle des Codes verraten hier das Produktionsjahr. [1995]
Die Gibson Les Paul und die Fender Stratocaster sind die erfolgreichsten E-Gitarren, die je gebaut wurden. Doch für welche Gitarre soll man sich entscheiden, wenn man vor der Wahl steht: Leg ich mir eine Les Paul oder eine Strat zu? Gute Frage!
°
Es gibt in dieser Welt Gegensätze, die scheinen unvereinbar. Entweder man entscheidet sich für das Eine oder aber das Andere. Das sind Ideologien, Religionen, Feindschaften oder, positiv gesehen, schlichte Vorlieben.
Entweder ist man für Beatles oder Rolling Stones, Köln oder Düsseldorf, 1860 oder Bayern, Sekt oder Selters, Rouge oder Noire. Dazwischen klafft ein Graben, Grenzübertretungen sind so gut wie unmöglich. Bei Gitarristen manifestiert sich die Weltanschauung nur zu oft in der Frage: Spiele ich Les Paul oder Stratocaster. Eigentlich keine schlechten Alternativen.
Beide Gitarren, Gibsons Les Paul und Fenders Stratocaster sind die erfolgreichsten E-Gitarren, die je gebaut wurden. Niemand kann genau sagen, von welchem Modell mehr gebaut worden sind. Das ist auch unerheblich, beide haben sie die Musik der letzten 60 Jahre geprägt, wie kein anderes Instrument. Die Geburtstage der beiden Klassiker liegen etwa zwei Jahre auseinander.
Die Entstehung der Gibson Les Paul & Fender Stratocaster
Die Les Paul kam 1952 auf den Markt, die Stratocaster 1954. Gibson hatte sich damals beeilen müssen, denn die Fender Broad/Telecaster von 1950 schien ein Erfolg zu werden. Anfangs hatten die Verkaufsstrategen bei Gibson nichts von einer E-Gitarre mit massivem Korpus wissen wollen. Als dann aber der Konkurrent aus dem fernen Kalifornien eine Marktlücke gefunden zu haben schien, entwickelten die Gitarrenbauer aus Michigan in aller Eile ihr eigenes Konzept. Immerhin konnten sie den prominentesten Taufpaten verpflichten, den es damals gab.
Der Gitarrist Les Paul war der größte amerikanische Popstar der späten 40er und frühen 50er Jahre. Seine Platten wurden dutzendweise zu Hits und sein Ruf als innovativer Gitarrist war einzigartig. Les Paul war an der Entwicklung beratend beteiligt gewesen, stellte seinen guten Namen zur Verfügung und bekam Tantiemen von jeder verkauften Gibson, die sein Signet trug. Da Gibson einen traditionsreichen Namen hatte und man dem Elektriker aus dem Westen nicht ganz so viel zutraute, wurde das „Les Paul Model“ etwas aufwändiger produziert als die einfache Planke namens Telecaster. Eine geschnitzte, gewölbte Decke und eine goldene Lackierung sollten den Musikern suggerieren, wer die richtigen Gitarren zu bauen imstande war.
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Leo Fender, jener Elektriker aus dem Westen, verfolgte das sehr genau. Ihm war klar, dass er reagieren musste. Sein Gegenentwurf zur Les Paul bekam den Namen „Stratocaster“: Es war eine äußerst elegante Gitarre, attraktiv in Sunburst lackiert, mit einem Korpus, der sich perfekt am Körper des Gitarristen anschmiegte, denn es gab, anders als bei Telecaster oder Les Paul, keine Ecken mehr, nur noch abgerundete Kanten. Und die Stratocaster hatte drei Tonabnehmer! Leo Fender hatte zum zweiten Mal demonstriert, dass er in der Lage war, ein perfektes Instrument zu entwickeln, wenn man ihm nur die nötige Ruhe und Zeit ließ.
Die kompletten 50er Jahre hindurch, bis ins Jahr 1959, hielt er es nicht für nötig, maßgebliche Details zu verändern. Dann erst führte er bei allen seinen Instrumenten Palisander-Griffbretter ein. Gibson verfolgte eine andere Strategie. Die Les Paul wurde beinahe jedes Jahr modifiziert. Steg, Saitenhalterung und Tonabnehmer wurden immer wieder geändert.
Gleichzeitig vergrößerte Gibson kontinuierlich die Les-Paul-Familie. Ab 1955 gab es vier Varianten: Junior, Special, Standard und Custom, im Laufe des Jahrzehnts in unterschiedlicher Farbe und wechselnder Ausstattung. Während Gibson es mit Vielfalt probierte, setzte Fender auf Kontinuität. Sehr viel genutzt hat beides nicht. Die Verkaufszahlen der Les Paul waren gegen Ende der 50er rückläufig. Man probierte es noch einmal mit einem radikalen Designwechsel.
Die Gitarren bekamen einen wesentlich dünneren, konturierten Korpus mit zwei Cutaways, aber auch das half nicht. 1962, als der Vertrag mit dem Namensgeber Les Paul hätte erneuert werden müssen, trennte man sich voneinander. Fortan hießen Gibsons E-Gitarren schlicht „SG“, was soviel bedeuten sollte wie „Solid Guitar“. Die Ära der Les Paul war erst einmal beendet, und es dauerte bis 1968, bis wieder Gitarren mit diesem Namen gebaut wurden.
Warum wurde dieses Konzept damals nur ein magerer Erfolg?
Kaum ein bekannter Musiker griff in den 50er Jahren zu dieser Gibson (außer natürlich Les Paul selbst, aber dessen Stern begann in den Zeiten von Rock ’n’ Roll zu sinken, und er bevorzugte zudem meist Les-Paul-Sonderanfertigungen mit flachen Decken, die es in der Form nicht serienmäßig gab).
Ein paar Blueskünstler wie Feddie King oder John Lee Hooker wurden mit einer Les Paul gesehen. Bill Haleys Gitarrist Franny Beecher spielte eine Les Paul Custom, aber eigentlich war die Zeit der „Brettgitarre“ noch nicht gekommen, fast alle – die großen Stars sowieso – spielten elektrische Gitarren mit F-Löchern. Mit der Stratocaster war es ähnlich. Außer Buddy Holly wurde kein Star mit Fenders Flaggschiff in Verbindung gebracht. Immerhin wurde die Stratocaster nicht aus dem Programm genommen. Leo Fender war allerdings überzeugt, dass neue Modelle nötig waren.
Die Jazzmaster und die Jaguar sollten die nötigen Umsätze bringen. Und so fand die Musik der 1960er Jahre weitgehend ohne Stratocaster- und komplett ohne Les-Paul-Modelle statt. Aber, was für Amerika gilt, kann im Rest der Welt ganz anders aussehen.
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In England begann in den 1960er Jahren eine Entwicklung, die maßgeblichen Anteil an den Instrumentenvorlieben späterer Gitarristengenerationen haben sollte. Die populäre Musik des 20. Jahrhunderts bekam ihre wichtigen Impulse stets aus den USA. Vor dem Zweiten Weltkrieg war es der Jazz, danach, in den 1950er Jahren, vor allem der Rock ’n’ Roll, aus dem z. B. Elvis Presley hervorging. In den 1960er Jahren wurde alles anders, die Briten gaben in jener Dekade im wahrsten Wortsinn den Ton an.
Die großen Gitarristen der Rockmusik kommen meistens aus England, und wenn nicht, haben sie zumindest amerikanische Kollegen inspiriert und beeinflusst. Allerdings war die Situation für englische Gitarristen damals trostlos. Natürlich gab es amerikanische Vorbilder aus Blues, Rockabilly oder Country. Aber die kannte man nur aus dem Radio oder von Platten. Um etwas Eigenes zu kreieren brauchte man vor allem eins: Gitarren.
In Europa gab es Fabriken, die neben vielem anderen auch E-Gitarren in Mengen herstellten, die Qualität war hingegen eher mäßig. Englische Musiker träumten damals von deutschen Instrumenten, und Firmen wie Framus oder Höfner (auf dem englischen Markt als „Hofner“ vertrieben) lieferten auch über den Kanal, denn amerikanische Gitarren waren noch unerreichbar.
Als Spätfolge des Krieges gab es in Großbritannien bis zum Ende der 50er Jahre ein Importverbot für amerikanische Waren. Die enormen Kriegsschulden verschlangen die Devisen für den Überseehandel, Konsumgüter für den privaten Gebrauch durften deshalb nicht eingeführt werden. Englische Gitarristen kannten zwar Gibson, Fender, Gretsch, Harmony und all die anderen, bekommen konnten sie diese Instrumente nicht. Es sei denn, man ließ sich etwas einfallen. Eine der ersten Megabands der 60er Jahre in Europa waren die Shadows – eigentlich ein Quartett, eine Gitarren-Band.
Allerdings arbeiteten sie dauerhaft mit einem Sänger, dem Teenager-Idol Cliff Richard. Er hatte mit und ohne Shadows Riesenerfolge und mehr Geld, als er ausgeben konnte. Seine Kumpels aus der Band überredeten ihn, aus den USA eine Gitarre zu beschaffen. Als Privatperson konnte er Waren einführen und deshalb auch eine so heißbegehrte Gitarre besorgen. Das große Vorbild der Shadows-Gitarristen war James Burton, der in der Band von Elvis Presley eine Fender Telecaster spielte. Sie besorgten also Cliff einen Fender-Katalog und der sollte sich um die Bestellung kümmern.
Cliff Richard war klar, James Burton ist ein Superstar, ein Mann aus der Band von Elvis, und der spielt natürlich das teuerste Modell, das Fender im Programm hat. Also bestellte er das teuerste, was Fender damals zu bieten hatte, mit allen Extras. Als die Gitarre geliefert wurde, machte Shadows-Chef Hank Marvin vorsichtig den Koffer auf – und was sah er: eine leuchtend rote Stratocaster mit vergoldeten Metallteilen – Fenders Spitzenmodell. Das war nicht das, was er wollte – James Burton spielte bekanntlich Telecaster -, aber er hatte nun immerhin eine Fender, und zwar die erste Stratocaster, die nach England importiert wurde. Die Gitarre wurde sein Markenzeichen und auf Jahre hinaus wollte von da an so ziemlich jeder Gitarrist in Europa zu allererst eine rote Stratocaster.
Nachdem Anfang der 60er Jahre das Embargo auf amerikanische Waren aufgehoben worden war, stapelten sich bei Fender in Kalifornien die Bestellungen aus England. Da man irgendwann nicht mehr genug rote Exemplare liefern konnte, schickte Fender Gitarren nach Europa, die lediglich grundiert waren. Selmer, der britische Importeur, sorgte dann für die endgültige Lackierung – natürlich in Rot.
1968 Eric Clapton mit seiner ES-335 zu Cream-Zeiten
Was Cliff Richard da in seiner jugendlichen Naivität angerichtet hatte, zog weite Kreise. Ein (heute nicht mehr bekannter) Gitarrist im irischen Cork hatte bei seinem Instrumentenhändler eine Stratocaster geordert, in Rot natürlich. Der Händler bekam die Gitarre geliefert, allerdings in der Standardfarbe Sunburst, mit roten Gitarren gab es wie erwähnt Lieferengpässe. Tja, und diese Gitarre hat der Kunde nicht genommen, die Farbe stimmte schließlich nicht. So stand das Instrument bald danach im Schaufenster des Instrumentenhändlers in Cork.
Ein junger Gitarrist sah die Stratocaster und kaufte sie, denn ihm waren Hank Marvin und die Shadows ziemlich egal, er spielte den Blues. Und diese Stratocaster spielte er dann während seiner ganzen, großen Karriere, gut und gerne 30 Jahre lang. Sie wurde mit der Zeit immer unansehnlicher, denn er spielte viel. Dieser junge Mann war Rory Gallagher. Viel hätte nicht gefehlt und ein anderer berühmter Gitarrist hätte ebenfalls zu Beginn seiner unvergleichlichen Karriere eine rote Stratocaster gekauft. Am 18. Oktober 1960 schrieb George Harrison aus Hamburg seinem alten Schulfreund Arthur Kelly einen Brief nach Liverpool.
„I am playing in Germany and have much Geld“ … „I might manage a red Stratocaster with gold plated parts, but the one I want is the Gretch“(!) (kein Tippfehler, er schrieb wirklich Gretch) George Harrison entschied sich dann für die gebrauchte schwarze Gretsch Duo Jet und bestritt damit die ersten Jahre bei den Beatles. Fender hätte wohl ein Zweigwerk in England eröffnen müssen, um die Nachfrage nach roten Stratocaster bedienen zu können, wäre die Wahl damals anders ausgefallen. Es sind oft Zufälle, die einem Gitarristen sein Trauminstrument bescheren, eine bewusste Wahl war das in der Regel nicht.
Warum aber so häufig dann eine Stratocaster oder aber eine Les Paul?
Erinnern wir uns, beide Modelle waren in den 1960er Jahren völlig aus der Mode gekommen. Dennoch waren E-Gitarren von Fender oder Gibson erste Wahl, denn damals gab es eigentlich keinen anderen Produzenten von Solidbody-Gitarren in vergleichbarer Qualität. Eine Gibson oder Fender sollte es also sein. Warum dann nicht eine günstige gebrauchte? In den folgenden Jahren bekamen logischerweise viele der Instrumente einen neuen Besitzer. Als Mark Knopfler mit den Dire Straits anfing, spielte er eine gebrauchte, alte, rote Stratocaster.
Am besten war die Versorgungslage natürlich in den USA. Dort waren Les Pauls und Stratocaster erschwinglich und im An- und Verkauf oder Musikladen leicht zu bekommen. Als die englische Band The Hollies im April 1965 zum ersten Mal auf Tournee durch die USA war, gingen die Musiker in jeder freien Minute in die Läden, um sich mit Instrumenten einzudecken. Wenn man schon mal im Schlaraffenland ist, nimmt man auch ein paar Süßigkeiten für zu Hause mit. Einmal entdeckte Gitarrist Tony Hicks bei einem Pfandleiher eine Gibson Les Paul Standard. Die geforderten $ 80 waren ihm allerdings zu viel.
Die Hollies wurden von einem Kamera-Team begleitet, das jeden Schritt der Band filmte. Der Regisseur meinte, es passe prima ins Bild, wenn Hicks die Gitarre kaufen würde. Die $ 80 hat daraufhin die Filmgesellschaft bezahlt. Und die hieß zufälligerweise CBS, die kurz vorher – für etwas mehr Geld – die Firma Fender aufgekauft hatte. Und je mehr britische Bands in die USA reisten, desto mehr Instrumente kamen nach Europa. Die Rolling Stones deckten sich ein, die Kinks taten ähnliches. Dann begann Eric Clapton Les Paul zu spielen und von da an war klar: Wer als Gitarrist etwas werden will, braucht entweder eine Fender oder eine Gibson – im Idealfall eine Stratocaster oder eine Les Paul. Manch ein junger Musiker hatte sogar das Glück, dass die Eltern das Talent des Juniors fördern wollten.
Der junge Paul Kossoff, der mit Free später ein Stück britische Rockgeschichte geschrieben hat, konnte schon in jungen Jahren eine Les Paul Standard und eine Les Paul Custom sein Eigen nennen. Sein Vater war ein berühmter englischer Schauspieler, der für den Sohn offenbar nur das Beste kaufte. Aus heutiger Sicht kann man zwei Fraktionen sehen: die Jungs mit der Les Paul und jene mit der Stratocaster. Zur ersten Gruppe zählen Jimmy Page, Peter Green, Robert Fripp, Keith Richards, Mick Taylor, Jeff Beck, Eric Clapton, Slash, Gary Moore, Paul Kossoff, Neil Young, Pete Townshend, Billy Gibbons, Duane Allman, Dickey Betts und viele mehr.
Selbstverständlich haben viele Musiker später das andere Instrument für sich entdeckt, deshalb werden Jeff Beck, Pete Townshend oder Eric Clapton genau so mit einer Stratocaster in Verbindung gebracht. Aber es gibt auch Zeitgenossen, die beinahe ausschließlich mit Fender assoziiert werden: Ritchie Blackmore, Ron Wood, Rory Gallagher, Hank Marvin (versteht sich), David Gilmour, Mark Knopfler, Bonnie Raitt, Robert Cray, Lowell George, Stevie Ray und sein Bruder Jimmy Vaughan und natürlich Jimi Hendrix. Allerdings, bei Letzterem war das auch wieder eher Zufall.
Als er 1966 zum ersten Mal nach England kam, weil sein (englischer) Manager ihn dort zum Star machen wollte, hatte er keine eigene Gitarre dabei. Ihm war das egal, Hendrix konnte auf allem spielen, was Saiten hatte, egal ob Links- oder Rechtshänderversion. Also besorgte ihm Manager Chas Chandler für das erste Konzert in London eine Gitarre. Er fragte Eric Clapton, und der lieh Hendrix eine Stratocaster. Und der Rest ist Geschichte … [1984]
Lester William Polsfuss oder Les Paul, wie ihn die Welt heute kennt, starb am 12. August 2009 in New York. Damit ging ein Lebensweg zu Ende, der die Welt der Gitarrenmusik wie kaum ein anderer nachhaltig geprägt hat. Dabei war er nicht nur ein begnadeter Bastler, sondern auch ein passionierter Gitarrist, der schon mit neun Jahren vor Publikum spielte. Heute wäre er 103 Jahre alt geworden. Wir haben für euch einige Artikel über ihn und sein Schaffen zusammengestellt, um diesen Anlass zu würdigen – viel Vergnügen und R.I.P., Lester.
Les Paul hat sehr früh angefangen, Gitarre zu spielen. Schon mit neun Jahren trat er auf. Er nahm seine billige Gitarre für $ 4,95 aus dem Versandhaus, baute sich eine Umhängevorrichtung für seine Mundharmonika aus einem Kleiderbügel, übte ein paar Songs und turnte als Straßenmusiker durch seine Heimatstadt Waukesha in Wisconsin. Später, als seine pubertierenden Kumpels in erster Linie Probleme mit sich selbst und den Verabredungen zum Tanzen hatten, hatte der 13-jährige Red Hot Red – so nannte er sich in den frühen Tagen seiner Karriere – in erster Linie Probleme mit seiner Gitarre. Sie war einfach nicht laut genug. Mit Hilfe einer Plattenspielernadel und eines Radios baute er sich damals den ersten Tonabnehmer samt Verstärker. Les Paul wurde einer der berühmtesten und erfolgreichsten amerikanischen Musiker des 20. Jahrhunderts.
Natürlich ist die Gibson Les Paul nicht ohne starke Konkurrenz geblieben. Die Welt der Gitarren teilt sich nach wie vor in zwei große Lager: Gibson Les Paul VS. Fender Stratocaster. Wir sind der Geschichte der zwei erfolgreichsten Gitarrenmodelle aller Zeiten nachgegangen. In diesem Artikel könnt ihr übrigens für euren eigenen Favoriten abstimmen. Interessanterweise steht die Umfrage nach 500 abgegebenen stimmen bei exakt 50:50 (Stand 08.06.2017).
Nicht zu vergessen ist natürlich auch Les Pauls eigene Musik, die er gerne mal im Duo mit seiner Frau Mary Ford vorgetragen hat. Als Les Paul und Mary Ford ihren größten Hit ‘How High The Moon’ aufnahmen, wussten sie ziemlich genau, was zu tun war: „Als erstes nahm ich mich auf, ich klopfte nur auf die Gitarre. Ich drehte den Volume-Regler auf und haute auf die Saiten, ohne Akkorde, das war der Rhythmus, und der markierte das Tempo. Danach kamen die Akkorde. Das ging immer so weiter, Part für Part. Der Lead-Gesang und meine Gitarre kamen als vorletztes. Ganz zum Schluss war der Bass dran, gespielt auf der tiefen E-Saite meiner Gitarre.“
“Getting back to the basics.” – mit diesen Worten beschreibt Gibson CEO Henry Juszkiewicz in einem aktuellen Interview die künftige Strategie des Unternemens. Anstatt wie noch 2015 angekündigt, auf Auto-Tuning und andere technische Spielereien zu setzen, versucht Gibson nun, sich auf die Klassiker zurückzubesinnen.
Gibson Les Paul Slash Signature
Laut Reuters sei der Umsatz im Kerngitarrengeschäft in den letzten 12 Monaten um 10,5 Prozent auf 122 Millionen US-Dollar angestiegen. Künftig sollen noch verstärkt Nachwuchsspieler und Gitarristinnen für Modelle wie die SG oder Les Paul begeistert werden.
Außerdem erwäge Gibson die Produktion von Ukulelen. Seit 1930 ist keine Gibson Ukulele mehr erschienen – lediglich unter der Tochter-Brand Epiphone. “One of the most valuable ukes you can buy today is a Gibson uke made in the ‘30s. We’ve been there,” erklärt Juszkiewicz gegenüber Reuters.
Gibson auf der Summer NAMM 2018
In einem Interview mit dem Guitarist Magazin spricht der CEO außerdem über die neuen Modelle, die aktuell auf der Summer NAMM in Nashville präsentiert werden. Bei der Konzeption sei Vereinfachung, nicht Radikalisierung die Maxime gewesen. Musicradar zitiert Henry Juszkiewicz folgendermaßen:
“Wir haben gemerkt, dass wir in der Vergangenheit zu viele Modelle und Typenbezeichnungen hatten. Das war für Gitarristen sehr verwirrend, also haben wir es wieder vereinfacht und uns an unseren klassischen Art der Namensgebung orientiert.”
Auf seine Absetzung durch die Kreditgeber KKR angesprochen, antwortet Juszkiewicz übrigens: “I’m sure the gears are moving,” Es bleibt also weiter spannend bei Gibson!
Nein, ich bin nicht der freundliche Anlageberater der Bank Ihres Vertrauens! Obgleich in unserem speziellen Fall der Aspekt „Wertsteigerung“ eigentlich nicht alleiniger Sinn und Zweck des Gitarrensammelns sein sollte, taucht die Frage „Welche Modelle sind lukrativ, wovon soll ich besser die Finger lassen?“ unter Kollektionsnovizen gar nicht mal so selten auf.
Sammelthema: Die Beatles-Cavern-Club-Periode. Instrumente: Uwe Brügmann°
Da es jedoch um Musikinstrumente geht, sollte man vom Sammelnden u. a. gewisse musikalische Interessen und Kenntnisse erwarten dürfen. Auch erweisen sich spielerische Fähigkeiten nicht als hinderlich, wenn man sich über die Klangeigenschaften und -qualitäten einer Gitarre oder eines Basses ein eigenes Urteil bilden möchte.
Thema Farbe: Fender Jaguar, Jazzmaster, Coronado und Telecaster in Lake Placid Blue°
Es gibt heute beinahe nichts, was nicht gesammelt wird. Jedoch lockt Opas Bierdeckel-, Briefmarken-, Münz- und Streichholzschachtelkollektion die Enkel ebenso wenig hinterm Ofen hervor, wie Omas Mokkatassen-, Knopf-, Topflappen- und Stickbildersammlung. Gesammelt wird beinahe nur noch, was Wertsteigerung verspricht.
Wir Gitarren-Freaks können mitunter merkwürdige Verhaltensweisen an den Tag legen. Als angehender (heute Ex-)Vintage-Sammler war ich einmal echt pikiert, als ich 1979 während einer Band-Probe stolz meine damals gerade erstandene originale 1957er Les Paul Standard (mit PAF-Tonabnehmern) auspackte, und ein Roadie dies mit „Haste eigentlich keine Kohle für ’ne neue Gitarre?“ kommentierte. Der Mann war einfach nicht im Bilde…
Wie das Gitarren sammeln anfangen?
Nur selten konzipiert ein angehender Gitarrensammler sein Vorhaben konkret und detailliert. Meist entstehen Sammlungen zunächst eher zufällig und entwickeln über die Jahre hin Bezug zu einem bestimmten Thema, sprich Gitarrentyp oder -modell. Eines unterscheidet jedoch den puren Sammler vom sammelnden aktiven Musiker: Während Ersterer oftmals bestimmte Instrumente eines Herstellers nach Baujahren, Modellreihen oder Lackierungen sucht, zeichnet sich die Kollektion eines Musikers durch Marken- und Typenvielfalt aus.
Auch bevorzugt der Sammler in erster Linie Exemplare in tadellosem, im Fachjargon mit „mint” oder „near mint” bezeichneten Originalzustand, während der Musiker oftmals so genannte „Player“ vorzieht, also Instrumente, die durch Modifikationen wie z. B. neue Mechaniken einfach besser spielbar gestaltet wurden. Dabei handelt es sich meist um intensiv gespielte, oftmals auch modifizierte oder/und überlackierte (oversprayed, refinished) Gitarren in weniger gutem Zustand, die einen Bruchteil der gut erhaltenen kosten. Allerdings klingen selbige erfahrungsgemäß meist besser, da sie unzählige Stunden gespielt wurden.
Fakt ist auch, dass ein absolut „unverbasteltes“ Instrument im Originalzustand ungeachtet seines optischen Eindrucks wertvoller ist, als ein modifiziertes, neu lackiertes oder mit Ersatzteilen rekonstruiertes. Man stelle sich vor, Don Gallagher hätte nach dem Tod seines Bruders Rory dessen geschundene Strat neu lackieren lassen, um sie eventuell besser verkaufen zu können. Höchststrafe! Aber der Mann ist schließlich vom Fach.
Inzwischen dürfte es selbst bis in die hintersten Winkel unserer Republik gedrungen sein, dass sich der Otto-Normal-Sammler etwaige Wünsche nach erschwinglichen Gibson Jazz-Gitarren, Les Paul Standards und ES-335/345/355 sowie Fender Broad-, No-, Tele- und Stratocaster-Modellen der 1950er- und frühen 1960er-Jahre, getrost abschminken kann. Speziell bei diesen gesuchten Gitarren ist der Markt abgegrast, und tauchen dennoch solche Modelle auf, werden sie meist in ein weltweit existierendes Sammler-Informationsnetz eingespeist und sind genauso schnell „gebunkert“ wie aufgetaucht.
Dennoch kann der, der eine Nase für gute Instrumente und Trends besitzt, heute immer noch lohnende Schnäppchen machen. Wer hätte beispielsweise gedacht, dass die ersten Fender Squier-Modelle der JV- und SQ-Serien, mit denen der US-Hersteller zu Beginn der 1980er versuchte, den erstklassigen japanischen Kopien von Tokai, ESP und anderen Paroli zu bieten, zu begehrten und zurzeit (noch) erschwinglichen Sammlerstücken mit steigendem Wert avancieren würden? Und die vorzüglichen japanischen Fender-Vintage-Reissues der späten 80er und 90er Jahre sind auf dem besten Weg dorthin.
Was sammeln?
Ganz einfach, nämlich zunächst schlichtweg das, was man mag, und was die finanzielle Situation erlaubt. Tunlichst zu vermeiden ist es, für den Kauf einer Vintage-Gitarre einen Bankkredit aufzunehmen, es sei denn, es handelt sich um ein echtes Schnäppchen der Marke „Nummer sicher“. Die Sammelleidenschaft sollte quasi die persönlichen Vorlieben oder Interessen am Gitarrenspiel fortsetzen. Die meisten der bekannten Sammler starteten mit der Suche nach einem ganz bestimmten (Traum-)Instrument, oder wurden durch ein zufällig entdecktes animiert.
Sie begannen, sich für dessen Historie und Konstruktion zu interessieren und erlangten in diesem Zuge umfangreiches Allgemeinwissen über Vintage-Gitarren. Auch in diesem Genre können nämlich Wissenslücken unter Umständen eine Menge Geld kosten. Sammeln ist ein ständiger Entwicklungsprozess. Wer beispielsweise eine ältere Gitarre besitzt, beginnt am besten damit, so viel wie möglich über sie und eventuelle Vorgängermodelle zu erfahren.
Unzählige Veröffentlichungen entsprechender Fachliteratur, Internet-Foren, der Besuch von Fachmessen oder -ausstellungen und Kontakt zu anderen Sammlern erleichtern die Recherche ungemein und erhöhen gleichzeitig den Wissensstand. Grundsätzlich empfiehlt es sich – wenn man nicht gerade auf absonderliche Farben und Formen steht – Gitarren, die bereits in ihrer Erscheinungsperiode Erfolge aufzuweisen hatten, und deren Kopien zu sammeln. Erfahrungsgemäß erfreuen sich solche Instrumente immer einem gewissen Wert-Zuwachs, während Modelle, die schon bei ihrer Vorstellung keinen interessierten, auch später unbeachtet bleiben. Ausnahmen wie Gibsons exzentrische Flying-V- und Explorer-Gitarren bestätigen da nur die Regel. Hier ein paar praktische Sammelvorschläge:
Instrumente eines Herstellers in einer bestimmten Farbe
Instrumente verschiedener Hersteller, aber eines bestimmten Baujahres, z. B. des eigenen Geburtsjahres – was bei dem ein oder anderen von uns allerdings ein recht teures Vergnügen sein kann
Ein bekannter Instrumententyp (z. B. Fender Stratocaster) und dessen Kopien
Ein bestimmter Instrumenten-Typ in seinen verschiedenen Versionen (z. B. Les Paul Standard, Custom, Special, Junior etc.)
Eine komplette Serie (z. B. Fender Standard Strat, Tele, Jazz Bass, Precision)
Die verschiedenen Baujahre eines bestimmten Instrumententyps, z. B. eine Reihe von Telecaster-Modellen von 1970 bis 1979
Alle Signature-Modelle eines Künstlers, einer Band, oder einer Musikrichtung (z. B. alle Ibanez Steve-Vai-Modelle, alle Mark-King-Signature-Bässe etc.)
Wo suchen?
Überall! Na ja, ganz so einfach ist es natürlich nicht, schließlich liegen gute Instrumente nicht auf der Straße oder gar im Sperrmüll herum. Obwohl … auch das hat es alles schon gegeben! Glücklich kann sich schätzen, wer eine Vintage-Gitarre aus zweiter Hand erwerben kann, vorzugsweise mit originalen Etiketten und Kaufbeleg. Die meisten Sammler ziehen den Kauf von Privatleuten vor, da die begehrten Objekte beim Händler in der Regel teurer sind.
Pfandhäuser (engl.: pawn shops) und Flohmärkte dürften für denjenigen eher uninteressant sein, der bestimmte Modelle der renommierten Hersteller sucht. Jedoch auch hier gilt: Nichts ist unmöglich, keine Chance ungenutzt lassen! Dagegen kann dort leicht fündig werden wer auf deutsche oder unbekannte (ost-)europäische Fabrikate schwört. Auch Kleinanzeigen in Tagespresse, Stadtzeitungen, Fachzeitschriften und speziellen Anzeigenblättern sind immer für die eine oder andere Überraschung gut.
Interessant sind auch die meist kostenlosen Inserate im Internet, die sowohl auf den Websites großer Musikläden als auch von Privatleuten zu finden sind. Momentan sehr beliebt sind Web-Auktionshäuser wie ebay. Ganz „ausgeschlafene“ Zeitgenossen verteilen sogar Suchanzeigen in Seniorenheimen. Trotz des derzeit günstigen Dollar-Kurses sind Vintage-Instrumente in den USA zurzeit teurer als hier zu Lande, auch wenn sich die dortigen Dealer erfahrungsgemäß recht verhandlungsbereit zeigen.
Mal eben eine Gitarre zur Aufbesserung der Urlaubskasse aus den Staaten mitzubringen ist nicht mehr so lukrativ wie noch in den 70er und 80er Jahren. Besonders kostspielig wird es, wenn man sich das im www erspähte Objekt der Begierde von einem der zahlreichen amerikanischen Vintage-Händler zuschicken lassen möchte. Zuzüglich zum vereinbarten Preis muss man nämlich noch gut ein Drittel Versandkosten, Transportversicherung und Einfuhrumsatzsteuer einkalkulieren. Sollte das gelieferte Instrument nicht gefallen oder nicht den Beschreibungen des Händlers entsprechen, kann man es in der Regel zwar wieder zurückschicken, jedoch ausschließlich auf eigene (erhebliche) Kosten.
Was lohnt sich?
Wer ganz sicher gehen will, sammelt die nach wie vor begehrtesten Gitarren: Gibson Les Pauls der 50er Jahre bis 1960, ES-Modelle der 335-, 345- und 355-Reihe von 1958 bis 1964 (Stoptail-Periode), Fender pre-CBS Modelle (bis 1965), Vollresonanzgitarren bis Anfang der 60er (Gibson, D’Angelico, Gretsch, Guild) und etliche andere. Bei solchen Modellen werden die Preise mit ziemlicher Sicherheit stabil bleiben und teilweise auch weiterhin steigen. Aber wer kann und will bei diesen Kursen überhaupt mithalten?!
Kümmern wir uns also um die erschwinglichen Dinge. Inzwischen hat der hiesige Vintage-Markt die Qualität deutscher Produkte entdeckt. Abgesehen von den eher kultigen 50er- und 60er-Jahre-Kopierversuchen der Firmen Framus, Höfner, Hoyer, Hopf, Klira u. v. a. sind zurzeit erstklassige Repliken und auch eigene Kreationen von Hoyer aus den 70ern und frühen 80er Jahren gefragt. Sie zeichnen sich vor allem in puncto Konstruktion (oftmals durchgehende Hälse), Hardware, Klang- und Verarbeitungsqualität aus.
Einen gewissen Ausnahmestatus besitzen die aus massiven Hölzern handgefertigten Jazz-Gitarren der Firmen Glassl, Lang und Roger (Rossmeissl), die inzwischen schon für vergleichsweise recht hohe Summen über den Tisch gehen, und je nach Zustand und Modell auch mal bis zu € 2000 kosten können. Wertsteigerung ist auch bei hochwertigen Kopien von Gibson- oder Fender-Klassikern zu beobachten, vorzugsweise Ibanez-Modelle der frühen bis mittleren 70er Jahre, aber auch eigene Kreationen wie die Artist-Serie, das Bob-Weir-Modell und die Denny-Lane-Doubleneck, von der nur zwölf (!) Stück gebaut wurden.
Lukrativ dürften auch die ersten Fender/Squier-Serien der frühen 80er, die Japan Reissues der 80er und 90er Jahre und frühe ESP- und Tokai-Kopien werden. Hauptsache es sind Produkte japanischer und nicht koreanischer Herkunft!
Auch aktuelle Instrumente, exklusiv für Fernost produziert, werden in Zukunft den europäischen und amerikanischen Sammlermarkt erobern, da kaum zu bekommen. Hierzu zählt die Marke Orville (by Gibson), die eine nahezu komplette Palette erstklassiger Kopien der Gibson-Klassiker bietet. Seit dem Tod des Briten Tony Zemaitis sind nicht nur die Preise seiner Originale explodiert, sondern auch die Kopien diverser Hersteller dermaßen gefragt, so dass neben dem Zemaitis User Club inzwischen auch ein Zemaitis Copy User Club entstanden ist.
Da Zemaitis-Kopien mangels erteilter Lizenzen nicht offiziell verkauft werden dürfen, ist die Zahl recht rar. Es ist auch nicht genau bekannt, welcher Hersteller solche Kopien produziert oder in kleinen Stückzahlen fertigt bzw. gefertigt hat. Es existieren eine handvoll prächtiger Modelle von Tune/Blade und Greco, und Cort hat einmal auf einer asiatischen Musikmesse drei wunderschöne Prototypen präsentiert, die jedoch (leider) nie in Serie gingen.
Ich bekam einmal eine koreanische Zemaitis Pearl Front Replica mit verschraubtem Hals in meine Hände, die qualitativ nicht mit den japanischen Kopien konkurrieren konnte. Es empfiehlt sich also, vom nächsten Japan-Trip eine Orville oder eine Zemaitis-Kopie mitzubringen. Auch Gibson-Kopien des japanischen Herstellers Tokai mit neuerem Datum sind für die Zukunft nicht uninteressant, da sie in überschaubaren Stückzahlen, qualitativ auf hohem Niveau gefertigt und deshalb recht begehrt sind.
Soll es jedoch unbedingt ein „echter“ Oldie eines der renommierten US-Hersteller zum halbwegs akzeptablen Kurs sein, bieten sich 60er-Jahre-Low-Budget-Instrumente von Gibson, Epiphone und Fender an. Zu erkennen sind sie meist an ihrem einzelnen Singlecoil-Pickup. Als lukrativ erweisen sich Gibsons und Epiphones mit P-90s (Dog Ear-Pickup). Einige Modelle verfügen auch über zwei einfache Singlecoils. Die Gibsons tragen die Bezeichnung Junior, Special und Melody Maker, von Epiphone empfehlen sich die Modelle Coronet, Olympic und Olympic Special sowie die Japan-Modelle Scroll 450 und 550 aus der Mitte der 70er Jahre. Fenders „Einsteiger-Gitarren“ sind Duo Sonic, Musicmaster, Mustang, Bronco und Musiclander.
Man sieht, der Sammlermarkt bietet immer noch eine Menge Interessantes und mitunter noch durchaus Bezahlbares, wenngleich sich die Wertsteigerung in dieser Sparte sicherlich im überschaubaren Rahmen halten wird. Aber wer weiß, ob nicht der nächste Guitar Hero mit einer alten Hagström, Eko, Klira, Herticaster, Necker Man oder was weiß ich für Furore sorgen wird, und deren Preise urplötzlich in die Höhe schießen werden.
Als Musiker sind wir ja alle ein wenig sensibel Klängen und Geräuschen gegenüber. Wenn aus dem Geklapper eines leeren Zigarettenautomats ein Groove wird (Joni Mitchell ,Smokin’), das Zufallen der Tür einer Stuttgarter Nobelkarosse besser klingt als jede Bass-Drum oder der erste Schrei des eigenen Kindes in den Ohren wie Musik ist, ist die Welt in Ordnung.
Abb.1 Kopfplattenwinkel von Les Paul (unten) und Telecaster
Es gibt aber auch Geräusche, die uns Musikern durch Mark – ’tschuldigung: Euro – und Bein gehen. Und ein Geräusch ist da ganz weit vorne: das knirschende Knacken, das entsteht, wenn eine Les Paul aus dem Ständer kippt und sich bei der Landung den Hals bricht. Tja, wenn dieses Ereignis eine Seltenheit wäre, könnte man so was in die Abteilung „Gruselgeschichten am offenen Kamin“ einsortieren. Ist es aber nicht, denn immer erwächst speziell bei Paulas und SGs aus einem kleinen Umfall eine große Katastrophe. Wenn der erste Impuls – die Suche nach einer geladenen .45er oder einer Pumpgun – vorbei ist, sollte man erst einmal mit Ruhe und Besonnenheit vorgehen und den Schaden ohne operative Hektik begutachten. Zumeist ist nämlich gar nicht der Hals als solcher gebrochen, sondern „nur“ die Kopfplatte.
In den meisten Fällen ist der Bruch auch nicht ganz durchgehend und die beiden Teile hängen noch an der auf der Vorderseite der Kopfplatte auflaminierten Ebonol-Platte zusammen. In einem solchen Fall ist es wichtig, so schnell wie möglich den Zug von der Kopfplatte zu entlasten, um weitere Schäden oder gar das gänzliche Durchbrechen zu verhindern: S(a)eitenschneider her und sofort alle Saiten durchknipsen, und dabei aufpassen, dass das herunterfallende StopTailpiece nicht auch noch eine Macke in die Decke schlägt. Als nächstes sollte die Klampfe so sanft wie möglich in den Koffer gelegt und gesichert werden, damit kein schusseliger Trommler davor latscht.
Wenn zu erkennen ist, dass sich größere Stücke unerlaubt von der Truppe entfernt haben, gilt es, so gründlich wie möglich den Boden an der Stelle, an der die Paula aufgeschlagen ist, nach Splittern, Bruchstücken und Lackresten abzusuchen. Hoffentlich ist’s kein Flokati! Die Sucherei lohnt sich, denn je mehr davon gefunden wird, desto unauffälliger lässt sich hinterher der Bruch kaschieren.
Sollbruchstelle
Warum aber tritt dieser Schaden mit Vorliebe bei Gitarren diese Bauart auf? Zum einen haben diese Modelle eben diese konstruktionsbedingte Schwachstelle. Vergleichen wir die Köpfe z. B. der Telecaster in Abb. 1 mit der Les Paul darunter, fällt auf, dass die Kopfplatte der Gibson-Gitarre in einem Winkel von ca. 13° aus der Mittelachse des Halses geneigt ist. Wenn wir uns jetzt vorstellen, dass der Hals natürlich dergestalt aus einem Holzstück gefräst wird, dass die Holzfasern in Längsrichtung des Halses verlaufen, wird deutlich, dass im Bereich des Knicks bei der Paula Schichten mit kurzen Fasern übereinander liegen, die eine deutlich geringere Stabilität haben als die Fender-Konstruktion, bei der die Holzfasern zum größten Teil bis zur Spitze des Kopfes durchgehen.
Einen weiteren Beitrag zur „Sollbruchstelle Kopfplatte“ leistet die Ausfräsung für die Verstellung des Halsstabes. Wie auf den Photos zu erkennen ist, fräst Gibson eine rund 15 × 43 mm große und ca. 15 mm tiefe Höhlung in die Kopfplatte, in der die Mutter für den Stahlstab erreichbar ist. Dadurch wird natürlich der holzhaltige Querschnitt um einen nennenswerten Prozentsatz reduziert. Bei einer Gitarre mit geleimtem Hals ist das fast auch nicht anders zu machen. Fender hat die Aufgabe anders gelöst – bei den meisten Modellen ist die Verstellung des Stabes von der Korpusseite aus zu erledigen, was den Nachteil hat, dass – zumindest bei den alten Modellen – dazu der Hals abgeschraubt werden muss.
Es gibt allerdings auch Versionen von Strats und Teles, bei denen die Verstellung vom Kopf aus gemacht wird. Allerdings wird da ein kleines Loch im Kopf freigelassen, durch das mit einem Inbus-Schlüssel gearbeitet wird – eine Methode, die den Querschnitt nicht sonderlich beeinflusst. Nicht ganz unschuldig an der Empfindlichkeit der Les Paul und ähnlich gebauten Gitarren ist auch das Material. Die Paula-Hälse sind in der Regel aus Mahagoni, die Hälse der Stratocaster und Telecaster aus Ahorn.
Die nachstehende Tabelle stellt die wichtigsten Daten von Mahagoni und Ahorn gegen- über. Mahagoni ist also leichter als Ahorn, ähnlich druckfest, aber nicht so biegefest. Interessant ist übrigens auch das unterschiedliche Schrumpfverhalten der beiden Holzsorten. Mahagoni schrumpft mehr in der Länge als Ahorn, dafür schrumpft Ahorn wesentlich mehr im Durchmesser.
Research
Nun wissen wir also, warum der Hals so leicht bricht, aber das bringt uns nicht wirklich weiter. Jetzt ist erst einmal die Gelegenheit für eine gediegene Tasse Kaffee und ein gerüttelt Maß an Kontemplation. Für mich, der ich oben geschilderte Erfahrung am eigenen Leib bzw. an der eigenen Les Paul erlebt habe, stellte sich nun die primäre Überlegung: „Machen oder machen lassen“ (Abb. 2 und 3). Also verschiedene Musikläden und Gitarrenbauer antelefonieren und Informationen – und natürlich Preise – einholen. Bei Mitteilungen von Preisen sind die Gitarrenbauer natürlich ausgesprochen zurückhaltend. Es gibt viele unterschiedliche Arten von Brüchen, und, ohne den Schaden gesehen zu haben, einen Preis zu nennen – und dann eventuell darauf festgenagelt zu werden – könnte auch nach hinten losgehen.
Abb.2 Ein typischer Kopfplattenbruch
Die Preisangaben reichten von € 100 ohne kosmetische Nacharbeiten bis zu € 350 mit „Make Up“ – und alle Angaben ohne Gewähr. Bei der Frage nach der richtigen Vorgehensweise und dem passenden Klebstoff wurden die Antworten noch vorsichtiger. Im Nachhinein ist mir auch klar, warum, denn die Wahl des Klebers ist das A und O der Reparatur. Zum einen gibt kein Spezialist sein Wissen gerne preis, und zum anderen ist auch hier die genaue Kenntnis des Schadens unabdingbar. Aber da dem Inschinör nix zu schwör ist, fasste ich den Plan, das Thema doch auch auf eigene Faust zu lösen.
Leim oder Leim?
Wie bereits gesagt, ist die Entscheidung für den richtigen Klebstoff äußerst wichtig. Die erste muss zwischen Leim und Zweikomponenten-Kleber getroffen werden. Restaurateure schwören z. B. in solchen Fällen auf Uhu Endfest 3000, ein ZweikomponentenKleber auf Epoxidharz-Basis, dessen Endfestigkeit bis zu 3000 N/cm2 erreicht. Allerdings zieht der Kleber nicht in das Holz ein, sondern bildet auf Dauer eine mit Kleber verfüllte Fuge. Es gibt Anwendungen, bei denen dies sinnvoll sein kann, hier ist es das allerdings nicht. Also Leim! Aber welcher? Es gibt eine riesige Menge verschiedenster Leimsorten.
Diese können in zwei große Kategorien unterteilt werden: Heißleime wie Knochen- oder Hautleim und Kalt- oder Weißleime wie z. B. Ponal Express. Der Heißleim wird, wie der Name schon sagt, heiß verarbeitet (ca. 60 °C) und findet im Instrumentenbau an vielen Stellen Verwendung. Die besondere Eigenschaft von Heißleim ist die, dass er mit Hitze und Feuchtigkeit wieder zu lösen ist. Hälse von Gitarren zum Beispiel werden oft mit Heißleim verleimt, um sie im Falle eines Falles wieder ausbauen zu können. Ich hätte allerdings kein wirkliches Interesse daran, dass sich meine Kopfplatte in ihre Bestandteile auflöst, vorzugsweise im Hochsommer auf einer gut ausgeleuchteten Bühne. Für eine unlösbare Verbindung ist Kalt- oder Weißleim also die richtige und bessere Wahl. Weißleim besteht zur Hälfte aus Wasser. Der Klebstoff selbst ist ein Feststoff (Polyvinylacetat), der von Tensiden in einem Knäuel („Micelle“) im Wasser in der Schwebe gehalten.
Abb.3 Glocke und Furnier halten die Kopfplatte noch zusammen
Wenn der Leim aufgetragen wird, zieht das Wasser ins Holz ein. Dadurch brechen die Tensid-Käfige auf und die fadenförmigen, „aufgeknäulten“ (ziemlich langen) Klebstoffmoleküle „strecken“ sich aus. Durch das verdunstende Wasser schrumpft die Klebstoff-Fuge insgesamt um die Hälfte, die Klebstoffketten legen sich dadurch eng aneinander. Die Adhäsion an Holz klappt besonders gut, weil der Kleber so genannte „polare” Stellen aufweist. Die lagern sich wiederum bevorzugt an den polaren Gruppen der Cellulose an, aus der Holz zu einem großen Teil besteht. Die daraus resultierende Verbindung ist von der Fugengröße her minimal, und durch die ins Holz eingedrungenen Klebstoff-Moleküle ist das Holz im Bereich der Klebung haltbarer als normal. Für diesen speziellen Fall habe ich mir eine besondere Variante des Weißleims ausgesucht – den Propeller-Leim.
Bei jeder normalen Leimverbindung kann man das Ergebnis optimieren, in dem man die Verbindung unter hohem Druck herstellt. Dadurch wird die Fuge so klein wie möglich. Propellerleim hingegen hat eine weit stärker kontrahierende Wirkung. So brauchen wir keinen oder viel weniger Druck auf die Kopfplatte auszuüben. Apropos Druck: Wer jetzt schon im Keller nach seinen alten Schraubzwingen sucht, möge die bitte gleich dort lassen – für eine filigrane Reparatur wie diese sind die Dinger denkbar ungeeignet, denn die Dosierung ist Glückssache, und die Kraft wird auch viel zu punktuell aufgetragen.
Viel besser sind so genannte Leimzwingen, wie sie auch auf den Fotos zu sehen sind. Sie bestehen aus einer verzinkten Stahlschiene mit Spannarmen aus Weißbuche, wobei die Druckflächen mit Korkauflage versehen sind, um ein Abrutschen zu verhindern und die Druckstelle zu schonen. Diese Klemmen kosten je nach Länge im freundlichen Baumarkt nebenan zwischen € 10 und 15 und sind eine lohnende Anschaffung für jeden Haushalt. Wo wir schon mal im Baumarkt sind, kaufen wir auch gleich den Propellerleim ein, denn der ist trotz seines Namens nicht in Modellbaugeschäften, sondern in gut sortierten Baumärkten zu kriegen. Ich habe meinen von Hellweg.
Kleben
Da wir nun alle Sachen beisammen haben – halt, ein kleiner Pinsel mit langen, aber harten, Borsten fehlt noch –, können wir den Arbeitsplatz vorbereiten. Ich lege am liebsten Papier aus, das kann ich dann nach getaner Arbeit wegwerfen und brauche nicht den Werktisch zu säubern; ein altes Bettlaken tut’s auch. Außerdem sollte man ein paar Stücke Schaumstoff oder Styropor bereitlegen. Dann bereiten wir den Patienten vor: Zunächst werden vorsichtig alle Mechaniken abgeschraubt, die stören nur beim Zwingen.
Das „truss rod cover“ (Glocke) wird abgeschraubt, wenn er nicht schon abgebrochen ist, die Spannmutter des Halsstabes komplett entfernt und der Halsstab mit Klebeoder Isolierband abgedeckt. Sollte sich näm lich Leim zwischen Mutter und Gewindestange setzen oder das Gewinde mit Leim verkleben, ist mit Halsverstellen zukünftig Essig. Nun wird der Arbeitstisch so vorbereitet, dass die Gitarre hingelegt werden kann, indem das Griffbrett nach unten zeigt und flach auf dem Tisch liegt. Die ganze Sache wird dann mit Schaumstoff oder Styropor-Klötzchen unterstützt, so dass Platz für die Zwingen bleibt und die Kopfplatte in ihrem ursprünglichen Winkel steht. Nun wird die Bruchstelle ein wenig auseinander gebogen und vorsichtig ausgepustet, damit bloß keine Krümel in der Fuge bleiben.
Abb.4 Zwingen, Pinsel und Propellerleim
Als nächstes wird der Leim aufgetragen. Dazu benutze ich den Pinsel mit den langen Borsten und versuche den Leim so tief wie möglich in die Bruchstelle zu befördern. Sparsamkeit mit Leim ist hier nicht angesagt, denn was an Leim zu viel ist, wird beim anschließenden Zusammendrücken mit den Leimzwingen aus der Bruchstelle herausgepresst. Wie gesagt braucht Propellerleim nicht viel Druck, aber andererseits hilft der Druck, den Leim wirklich bis in den letzten Winkel zu verteilen. Also werden vorsichtig die Leimzwingen angesetzt und festgeklemmt (Abb. 4).
Dabei nur langsam den Druck mit den Knebeln erhöhen, um dem Leim Zeit zu geben, sich zu verteilen. Es empfiehlt sich, den herausquellenden Leim schnell mit einem Lappen abzuwischen, bevor er antrocknen kann. Nach dem Abwischen kann man nun kontrollieren, ob die Nahtstelle auch gut zusammengedrückt ist. Jetzt ist der beste Moment, eventuell abgesplitterte Holzteilchen wieder an ihre Stelle zu setzen, wenn nötig mit einem Tröpfchen Leim versehen. Sieht alles so aus, wie es sein sollte, kann man sich nur noch in Geduld üben und das Werk 24 Stunden stehen lassen.
Dabei sollte die Raumtemperatur nicht unter 18 °C sein, besser sind 20 oder 22 °C bei niedriger Luftfeuchte, ein schimmeliger Bastelkeller mit 14 °C und 90 % Luftfeuchte ist definitiv nicht der richtige Platz. Nach dieser Geduldsprobe können wir die Klemmen entfernen und einen ersten Blick riskieren. Wenn alles so aussieht wie in Abb. 5 – herzlichen Glückwunsch! Rein funktional ist die Gitarre wieder fit. Leute mit guten Nerven können mal mit der Hand einen ersten Bruchtest machen: einfach versuchen, die Kopfplatte sanft nach vorne zu biegen! Wenn die Leimung ordentlich gemacht wurde, passiert wirklich nichts mehr.
Abb.5 Die Nahtstelle muss nur noch optisch bearbeitet werden.
Was jetzt noch stört, ist natürlich die Optik – der Riss im Lack ist selbstverständlich deutlich zu erkennen und auch zu erfühlen. Doch auch das lässt sich klären, jedoch auf verschiedene Arten und Weisen, die stark von der Art des verwendeten Lacks abhängen. Originale Gibson-Gitarren sind mit – mehr oder weniger reinem – Nitrozellulose-Lack lackiert. Der hat den Vorteil gegenüber DD- oder Mehrkomponenten-Lack, dass er sich mit seinem Lösungsmittel Nitro nachträglich wieder anlösen lässt. Dadurch kann sich eine neue Schicht Nitrolack fest und ohne Übergänge mit dem alten Lack verbinden. Anschließend kann durch Nass-Schleifen und Polieren wieder eine einheitliche und glatte Oberfläche hergestellt werden. DD-Lack, der einmal angetrocknet ist, lässt sich allerdings nicht mehr chemisch lösen; dadurch sind Reparaturen im Lack weit schwieriger.
Appetit kommt beim Essen, und durch diesen ersten Erfolg bin ich auf weitere Ideen für Verbesserungen an meiner Gitarre gekommen. Also habe ich mich für eine viel radikalere Lösung entschieden – der Lack soll komplett runter und die Gitarre neu lackiert werden. Aber das ist eine ganz andere Geschichte …
Auch wir in der Redaktion hatten einen bedauernswerten Transportschaden einer Ibanez-Destroyer zu beklagen. Ein geschickter Kölner Handwerker konnte das Ding jedoch wieder spielbar machen – und das tadellos!
Les Paul, Taufpate und Geburtshelfer der Gitarre mit seiner Frau und musikalischen Partnerin Mary Ford.
Les Paul hat sehr früh angefangen, Gitarre zu spielen. Schon mit neun Jahren trat er auf. Er nahm seine billige Gitarre für $ 4,95 aus dem Versandhaus, baute sich eine Umhängevorrichtung für seine Mundharmonika aus einem Kleiderbügel, übte ein paar Songs und turnte als Straßenmusiker durch seine Heimatstadt Waukesha in Wisconsin …
Später, als seine pubertierenden Kumpels in erster Linie Probleme mit sich selbst und den Verabredungen zum Tanzen hatten, hatte der 13jährige Red Hot Red – so nannte er sich in den frühen Tagen seiner Karriere – in erster Linie Probleme mit seiner Gitarre. Sie war einfach nicht laut genug. Mit Hilfe einer Plattenspielernadel und eines Radios baute er sich damals den ersten Tonabnehmer samt Verstärker. Les Paul wurde einer der berühmtesten und erfolgreichsten amerikanischen Musiker des 20. Jahrhunderts.
Seine Aufnahmen aus den 40ern und 50ern wurden allesamt Hits und verkauften sich millionenfach. Trotzdem war er ständig beschäftigt, sein Handwerkszeug zu perfektionieren, und das bedeutete für ihn, eine brauchbare elektrische Gitarre zu konstruieren. Ein vernünftiger Tonabnehmer war bereits erfunden. Spätestens seit Mitte der 30er Jahre gab es gute, brauchbare elektromagnetische Systeme samt Verstärker. Aber Les Paul störte das leidige Problem der Rückkopplung. Kein Wunder, ein Star wie er trat vor großen Auditorien auf und musste mit, zumindest für damalige Verhältnisse, großer Lautstärke spielen. Seine Gitarren mit hohlem Korpus und Tonabnehmer dürften dabei mehr Feedback als Musik produziert haben.
The Log
1941 hatte er die Nase endgültig voll – er griff zu radikalen Maßnahmen und baute „The Log“. Er nahm sich eine Ahornplanke mit quadratischem Querschnitt, ca. 50 cm lang, schraubte Saitenhalter, Steg und Tonabnehmer daran fest und verleimte diesen Klotz (engl. „log“) mit einem ganz normalen Gitarrenhals von Gibson. Dann sägte er eine seiner Epiphone-Gitarren der Länge nach durch und befestigte an den Seiten seines Klotzes je eine Korpushälfte. Von weitem sah das gute Stück wie eine handelsübliche Gitarre jener Tage aus, in Wirklichkeit handelte es sich aber um eine – zugegeben recht simple – Solidbody, die der Optik wegen (noch) mit zwei hohlen Korpushälften „getarnt“ war.
Dieses Instrument spielte Les Paul fortan regelmäßig, denn nun war er nicht nur das leidige Feedback los, sein neues Instrument hatte auch einen brillanteren Klang. Er hatte eine ganz einfache Überlegung angestellt: „Wenn man eine schwingende Decke und eine schwingende Saite hat, gibt’s Probleme. Eins von den beiden muss aufhören zu schwingen, aber die Saite kann’s nicht sein, sie produziert den Klang.“ Ted McCarty, der Chef in Kalamazoo, trieb die Gibson-Entwicklungsabteilung zur Eile an. Der Zug mit den neuen Solidbody-Gitarren sollte nicht so schnell ins Rollen kommen, dass man nicht mehr aufspringen konnte. Und man begann der Zeit nachzutrauern, die verstrichen war, seit Les Paul ihnen sein Solidbody-Konzept vorgestellt und sie es hochmütig abgelehnt hatten. Zwei Dinge waren von vornherein klar.
Das Konkurrenzmodell zu Fenders Broadcaster musste sich deutlich unterscheiden, und es brauchte einen prominenten Taufpaten. Wer wäre besser geeignet gewesen als Les Paul, der erfolgreichste Gitarrist, den die Welt bis dahin erlebt hatte. McCarty reiste dem Star extra nach Pennsylvania hinterher, wo Les Paul Aufnahmen machte, um den Vertrag so schnell wie möglich unter Dach und Fach bringen zu können. Les-Paul bekam bei den Verhandlungen einen Prototyp gezeigt und verpflichtete sich, in Zukunft nur noch mit der neuen Gibson-Gitarre aufzutreten. Dafür gab es Tantiemen von jedem verkauften Exemplar, und alle fünf Jahre sollte der Vertrag verlängert werden. „Les Paul Model“ – unter diesem Etikett sollte das Instrument auf den Markt gebracht werden. Aber, man höre und staune, ohne den Firmennamen Gibson. Die Chefs trauten der Sache immer noch nicht und hatten immer noch Angst um ihren guten Namen.
Goldrush
Les Paul sah die Dinge etwas pragmatischer. Er schlug vor, die Gitarre mit einer speziellen einteiligen Steg/Saitenhalter-Kombination auszustatten, die er entwickelt hatte. Außerdem präferierte er eine goldene Lackierung, um dem Instrument ein edles, wertvolles Erscheinungsbild zu geben. McCarty akzeptierte beides, wohl auch, um die Verhandlungen nicht zu verzögern. Das mit der Farbe leuchtete ihm sicher ein, das mit dem Steg sollte allerdings sehr bald für Ärger sorgen.
Die Steg-Saitenhalterkombination. Ein Vorschlag von Les Pauls, allerdings auf Dauer nicht praktikabel
Na ja, und dann war da noch der Konkurrent in Kalifornien. Um ihm die Lust am Kopieren von vornherein zu verderben, sollte die Gitarre eine geschnitzte, gewölbte Decke bekommen. Zu solchen Handwerksleistungen wäre Fender kaum in der Lage gewesen. Außerdem bekam die Les Paul dadurch ein konventionelles Aussehen. Wer weiß, vielleicht war das Design ja doch zu gewagt … Gibsons Manager waren in jenen Tagen nicht sehr mutig. Bei der Konstruktion wurden allerdings keine halben Sachen gemacht. Die Form der Gitarre war klar. Es war ein Styling, das sich an einer „normalen“ Arch-Top-Gitarre orientierte, allerdings mit einem wesentlich kleineren Korpus und einem Cutaway, das den Musikern bereits auf der ES-175 viel Freude machte.
Bei der Holzauswahl hätten die Entwicklungsingenieure sich am liebsten auf Ahorn für den Korpus beschränkt. Ahorn war für seinen hellen, brillanten Klang und sein gutes Sustain bekannt. Allerdings wäre der Korpus wahrscheinlich zu schwer geworden. Mahagoni oder Esche, letzteres verwendete Fender, hatte nicht genug Sustain, und Sustain war für den Musiker Les Paul der entscheidende Vorteil einer Solidbody. Monatelang wurde in Kalamazoo mit unterschiedlichen Hölzern und Kombinationen experimentiert. Der beste Kompromiss schien eine Kombination aus Ahorn und Mahagoni zu sein. Also baute man den Korpus aus einem einteiligen Mahagoni-Fundament und leimte die geschnitzte Ahorndecke auf. Für den Hals wurde ebenfalls ein einteiliges Stück Mahagoni gewählt.
Das Palisandergriffbrett bekam 22 Bünde, dank des Cutaways gut zu erreichen. Bei der Auswahl der Tonabnehmer gab es kaum Probleme, Gibson hatte damals nur ein Modell. Allerdings bekam der P-90 eine neue Montage. Seine „Befestigungs-Ohren“ wurden abgeschnitten, stattdessen wurde er mit zwei Schrauben zwischen den Polen der Spulen im Korpus fest verankert. Bei frühen Exemplaren wurde der Steg-Pickup mit zusätzlichen Schrauben an zwei gegenüberliegenden Kappen-Ecken gesichert.
Ein Klassiker mit Problemen
Im Frühjahr 1952 kamen die ersten Les-Paul Modelle in den Handel, zusammen mit einem 12-Watt-Verstärker, der die Initialen L und P auf der Lautsprecher-Bespannung hatte. Im letzten Moment vor der Veröffentlichung mussten die Gibson-Manager ihre Vorbehalte wohl noch überwunden haben, denn auf den Kopfplatten der Gitarren fand sich nun doch das Gibson-Logo in Perlmutt eingelegt. Das Goldstück kostete damals $ 210, während zur selben Zeit die Broadcaster (sie hieß allerdings inzwischen Telecaster) schon $ 189 kostete. Bedenkt man den handwerklichen Mehraufwand, den die Gibson verursachte, kann man davon ausgehen, dass die Firmenleitung eher vorsichtig an den Markt herangehen wollte und den Preis bewusst niedrig kalkulierte.
Das Konzept ging offenbar auf, denn 1952 wurden 1716 Exemplare gebaut, 1953 sogar 2243. Bis 1961, dem vorläufigen Ende der Les-Paul-Reihe wurden nie wieder derartige Stückzahlen produziert. Trotz des unzweifelhaften Erfolgs der ersten Monate gingen McCarty und seine Mitarbeiter sofort an die Verbesserung des Modells, denn der Saitenhalter war alles andere als optimal. Die Saiten wurden nach der Befestigung um den zylinderförmigen Steg geführt, allerdings unter dem Steg hindurch. Es gab für den Musiker keine Möglichkeit, die Saiten durch Auflegen der rechten Hand zu dämpfen. Außerdem war der Abstand zwischen der rechten Hand und den Saiten recht groß.
Hätte man die Saiten über den Steg geführt, wäre die Saitenlage unspielbar geworden. Wie konnte solch eine gravierende Panne bei der Konstruktion überhaupt passieren? Heute, ein halbes Jahrhundert später, kann man nur vermuten und versuchen, der Wahrheit durch die Aussagen der Beteiligten auf die Spur zu kommen. Natürlich, das TrapezeTailpiece war Les Pauls Idee. Die Patenturkunde ist auf seinen Taufnamen, Lester W. Polfus ausgestellt. Auf der Patentzeichnung ist deutlich zu sehen, dass die Saiten über den Steg geführt werden sollen. Selbstverständlich. Les Paul wusste genau, was er tat, als er dieses so sinnvoll und praktisch erscheinende Teil entwickelte.
Ted McCartys Patentanmeldung vom 21. Januar 1953 mit zwei verschiedenen Stegen für die Les Paul.
Aber warum funktionierte es auf den ersten Exemplaren der Les Paul nicht? Vermutlich liegt die Ursache in der Schwierigkeit, die Vorstellungen des Musikers, der Geschäftsleitung und der Instrumentenbauer bei Gibson zu koordinieren, vor allen Dingen auch unter dem Zeitdruck, den die Gibson-Verantwortlichen auf einmal diesem Thema auferlegten. Les Paul hatte Gibson seine Vorstellungen von der Konstruktion klar gemacht. Seine wichtigsten Forderungen, neben der Wahl der Lackierung, waren Sustain, sein patentierter Saitenhalter und eine flache(!) Ahorndecke.
Auf Fotos aus den 50er Jahren sieht man Les Paul häufig mit Gitarren, die er sich von Gibson speziell für den Eigenbedarf auf der Bühne und im Studio hat bauen lassen und diese Les Pauls haben eine flache Decke. Aber Ted McCarty, der Mann, der in Kalamazoo das Sagen hatte, wollte eine gewölbte Ahorndecke, um der Konkurrenz das Kopieren zu erschweren. Und bei der Wölbung der Decke liegt die eigentliche Ursache des Problems. Der Steg, der auf zwei Metallkegeln ruht, steht aufgrund dieser Wölbung zu hoch über der Decke. Das Dilemma war perfekt.
Eine frühe Les Paul von 1952
Les Paul war ständig irgendwo in den USA unterwegs und nicht in der Lage, jeden Entwicklungsschritt bei Gibson zu begleiten und gegebenenfalls zu korrigieren. Ted McCarty hatte seine Vorstellungen von einem erfolgreichen Marketing der Gitarre, und die Arbeiter im Werk mussten sehen, wie aus den differierenden Vorstellungen ein brauchbares Instrument wurde. Und dann kam der Faktor Zeit ins Spiel. Gibson arbeitete bereits zu lange an der Les Paul, sie musste auf den Markt, damit Fender nicht noch mehr Vorsprung bekam.
Eine gründliche Neukonstruktion kam nicht in Frage, eine Veränderung des Halswinkels, der das Problem hätte lösen können, auch nicht. Also wurde eine simpel erscheinende Variante gewählt, die weder Zeit noch Aufwand kostete: die Saiten wurden falsch herum um den Steg geführt, die Les Paul war damit spielbar und konnte endlich erscheinen. Zweifellos wussten alle, dass hier ein im wahrsten Sinne fauler Kompromiss gewählt worden war. Aber man hatte Zeit gewonnen, man konnte beobachten, ob der Markt das neue Instrument akzeptierte, um dann über Modifikationen nachzudenken.
Gibson Les Paul Model, Baujahr 1953
Les Paul hat sofort gemerkt, was hier nicht stimmte. Auf Promotion-Fotos sieht man ihn mit der nach ihm benannten Gitarre und bei genauem Hinsehen stellt man fest, dass die Saiten über den Steg geführt sind. Ob er die Instrumente auf den Fotos auch selbst gespielt hat, ist eine andere Frage. Jedenfalls war auch McCarty klar, dass der Steg verändert werden musste, um eine vernünftige Saitenlage bei korrekter Saitenführung zu bekommen. Zuerst schien die Lösung denkbar einfach. Man müsste nur die beiden Kegel, auf denen der Steg ruht, entfernen. Ging in der Realität aber nicht, denn dann wurden die Schenkel des Trapezes in die Decke gedrückt – die Wölbung war schon wieder im Weg. Also half nur eine radikale Lösung: Das Trapeze musste weichen. Der Zylinder, gleichzeitig Saitenhalter und Steg, brauchte nur noch anders befestigt zu werden. Das besorgten fortan zwei massive Bolzen, die in die Decke geschraubt wurden.
Im Januar 1953, also nur rund ein halbes Jahr nach dem Debüt der Les Paul, meldete McCarty diesen Steg/Saitenhalter auf seinen Namen zum Patent an. Die Verantwortlichen hatten zügig gehandelt. Es dauerte allerdings noch bis weit ins Jahr 1953 hinein, bis Musiker die neue, zweite Generation der Les Paul kaufen konnten. Heute kennen wir diesen Steg unter dem Namen Stud-Tailpiece. Es wird häufig erzählt, Gibson habe mit dem neuen McCartySteg auch den Halswinkel erhöht. Das ist ein Mythos, denn es stimmt nicht. Eine Les Paul mit Stud hat den gleichen Halswinkel, wie eine frühe mit Trapeze. Deutlich größer wurde der Halswinkel erst 1955, mit der Einführung des neuen Tune-o-matic-Stegs. Diese Neukonstruktion, 1954 schon auf der Les Paul Custom verwendet, bot die präzisesten Einstellmöglichkeiten von Saitenlage und Intonation, die sich ein Gitarrist damals wünschen konnte. Allerdings war nun endgültig ein größerer Halswinkel nötig.
Ob gewünschter Nebeneffekt oder Zufall, durch den neuen Halswinkel erhöhte sich der Druck der Saiten auf den Steg und ein noch besseres Sustain war die Folge Trotz aller Probleme schien das Les-Paul-Modell in der ersten Hälfte der 50er Jahre ein Erfolg zu werden. Gibsons Manager wurden mutiger und erweiterten kontinuierlich die Modell-Palette zum Quartett: Les Paul Junior, Les Paul Special, Les Paul Custom. Ab 1955 gab es zwei Klassen Les Pauls: die Custom und das Les Paul Model (Standard hieß es noch nicht) mit Tune-o-matic und gewölbter Decke sowie Junior und Special ohne Ahorndecke und mit Stud-Tailpiece.
Neue(r) Standard
1957 schließlich bekam die Les Paul anstelle der beiden P-90 zwei Humbucker, und damit hatte sie einen Entwicklungsstandard erreicht, der nicht mehr zu verbessern war. Ab 1958 hieß sie dann auch Les Paul Standard und die Goldfarbe war einem attraktiven Sunburst gewichen. Ironie des Schicksals, die Musiker der damaligen Zeit schienen von der Qualität der ständig verbesserten Les Paul nicht überzeugt zu sein, denn die Verkaufszahlen gingen kontinuierlich zurück. 1961 wurde die klassische Les Paul aus dem Programm gestrichen und durch ein neues Design ersetzt – wir kennen dieses Modell heute unter dem schlichten Namen SG.
Kurze Zeit lang hieß diese Reihe ebenfalls noch Les Paul, denn Gibson hatte ja einen Vertrag mit dem Gitarristen. Dieser Vertrag wurde letztendlich Ende 1961 gelöst, nachdem zum zweiten Mal fünf Jahre verstrichen waren. Les Paul sagt heute, er sei damals froh gewesen, aus dem Vertrag heraus zu kommen, das neue Design hätte zu wenig mit seinen Vorstellungen von einer E-Gitarre zu tun gehabt. Außerdem lief die Scheidung von seiner Frau und Duo-Partnerin Mary Ford. Er wollte ihren Anwälten die Möglichkeit nehmen, Anteile an Gibsons regelmäßigen Tantiemen Zahlungen einzuklagen.
In der zweiten Hälfte der 60er Jahre hatten die Musiker gemerkt, wie gut Gibsons erste Solidbody-Konstruktion gewesen war. Die Nachfrage nach gebrauchten Les Pauls stieg stetig. Mike Bloomfield in den USA und Eric Clapton in England hatten maßgeblichen Anteil an der Neuentdeckung der alten Les Paul, und Gibson entschloss sich 1968, die Reihe wieder ins Programm zu nehmen. Und seitdem wird dieser Klassiker ohne Unterbrechung wieder gebaut und ist zusammen mit der Fender Stratocaster die erfolgreichste E-Gitarre der Geschichte.
Mehr zur Thema Gibson Les Paul und anderen Gibson Gitarren findest du in unserer Gibson Sonderausgabe!
Q: Ich habe Probleme mit meiner Gibson Les Paul Standard von 1993. Sie hat eigentlich noch nie so richtig gut geklungen. Vor allem clean ist sie immer relativ wabbelig und wenig durchsetzungskräftig. Nach einem Setup und dem Wechsel auf DiMarzio Tone Zone PUs war zwar der Zerrsound wesentlich besser, aber das Clean-Problem ist immer noch da. Der Hals kommt mir auch etwas „weich“ vor, er reagiert schon auf geringe Krafteinwirkung mit Tonhöhenschwankungen.
Als direkten Vergleich habe ich seit ein paar Jahren die Squier John 5 Tele mit denselben DiMarzios. Diese Gitarre kann fast alles und liegt klanglich trotz immensem Preisunterschied weit vorne. Ich weiß auch, dass die Paula keine Tele ist, aber auch, dass ich schon viele clean gut klingende Paulas gehört habe. Nun die Frage, mit welcher Modifikation/Einstellung könnte man noch was rausholen? Sollte man unabhängig von allem nach ca. 24 Jahren auch mal die Potis wechseln? Habe ich ein schlechtes Baujahr erwischt?
Florian Lenz (G&B-Leser)
A: Ich glaube, dass die Gibson Les Paul weder deine Anforderungen noch deinen Geschmack erfüllen kann. Da ist es wie im richtigen Leben: Eine Scheidung steht an. Die kann man noch etwas hinauszögern, aber letztendlich weiß man doch recht genau, auf was das hinausläuft.
Die Gründe: 1.) Ein weicher Hals lässt sich nun mal leicht hin- und herbiegen. Das Instrument verstimmt sich dadurch leicht. Manch einer macht damit sogar einen Vibratoeffekt. Die SG war in den früheren Jahren „das“ Instrument für diesen Stil. Leider ist das eine Eigenschaft, die nachträglich nicht mehr geändert werden kann. Der Hals bei der Gibson ist aus Mahagoni, ein eher weiches Holz. Bei allen Hölzern gibt es immer mal wieder weichere und härtere, sodass Unterschiede innerhalb eines Baujahrs und auch innerhalb derselben Produktionsserie auftreten können.
2.) Es gibt Instrumente, die einen wattigen und wenig durchsetzungsfähigen Sound mitbringen, und eine Seriennummer weiter findest du das Gegenteil mit drahtigem, knackigem und druckvollem Sound. Die Les Paul ist ein Instrument, bei dem mehrere, z. T. unterschiedliche Hölzer miteinander verleimt werden. Jedes Stück Holz hat etwas andere Klangeigenschaften.
Alles, was miteinander verleimt ist, bildet mehr oder minder starke Spannungen. Das hat nicht nur mit der Dicke des Leimauftrags, sondern auch mit der Vorbehandlung der Hölzer zu tun. So stehen Holzfasern bei Feuchteeintrag durch den Leim auf, frisch gehobelte Holzflächen verziehen sich nach dem Hobelvorgang etwas, Holz dehnt sich durch den feuchten Leim aus, die Leimflächen verbinden sich und das Holz zieht sich beim Trocknen wieder zusammen etc. So entstehen bei der Les Paul konstruktionsbedingt etliche Flächen, die unter Spannungen stehen, was im Instrumentenbau prinzipiell unerwünscht ist, da es zu kaum kontrollierbaren Klangeigenschaften führt.
Das alles heißt nichts anderes, als dass man beim Kauf einer Les Paul unbedingt mehrere baugleiche Modelle ausprobieren sollte, um das für sich am besten geeignete Exemplar zu finden. Denn das, was du schlecht findest, findet ein anderer möglicherweise gut und das was dir besonders gut gefällt, muss einem anderen nicht zwingend auch gefallen.
3.) Natürlich kann man einem schwächelnden Instrument auf die Beine helfen. Der wichtigste Ansatz hier sind die Pickups. Denn die versprechen die größte klangliche Verbesserung. Da bei vielen Gibson Les Paul Modellen 300-kOhm-Volume-Potis ab Werk zum Einsatz kommen, Humbucker aber mit 500-kOhm-Potis am besten klingen, sollte man beim Austausch der Pickups (oder schon vorher) unbedingt auch die Potis tauschen. Weiterhin kann man mit einer massiven Brücke, etwa der ABM-Messingbrücke und ggf. dem dazu passenden Saitenhalter eine Menge mehr an Druck, Dynamik und Sustain herausholen.
Aber … es sollte nicht vergessen werden: Aus einem Mauerblümchen wird kein Dampfhammer! Und die Sache mit dem weichen Hals bleibt sowieso. Mein Tipp wäre der radikalere Weg: Weg mit dem Instrument und ab zum nächsten gut sortierten Gibson-Händler. Dort solltest du dann unter Berücksichtigung der o. g. Tipps mehrere Instrumente miteinander vergleichen. Spricht dich eines an, dann ist sie „deine“, passiert das nicht: Suche weiter!
Ehrlich gesagt konnte ich den euphorischen Berichten über die Erfolge der Historic Makeovers, der Bavarian Tunings, der Aging-Jobs – also all dem, was mit der Glorifizierung des Guten im Alten einer Gibson Les Paul zu tun hatte – nichts abgewinnen. Als ob man mit einer normalen Gibson Les Paul nicht auch gut klingende Musik machen kann …
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Doch da kaufen sich weltweit Menschen, von denen vermutlich die wenigsten einmal eine alte Les Paul in der Hand gehabt haben, eine neue Gibson R8, R9 oder R0 aus der Historic Collection und investieren mitunter den gleichen Betrag noch einmal, um bei einem Gitarrenbauer alle erdenklichen Features dem alten Original anpassen zu lassen. Und warum das Ganze? Nur um dem Traum von einer mittlerweile für einen Normalsterblichen nicht mehr zu bezahlenden richtigen Les Paul aus den goldenen Jahrgängen (1958 bis 1960) einen Schritt näherzukommen. Alles Quatsch, Hype, Selbstdarstellung, so dachte ich.
Was soll denn schon an den alten Les Pauls so besonders sein, außer, dass es sicherlich gut klingende Gitarren sind? Zaubern konnten die bei Gibson auch damals nicht. Doch dann hatte ich selbst die Gelegenheit, gleich drei dieser alten Originale näher kennenzulernen. Es war eine Begegnung der besonderen Art, die meine Meinung zu all dem beschriebenen Tun von Grund auf ändern sollte … Detlef Alder vom Guitar Point in Maintal hatte mich eingeladen, seine drei Bursts, wie diese legendären Les Pauls genannt werden, anzuschauen und anzuspielen. Abgesehen von der Tatsache, dass die Gelegenheit, gleich drei dieser Gitarren nebeneinander spielen zu können, wahrscheinlich so schnell nicht wiederkommen wird, hat mich die Tatsache gereizt, die drei Burst-Jahrgänge direkt miteinander vergleichen zu können.
Und so sah ich mich schon bald vor der wie ein altes Schaufenster aufgemachten Vitrine im Guitar Point stehen und auf je eine 58er, 59er und 60er Gibson Les Paul in Cherry Sunburst schauen. Und ertappte mich bei dem Gefühl, dass die drei mich anschauten. Doch was ist eigentlich das Besondere an den Les-Paul-Gitarren dieser Jahrgänge, und was rechtfertigt die exorbitanten Preise, die mittlerweile dafür gezahlt werden? Ist das alles Hype, oder steckt da wirklich ein Mythos dahinter? Und wenn ja, ist der nachvollziehbar oder von Geschäftemachern gar gelenkt? Um diesem Phänomen auf die Spur zu kommen, müssen wir in die Historie dieser Gitarre eintauchen.
Detlef Alder, in feines Tweed gehüllt, mit seinen Bursts°
The Fifties
Gibson hatte seit 1952 die Les Paul Goldtop und ab 1954 die schwarze Les Paul Custom gegen die Tele- und Stratocaster des irgendwie lästigen Konkurrenten Fender ins Rennen geschickt. Seit 1957 hatte man zudem die neuen Humbucker, die Seth Lover für Gibson entwickelt hatte, auch den Les Pauls verordnet; die Goldtop bekam statt der beiden P-90s zwei, die Custom gleich drei der nun endlich nicht mehr brummenden Aggregate. Die Verkaufszahlen für Les Pauls hatten 1956 ihren Höhepunkt erreicht, mit 3129 verkauften Einheiten war allerdings das „Student“- Modell Les Paul Junior der Renner gewesen und nicht etwa die Top-of-the-line-Gitarren Goldtop und Custom.
Mitte 1957 bestand die Les-Paul-Flotte aus Les Paul Junior ($ 120), Les Paul Junior 3/4 ($ 120), Les Paul TV ($ 132), Les Paul Special ($ 179,50), Les Paul Model (Goldtop, zwei PAF-Humbucker, $ 247,50) und der Les Paul Custom (schwarz, drei PAFs, $ 375). Als 1958 die Verkäufe von Goldtop und Custom drastisch zurückgingen, entschieden die Verantwortlichen, das gesamte Les-PaulProgramm einem deutlichen Wandel zu unterziehen. So bekamen die Les Paul Junior sowie die Les Paul TV eine neue Korpusform mit zwei Cutaways.
Doch viel bedeutender waren die Änderungen, mit denen sich die Les Paul Goldtop (sie hieß offiziell Les Paul Model) konfrontiert sah: Sie wurde ab sofort in einem auffälligen Cherry Sunburst lackiert und das, wie Gibson in seiner Werbung verkündete, sogar ohne Aufpreis! Alle anderen Features, wie die beiden PAF-Pickups oder die Tune-o-matic-/Stop-Tailpiece-Konstruktion, blieben der neuen Les Paul erhalten, die übrigens erst ab Mitte 1960 den Zusatz Standard erhielt. Doch egal ob Les Paul Model oder Les Paul Standard – in die Gitarrengeschichte wird dieses Modell Jahre später als „Burst“ eingehen, die legere Abkürzung von Sunburst.
Ca. 15% aller alten Cherry-Sunburst-Les-Pauls wurden mit Bigsby ausgeliefert.°
Der Wechsel von der goldenen zur SunburstLackierung war eine reine Marketing-Entscheidung, geschuldet dem Rückgang der Goldtop-Verkäufe. Man dachte, der Gold-Look wäre schuld daran, und so änderte man die Farbe der Lackierung. Aber auch, weil sich Kunden, die solche Instrumente seit nun fast 6 Jahren besaßen, beschwerten, weil das Gold abblätterte und sich Grünspan (sog. Greening) bildete. Zudem hatte man sicherlich mitbekommen, dass Fenders neues Modell, die Jazzmaster, 1958 mit einer Dreiton-Sunburst-Lackierung auf den Markt gekommen war.
Wie auch immer – auf der Summer-NAMM-Show 1958 zeigte Gibson seine ersten Bursts; doch da ahnte noch niemand, dass die neue Herrlichkeit bereits nach drei Jahren Geschichte sein würde. Dabei waren die Verkäufe, die von ihrem 1953er Peak mit 2245 verkauften Goldtops auf einige wenige hundert in 1958 abgestürzt waren (laut Gibson Shipping-Buch wurden exakt 434 Les Pauls verkauft, ab August die Cherry-Sunburst-Versionen), nach der kosmetischen Änderung tatsächlich erst einmal angestiegen. So verkaufte man z. B. 1959 immerhin 643 Stück, und 1960 derer 635 – zu wenig zum leben, zu viel zum Sterben.
Doch Ende 1960 erklärte Gibson das Cherry-Sunburst-Experiment dann doch für gescheitert und entschied, die komplette Gitarre einer Revision zu unterziehen. Das Ergebnis in Gestalt der SG/Les Paul, der späteren SG, ist bekannt, die Les Paul in ihrer ursprünglichen Form hatte schlichtweg aufgehört zu existierten. Gerade mal ca. 1500 Bursts sind zwischen 1958 und 1960 gebaut worden – und diese Gitarren lassen heute Musiker und Sammler in aller Welt nicht mehr in Ruhe schlafen.
Dieses Cover inspirierte Eric Clapton zum Kauf seiner ersten Les Paul – wobei es keine Goldtop wurde.
England
Der Dornröschenschlaf der Les Paul war jedoch nicht von allzu langer Dauer; interessant nur, dass die Prinzen, die die Les Paul stürmisch wachküssten, in der alten Welt auf einer fernen Insel im Atlantik namens England lebten. Sie hatten lange Jahre des Darbens hinter sich, denn die britische Regierung hatte 1951 ein Importverbot von Musikinstrumenten, Schallplatten und einigen Luxusgütern aus der „Dollar-Zone“ verordnet, was zur Folge hatte, dass Markennamen wie Hofner, Egmond oder Framus in England bekannter als Gibson oder Fender waren.
Erst Anfang der 60er-Jahre tauchten die ersten amerikanischen Instrumente in den Läden auf – zu Preisen, die die der europäischen Instrumente um das Vielfache übertrafen. Doch die Gitarristen der englischen Metropole wollten die Instrumente spielen, mit denen in den 50er-Jahren Musikgeschichte geschrieben wurde, koste es, was es wolle. Der Blues, der Rock ’n’ Roll und auch die moderne Country-Musik wurde mit amerikanischen Gitarren gespielt, und die hatten die Standards gesetzt. Das war ein Image-Pfund, dem keine der europäischen Marken etwas Gleichwertiges entgegensetzen konnte.
Albert Lee und Jimmy Page waren die ersten bekannteren Gitarristen, die ihre Jobs mit Les Pauls verrichteten; beide hatten sich die Les Paul Custom besorgt, die mit ihren drei Pickups die nötige Vielseitigkeit für ihre Studiojobs bot. Die Auswahl an Les Pauls war in England sehr gering, denn durch die Tatsache, dass Gibson die Gitarre nicht mehr baute, war diese nur auf dem Second-HandMarkt erhältlich. Und ehe eine SecondHand-Les-Paul von den USA nach England kam, mussten schon einige Zufälle mitspielen.
Der erste wirklich bekannte Gitarrist auf der Les-Paul-Landkarte war jedoch Keith Richards! Seine Band The Rolling Stones war seit 1964 groß im Geschäft, sodass es ihm ein Leichtes war, seine Harmony Meteor und die Epiphone Casino auf der ersten US-Tour der Rolling Stones durch eine Gibson Les Paul in Cherry-Sunburst (mit Bigsby) zu ersetzen. Als Richards im gleichen Jahr in der populären Ed-Sullivan-Show eben die Les Paul spielte, schlug dies wie eine Bombe im amerikanischen Gitarristenlager ein, das sich natürlich geschlossen vor den Fernsehern versammelt hatte, um die neue, englische Supergroup zu erleben. Was war das denn für eine Gitarre? Sie war in keinem aktuellen Katalog, in keinem Shop in den USA zu sehen?
Was ein knappes Jahr später in England passierte, gilt für viele als der eigentliche Wendepunkt der Les-Paul-Geschichte. Eric Clapton war seit April 1965 Mitglied von John Mayall’s Blues Breakers. Die ersten Mayall-Gigs spielte er noch mit der Telecaster aus seinen Yardbirds-Zeiten, doch er hatte einen anderen Sound im Kopf. Vielleicht hatte Keith Richards ihm da schon seine neue Gitarre gezeigt? Es kursiert aber auch diese Geschichte: Freddie Kings Platten-cover zu ‚Let’s Hide Away and Dance Away‘ zeigte den Gitarristen mit einer Les Paul Goldtop, der Gitarre, die in amerikanischen Blues-Kreisen gerne gespielt wurde – und vermutlich hatte Clapton dieses Bild im Kopf, als er im Londoner West End shoppen ging und für 130 britische Pfund zwar keine Goldtop, aber immerhin eine Les Paul in Cherry Sunburst, Jahrgang 1960, erstand.
Und nun zusammen mit seinem neuen Verstärker, einem Marshall-JTM-45-Combo, bereit war, Geschichte zu schreiben. Wenig später wurde er sogar Gott gleichgestellt. Was war denn hier passiert? Nicht mehr und nicht weniger, als dass Clapton den Sound und die Rolle der E-Gitarre neu definierte – eine ähnliche Pioniertat wie sie etwa 30 Jahre vorher Charlie Christian gelang. Das Ergebnis der Kombination Clapton + Marshall + Les Paul + Blues war so signifikant, dass es bis heute die Messlatte darstellt, was die Essenz des Les-Paul-Sounds an sich angeht! Dieser neue Sound war dank der Les Paul und dem voll aufgedrehten Marshall-Combo so fett und Sustain-reich, das kannte man bis dato noch nicht. Dazu kam die musikalische Freiheit, die John Mayall seinem talentierten Gitarristen ließ, um seine langen Improvisationen zu spielen, was bisher nur im Jazz üblich war.
Claptons erste Les Paul ist die am meisten verehrte und verherrlichte überhaupt. Und dies nicht nur, weil Clapton mit ihr sein vielleicht wichtigstes Album aufnahm, sondern auch, weil er sie nicht allzu lange besaß. Denn sie wurde ihm 1966 gestohlen, als er mit seiner neuen Band Cream für die ersten Auftritte probte. Clapton, der nur diese eine Gitarre besaß, spielte auf den ersten Gigs mit Cream eine Les Paul mit Bigsby, vermutlich eine Leihgabe von Keith Richards. Kuriose Fußnote: Diese Bigsby-Burst verkaufte Richards 1967 an den damaligen Gitarristen der John-Mayall-Band, Mick Taylor, der die Les Paul wiederum zu den Stones mitbrachte, als er dort 1969 Brian Jones ersetzte.
Clapton wiederum konnte im September 1966 Andy Summers, den späteren Police-Gitarristen, überreden, ihm seine Les Paul Sunburst zu verkaufen. ‚Fresh Cream‘ wurde mit dieser Les Paul aufgenommen, und dieses Album samt der ausgekoppelten Single ‚I Feel Free‘ sind weitere Meilensteine, die den Mythos Les Paul Sunburst mit begründeten.
In den USA tauschte Mike Bloomfield, der Gitarrist der Paul Butterfield Blues Band und seiner eigenen Band Electric Flag, mit dem Gitarrenbauer Dan Erlewine seine Les Paul Goldtop mit P-90s gegen eine Burst plus 100 US-Dollar. Eine Session mit Clapton zwischen zwei Cream-Auftritten in USA hatte hier den Ausschlag gegeben. Bloomfield etablierte nicht nur den Les-Paul-&-Fender-Twin-Sound, sondern war der Auslöser, dass nun auch die Amerikaner in eine Les-PaulHysterie verfielen, die letzten Endes auch Gibson erreichte. Hier bemühte man sich ab 1968, die lauten Forderungen nach neuen Les Pauls zu erfüllen, packte die Sache jedoch total falsch an. Doch das ist eine andere Geschichte. Bloomfields Les Paul erlitt übrigens das gleiche Schicksal wie die Beano-Burst und auch Claptons zweite, die Summers-Burst – sie alle wurden gestohlen und sind nie wieder aufgetaucht.
Im Gefolge von – oder aufgrund ihrer Bewunderung für – Clapton haben viele Gitarristen die Les Paul endgültig für immer in der Geschichte festschrieben: Jeff Beck, Billy Gibbons, Jimmy Page, Peter Green, Paul Kossoff, Duane Allman, Joe Perry, Gary Moore, Don Felder, Joe Walsh, und auch Slash, der mit dem Erfolg von Guns N’ Roses der Les Paul an sich in den Achtzigern noch einmal einen gewaltigen Afterburner verpasste, obwohl er anfangs „nur“ die Kopie einer Burst spielte. Paul McCartney hat eins der wenigen – man sagt, es gäbe überhaupt nur eine Hand voll – Linkshänder-Exemplare, die er heute immer noch spielt. Die Gitarre hatte seine Frau Linda ihm bei Gruhn gekauft. Heute ragt Joe Bonamassa aus der Masse der BluesRock-Gitarristen heraus – und auch er hat längst sein Herz an die Burst verloren. Gerüchten zufolge besitzt er bereits vier dieser Gitarren, und die Tendenz geht wohl zur fünften.
Aber warum?
Doch warum aber soll z. B. eine 1958er Les Paul Sunburst besser klingen als eine 1957er Les Paul Goldtop, die bis auf die Farbe des Lacks exakt die gleichen Features wie die Burst aufweist? Und warum sollen die Gitarrenbauer von heute, allen voran Gibson selbst, nicht mehr in der Lage sein, eine so gut klingende Les Paul zu bauen? Fragen, die polarisieren, Fragen, auf die es bisher kaum konkrete Antworten gab. Neulich habe ich gelesen, dass jemand die Gitarrengeschichte mit einem großen X verglichen hat – ganz oben an der Schere befände sich der Gitarrenbau von heute, ganz unten lägen seine Anfänge. Und in der Mitte, also an der Stelle, an der sich die beiden Linien kreuzten, stünde die 1959 Les Paul, die Stradivari aller E-Gitarren, die Kulmination all dessen, was eine E-Gitarre ausmacht, der Holy Grail. War es vielleicht doch so, dass 1958 bis 1960 einige Faktoren zur richtigen Zeit am richtigen Ort zusammengekommen sind?
Konstruktion
Das System Les Paul setzt sich wie fast alle anderen E-Gitarren auch aus drei Komponenten-Gruppen zusammen: Holz, Hardware und Elektronik. Der Korpus einer Burst wurde aus relativ leichtem, einteiligem Mahagoni gefertigt, auf dem zwei mittig zusammengefügte Ahorn-Teile eine gewölbte Decke formen. (Bei den deckend lackierten Goldtops und Customs bestanden die Decken übrigens auch mal aus drei Stücken oder sie waren nicht zwangsläufig mittig verleimt) Auch der Hals hat Mahagoni als Basis-Material, auf ihn ist ein Griffbrett aus brasilianischem Palisander geleimt. Das Mahagoni (Swietenia Humilis) stammte damals aus British Honduras, dem heutigen Belize, einem kleinen, mittelamerikanischen Staat, wo es in einem relativ trockenen Boden aufwuchs und ständig dem Wind ausgesetzt war.
Aus Michigan, einem US-Staat an der kanadischen Grenze, kam in der Regel das Ahorn, das für die Decke verwendet wurde – auf trockenem Boden in einem relativ kalten und trockenen Klima aufgewachsen. Die Verbindung zum Korpus erfolgt über das Einleimen eines längeren Zapfens, der weit bis etwa in die Mitte der Ausfräsung des Hals-Pickups reicht. Der Leim, den Gibson damals benutze, war Haut- oder Knochenleim, also organischen Ursprungs; er soll im Gegensatz zu modernen, synthetischen Leimen tiefer ins Holz einsinken und glashart aushärten. Ein relativ kleiner Prozentsatz (ca. 30%) der ca. 1500 Les Paul Sunbursts weist eine auffällige Flammung der Decke auf.
Man darf davon ausgehen, dass Gibson einfach das Ahorn verwendete, was gerade lieferbar und günstig war; und geflammtes Ahorn war günstiger, weil der Möbelbau es aufgrund seiner größeren Instabilität nicht gebrauchen konnte. Doch die Gitarristen entdeckten irgendwann die besondere optische Wirkung, insbesondere, wenn das Ahorn mit stehenden Jahresringen aufgesägt wurde; hier erzeugte die quer oder schräg zur Maserung verlaufende Flammung dramatische optische Effekte, mit einer Dreidimensionalität, die sich, je nach Blick- und Lichteinfallwinkel, wie ein Hologramm ändert.
Heute bestimmt die Flammung der Decke entscheidend den Preis der Gitarre mit; da wird für eine „Figured Top“ mitunter über $ 100.000 mehr gezahlt, als für eine ansonsten gleiche „plain top“! Zu der reizvollen Optik der Ahorndecke trug die Cherry-Sunburst-Lackierung, die Gibson in dieser Art erstmals für die Les Pauls anwendete, entscheidend bei. Die spezielle Art der Lackierung (ohne Porenfüller, ohne Beize, mit gelb eingefärbtem, transparentem und lichtdurchlässigem roten Nitro-Lack) „feuerte“ die Flammung noch zusätzlich an.
Der rote Lack hatte allerdings einen Fehler: Er war nicht farbecht und blich mit der Zeit bei Tageslicht und Sonne aus – so sehr, dass Gibson kurz nach Vorstellung der ersten Sunburst Les Pauls eine Mitteilung an seine Händler verschickte, die neue Gitarre doch bitte nicht in Schaufenstern auszustellen. Dennoch sind ein Großteil der Bursts heute ausgeblichen, was wiederum dazu führt, dass eben keine der ca. 1500 Exemplare so aussieht wie die andere. Erst Mitte 1960 verwendete Gibson einen stabileren roten Lack, der nicht so leicht ausblich und oft einen Hauch von Orange in sich trug, was diesen Gitarren den Namen Tangerine Burst einbrachte. Die einzelnen
Ausbleichphasen des roten Lacks haben von Sammlern treffende Namen bekommen:
Cherry Sunburst – kräftiges, noch nicht verblichenes Rot.
Faded Cherry Sunburst – deutliche Ausbleichung des Rot.
Teaburst – kaum noch sichtbares Rot, das bereits ins Bräunliche tendiert.
Greenburst – eher seltene Färbung, die dann eintreten kann, wenn das Rot sehr schnell und deutlich ausgeblichen ist.
Honeyburst – nur noch geringe Rot-Anteile sind sichtbar.
Lemon Drop – kein Rot mehr sichtbar.
Darkburst – wenn statt des Cherry sehr dunkles Rot verwendet wurde, um optische Fehler des Ahorns zu kaschieren.
Tobacco Burst – ausgeblichenes Darkburst.
Zentraler Teil der Hardware war der ABR-1 Tune-o-matic-Steg, von Gibson im Jahr 1954 erstmalig vorgestellt. Dieser Steg bestand aus vernickeltem Zinkguss mit sechs Messing-Saitenreitern, die Saiten wurden in einem vernickelten Stop-Tailpiece aus leichtem Aluminium verankert.
Und dann sind da ja noch die Pickups – ein weiteres, heiß diskutiertes Thema der Vergangenheit und Gegenwart. Die sogenannten PAF-Tonabnehmer (= patent applied for, zum Patent angemeldet) bestanden aus zwei Spulen, die unterschiedlich gewickelt und gepolt waren und so für Brummfreiheit sorgten. Die Spulen selbst waren aus Enamel-Draht in 42er Stärke gewickelt, unter ihnen lagen Alnico-II- oder V-Magnete, je nachdem, was der Lieferant zur Verfügung hatte. Ein Stück Holz diente als Abstandhalter, und dann es gibt noch eine Grundplatte und eine Kappe aus Nickel-Silber, eine Legierung aus Kupfer und Nickel, die laut Seth Lover die Höhen nicht bedämpfte.
Mit der ersten LP von Cream, ‚Fresh Cream’ und dem Single-Hit ‚I Feel Free’ etablierte Eric Clapton endgültig den neuen Les-Paul-Sound
1959 wurden neben schwarzen, die eine zeitlang nicht lieferbar waren, auch cremefarbene Spulenkörper verwendet, manchmal in Kombination (Zebra), manchmal waren beide creme-farben (sehr gesucht) oder eben auch weiterhin schwarz. Die Spulen wurden mit einfachen Maschinen gewickelt, der Draht von Hand geführt, jeweils ca. 5000 Umdrehungen kamen auf eine Spule. Untersuchungen haben bewiesen, dass kaum ein PAF exakt dem anderen gleicht.
Es ist erwiesen und es ist beruhigend, dass nicht jede der der ca. 1500 Bursts mit diesem himmlischen Sound gesegnet ist, von dem Musiker und Sammler gerne sprechen. Man spricht von der Faustregel, dass nur eine von 15 alten Les Pauls eben diesen Sound hat, der mir auch bei meiner Begegnung mit den drei Gitarren im Guitar Point begegnen sollte.
Heute
Um es kurz zu machen: Nicht alles, was an einer alten Les Paul dran ist, ist heute state of the art. Die ABR-1-Brücke aus Zinkguss ist so ein Beispiel, der Nylon-Sattel ein zweites. Heute ist ein Knochen- oder synthetischer Sattel das Maß aller Dinge, und auch in Sachen Brücke gibt es Hersteller, die stabilere, technisch ausgereiftere und schönere Aggregate anbieten. Dennoch ist der Sound einer alten Les Paul wie immer die Summe aller Einzelkomponenten, und da gehören eben auch diese aus heutiger Sicht vielleicht unvollkommenen Teile unweigerlich dazu. Die Serienfertigung wird zudem immer mehr mit dem Holzmangel konfrontiert.
Swietenia macrophylla, dieses Mahagoni aus Belize, ist teuer geworden, ebenso das südamerikanische Swietenia macrophylla, denn es gehört mittlerweile zu den geschützten Holzarten und darf nur noch mit Cites-Papieren, die seine Herkunft nachweisen, gehandelt werden. Ersatzhölzer sind oftmals Cedro oder andere, schwerere Mahagoni-Arten. Auch die heute gerne verwendeten Nitro-Lacke, in denen Plastizide und Acryl-Beimischungen für Stabiltät sorgen sollen, haben mit den alten Lacken nicht mehr viel gemeinsam.
Les Pauls aus ihren drei Jahrgängen, von links: 1958, 1959 und 1960°
Die Pickups sind vielleicht noch am ehesten zu reproduzieren, wenn man auf die richtige Wickelmethode, die Art der Verkabelung, die Kondensatoren (Bumble Bees) etc. achtet und wenn man ein gewiefter GitarrenElektroniker ist. Und die soll es ja geben. Ein guter Gitarrenbauer ist jedoch in der Lage, die Einzelkomponenten des Systems Les Paul so zu kombinieren, dass dabei eine Gitarre herauskommt, die an die klanglichen Qualitäten einer guten, alten Les Paul heranreicht. Das beweist z. B. der Gibson Custom Shop mit seinen neuen Collectors-ChoiceModellen. Wobei aufgrund der Tatsache, dass einige der alten Materialien nicht mehr verfügbar sind (z. B. Rio-Palisander für das Griffbrett), die Gitarrenbauer geschickt abwägen müssen, welche Parts sie zu einem System zusammenfügen müssen.
Klingt z. B. ein Knochensattel in Kombination mit einem Griffbrett aus indischem Palisander ähnlich wie der Nylonsattel und das Griffbrett aus dem heute nicht mehr verfügbaren Rio-Palisander? Oder belässt man es (wie der Gibson Custom Shop) beim Nylonsattel und holt die Klarheit und Dynamik, die das brasilianische dem indischen Palisander voraus hat, vielleicht irgendwo anders auf? Für eine moderne, serielle Fertigung in großem Stil sind diese Ansprüche jedoch zu ambitioniert, schon allein aus wirtschaftlichen Gründen; das beweisen nicht zuletzt die Unterschiede in der Klangqualität des normalen Gibson-Custom-Shop-Programms.
Aus diesem Grunde ist es also durchaus nachvollziehbar, dass jemand, den das Thema Les Paul Cherry Sunburst gepackt hat, sich seine neue Gibson Les Paul eben auf alt tunen lässt. Immerhin hat er dann immer noch eine echte Gibson, auch wenn der beauftragte Gitarrenbauer massive Eingriffe in das Serienprodukt vornimmt. Von dem bleibt oft nur noch das reine Holz übrig und wird mit neuem Lack, alter Hardware und Elektronik inklusive originaler PAF-Pickups bestückt. Kollege Udo Pipper hat in mehreren Workshop-Artikeln bewiesen, dass man sich so schrittweise dem Klang einer echten Burst durchaus erfolgreich annähern kann.
Doch selbst der beste Gitarrenbauer ist nicht in der Lage, seinem Produkt den Mythos einzupflanzen, den eine echte, alte Les Paul mitbringt. Mythos ist wie Kunst – man kann ihn nicht erschöpfend erklären, man kann ihn nicht begreifen, man kann ihn nur erspüren. Für viele ist Mythos nicht wichtig, für Sammler und Liebhaber jedoch umso mehr. Und genau diesen Mythos haben die alten Les Pauls für immer allen zeitgenössischen Derivaten voraus.
Der Mythos der Les Paul Cherry Sunburst setzt sich aus folgenden Komponenten zusammen:
Die wechselhafte Geschichte, daraus resultierend ihre geringe Verfügbarkeit
Die musikalischen Meilensteine, die mit ihr eingespielt wurden
Die Optik und die daraus resultierende Individualität (keine Burst ist wie die andere)
Der Sound
All diese Faktoren treffen in ihrer Gesamtheit auf keine andere Gitarre zu. Vielleicht sind eine 58er Gibson Explorer oder Flying V noch teurer, weil noch seltener, sicher gibt es 57er Les Paul Goldtops, die genauso gut klingen wie eine 58er Burst, aber selbst diese ohne Zweifel außerordentlichen Instrumente reichen nur in diesen Teilbereichen an den Mythos der alten Les Pauls heran. Als Besitzer einer Les Paul Cherry Sunburst ist man direkt verbunden mit der Musikgeschichte, hat die gleiche Gitarre wie ein gutes Dutzend der bekanntesten Rock-Stars. Außerdem gehört man zu einem geschlossenen Zirkel, dessen Eintrittskarte so viel kostet wie ein Ein- bis Zweifamilienhaus.
Nachdem 1964 Keith Richards die Les-Paul-Saat in die USA gebracht hatte, brachte wenige Jahre später Mike Bloomfield diese Saat zum Blühen – und Gibson begann wieder, Les Pauls zu bauen.
Solch ein hoher Preis alleine bewirkt schon Mythos. Typische Burst-Sammler können nicht zur Ruhe kommen. Sie werden verfolgt von dem Gedanken, dass es irgendwo da draußen eine Burst geben könnte, die noch besser klingt, deren Flammung noch dreidimensionaler erscheint, die noch besser in der Hand liegt, die einfach noch perfekter ist als die, die man schon hat. Es liegt in der Natur des Sammlers, mit dem Erwerb eines Stückes sein Augenmerk sofort auf mögliche neue Beute auszurichten. Und die Tatsache, dass sich die Eigenschaften der Cherry-Sunburst-Les-Pauls so vielschichtig darstellen, macht sie noch begehrenswerter. So begehrenswert, dass es weitaus mehr von ihnen geben soll, als Gibson damals gebaut hat.
Namen
Mindestens die Hälfte der alten Les Pauls haben inzwischen Namen bekommen, was die enge Beziehung der Besitzer zu ihnen dokumentiert. Die bekannteste ist sicherlich Billy Gibbons’ Pearly Gates, die vielleicht schönste hört auf den Namen Sandy und gehört dem bekannten Les-Paul-Sammler Tom Wittrock, der u. a. auch Gloria, Donna, Curly, Burly und The Other Woman besitzt, während seine Ex namens Goldie neulich an Joe Bonamassa ging. Eine wahre Schönheit soll auch Gladys sein, die dem amerikanischen Burst-Spezi Joe Ganzler gehört, eine der berühmtesten ist die Brockburst des amerikanischen Sammlers Vic Da Pra. Der japanische Sammler und Musiker Kunio Kushida hat unter anderem Bursts mit den wohlklingenden Namen Amanda, Nancy und Jessica, während Jimmy Page seine Bursts schlicht nummeriert hat: No. 1 und No. 2. In einem US-Laden wird zurzeit eine wunderschöne 59er mit dem Namen Rosalie angeboten, während eine Burst, die lange in Deutschland unterwegs war, mittlerweile in Amerika auf den Namen Bearded Lady hört – wegen des Bigsby-Schattens auf der Decke.
Preise
Ach ja, von Preisen haben wir ja noch gar nicht geredet. Burst-Preise erfährt man in der Regel auch nicht, zumindest nicht als Außenstehender. Es gibt einen kleinen Kreis von Leuten, man spricht von einem guten Dutzend weltweit, die als erste informiert werden, wenn eine Burst angeboten wird. Eher selten taucht mal eine auf der Internetseite eines Ladens oder bei großen Auktionshäusern wie Sotheby’s oder Christie’s auf. Die Faktoren, die den Preis einer Burst bestimmen, sind der (Original-)Zustand, die Intensität des roten Farbanteils, die Intensität der Flammung und der VIP-Faktor, z. B. wenn die Gitarre einem bekannten Musiker gehört hat. Im Vintage Price Guide sind folgende Preise gelistet, die durchaus realistisch sein sollen:
1958 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 260.000 bis $ 325.000
mit wenig geflammter Decke: $ 180.000 bis $ 230.000
ohne Flammung: $ 140.000 bis $ 170.000
1959 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 270.000 bis $ 340.000
mit wenig geflammter Decke: $ 200.000 bis $ 250.000
ohne Flammung: $ 150.000 bis $ 180.000
1960 Les Paul Cherry Sunburst
mit geflammter Decke: $ 210.000 bis $ 260.000
mit wenig geflammter Decke: $ 160.000 bis $ 200.000
ohne Flammung: $ 125.000 bis $ 160.000
Diese Preise gelten für komplett originale Gitarren inkl. Original-Koffer, die Preisspanne markiert auf der einen Seite einen nahezu Neu-, auf der anderen einen guten Gebrauchtzustand. Ist die rote Farbe teilweise oder ganz verblichen, muss mit etwa 10% Abzug gerechnet werden. 10 bis 15% weniger sind Gitarren wert, die ein Bigsby montiert haben. Immerhin 15% aller damals gebauten Les Paul Sunburst hatten ab Werk ein Bigsby
Realität
Zurück zur Realität – und hin zu den drei Bursts, die in Detlef Alders Guitar Point stehen. Zumindest zwei dieser drei Gitarren haben viel zu erzählen, Geschichten, die zum Teil so wundersam anmuten wie die Flammung ihrer Ahorndecken.
Ser.-Nr.: 8 6787
Die 1958er Les Paul hat die Wandlung einer Cherry Sunburst zu einer eleganten Teaburst hinter sich. Das Rot ist nicht mehr zu sehen, ein dunkler Rand umrahmt dezent den im typischen Amber gealterten Klarlack. Bis auf zwei Neubundierungen ist die Gitarre im Originalzustand. Bevor die Gitarre nach Deutschland gekommen ist, gehörte sie dem in diesem Jahr verstorbenen amerikanischen Gitarristen Ronnie Montrose, der für Van Morrison, Boz Scaggs und Herbie Hancock in die Saiten griff, bevor er in die Edgar Winter Group einstieg und danach seine eigenen Bands Montrose (mit einem gewissen Sammy Hagar als Sänger) und Gamma gründete.
1979 fand die Les Paul den Weg nach Deutschland und wurde in den Händen eines bekannten Studiogitarristen zur am meisten aufgenommenen Gitarre hierzulande. Der Klang dieser alten Dame, deren Hals recht satt in der Hand liegt, ist sehr, sehr beeindruckend. Ein unglaublich frischer und klarer Ton, der den Atem des alten Holzes förmlich transportiert, und die ehrliche Trockenheit des Klangs löst Bewunderung und nahezu Ehrfurcht aus. Bin ich das, der hier spielt, oder spielt diese Gitarre mich? Ihr Klang hat alles, und noch mehr: eine wunderbar auflösende Transparenz in allen Frequenzbereichen und in allen Lagen, und eine ausgesprochen feinfühlige Dynamik.
Auch in den hohen Lagen ist das Sustain ungebrochen stark und souverän, und verzerrt der Verstärker, entwickelt die 58er deutlich nachvollziehbar einen ausdrucksstarken, sehr vokal ausgeprägten Grund-Sound, der sich mit allem, was der Gitarrist zur Verfü- gung hat, formen lässt. Interaktion Deluxe. Beide Pickups liefern qualitativ gleichwertige Sounds, deren Bandbreite unwahrscheinlich groß ist, und das alles lässt sich sehr effektiv mit den vier Reglern in weitere Sound-Welten aufsplitten. Diese 1958 Les Paul ist eine Klasse für sich, und diese Klasse ist überhaupt nicht an Genres und Spielstilistiken gebunden. Mannomann.
Ser.-Nr.: 9 0890
Mit einem Bigsby bewehrt und in einem Faded Cherry Sunburst wie aus dem Bilderbuch kommt das 59er Les Paul Model (noch hieß sie nicht Standard). Die unterschiedlichen Positionen, in denen wir die Gitarre fotografierten, ließen jedes Mal eine andere Art der Flammung erkennen – sehr beeindruckend, und längst nicht so aufdringlich wie so manche „highly figured“ Gitarrendecke von heute. Die Gitarre ist bis auf die Bünde im Originalzustand und hat ebenfalls eine interessante Geschichte zu erzählen. Zu Schüler- und Highschool-Zeiten hat der erste Besitzer die Les Paul in einer Bigband gespielt, aber nach dieser Zeit das Interesse an Musik verloren, und die Gitarre wanderte unters Bett. Als seine kleine Nichte Interesse am Gitarrenspiel zeigte und Unterricht bekommen sollte, stellte ihr Onkel ihr seine alte Gitarre zur Verfügung. Und fortan fuhr die kleine Nichte monatelang mit öffentlichen Verkehrsmitteln und einer 1959 Burst im Koffer zum Gitarrenunterricht!
Erst als sie die Les Paul in einen Musikladen brachte, weil ihr eine Saite gerissen war, wurde allen Beteiligten klar, um was für ein Instrument es sich hier handelte. Nach eingehender Familienberatung entschloss man sich, die Les Paul zu veräußern – und so fand sie über eine weitere Zwischenstation den Weg nach Maintal zu Guitar Point. Der 59er Hals fühlt sich überraschend moderat an – völlig anders, als ich das Profil von einer 59er Reissue interpretiert sah. Gar nicht so klobig, sondern eher „genau richtig“, sogar eine kleine Idee griffiger als das Profil der 58er Les Paul. Klanglich war vor allem der Sound des Steg-Pickups der reine Wahnsinn – offen, satt, brillant, mit starkem vokalem Charakter und etwas mehr Lautstärke als die 58er. Die cleanen Sounds belegen, das hier weniger Holzklang übertragen wurde als bei der 58er, und dass der HalsPickup irgendwie nur normal erschien. Auch gut, aber gegen die Sonderklasse des StegPickups halt eben nur normal.
Ser.-Nr. 0 7453
Das Wunderbare an der Begegnung mit diesen drei Bursts ist neben den verschiedenen klanglichen Eindrücken auch die Tatsache, dass man sehr genau verfolgen kann, wie sich diese drei Produktionsjahre unterscheiden: z. B. die unterschiedlichen Halsprofile, oder die verschiedenen Rottöne sowie die unterschiedlich lauten Pickups. Das 60s Halsprofil ist denn auch deutlich dünner als das der beiden anderen. Dafür geht es klanglich hier ganz anders zu, denn die 60er Les Paul ist deutlich die aggressivste dieses Trios; sie geht mit einer schnellen Dynamik fast schon bissig zur Sache, sie klingt für meine Ohren ganz stark nach Classic Rock im Allgemeinen und Led Zeppelin im Besonderen. Die leichten Holzanteile im Klang machen sich bei weniger verzerrten Sounds gut bemerkbar und sorgen dort für Transparenz und Glanz. Auch diese Les Paul ist in allen Lagen vollwertig, die Töne stehen auch in den oberen Registern wie eine Eins, und das auch bei wenig Verzerrung.
Auf dem ereignisreichen Guitar Summit 2018 war Thomas Weilbier, altgedienter Vintage-Experte aus Hamburg (No.1), zu einem Talk mit dem Soundequipment-Versicherer I‘M SOUND geladen. Im Anschluss an das Gespräch mit I‘M SOUND Markenmanagerin Janina Klabes nutzten wir die Gelegenheit für einen vertiefenden Dialog zum Thema.
interview
Thomas, du bist lange im Geschäft. Gibt es für dich eine definitive zeitliche Grenze für die Kategorie Vintage-Gitarre?
Vintage hört für mich mit dem Jahr 1969 auf. Das haben wir immer so gehalten und dabei bleiben wir auch. Natürlich gibt es auch danach noch gute Exemplare und die Grenzen sind da fließend, aber im Wesentlichen sind das für uns die Gitarren der 50er- und 60er-Jahre.
England ist ein großer Markt mit viel Vintage-Bestand, aber auch berüchtigt für fatal gut gemachte Fälschungen. Verändert der Brexit demnächst die Sitation?
In Hamburg haben wir viele englische Musiker, die reisen hin und her und verticken irgendwelche Sachen in der Hamburger Szene. Ich will nicht übertreiben, aber ich sag mal so 60 % von den Sachen, die die von drüben anschleppen, angeblich komplett original, kein Poti ausgelötet und und und, da zeigt sich einfach, dass sie nicht genau hingucken.
Gut gemachte Fakes sind oft auch nur schwer zu enttarnen.
Das ärgert mich, weil wir ja jeden Schiss ganz genau angucken und durchmessen etc. und unsere Schlauberger in Hamburg meinen, sie haben den Deal des Jahrhunderts gemacht. Da fällt schon auf, dass aus England in dieser Hinsicht wahnsinnig viel Zeugs mit Fragezeichen kommt. Das haben wir bei den Holländern oder den Franzosen nicht so. Der französische Vintage-Markt ist übrigens wahnsinnig stark geworden. Da passiert irgendwas, ich weiß nicht was, aber für uns läuft das gut. Da geht viel über Social Media, wie überhaupt im ganzen Geschäft.
Ist es so, dass du mittlerweile Not hast, entsprechende Ware ranzuschaffen?
Na sicher. Aus Amerika können wir ja wegen der Palisanderproblematik nicht mehr importieren, da bleibt nur das, was schon in Europa ist und auf Anfrage zu liefern, ist da nur gelegentlich möglich.
Haben die Leute manchmal falsche Vorstellungen, wenn sie dir Gitarren anbieten?
Klar, die gucken in die Schwackeliste und erfahren, dass ihre Gitarre € 10.000 wert ist. Ich als Händler kann das natürlich nicht zahlen, muss Steuern zahlen, den Laden unterhalten etc., da bleiben ihm vielleicht 7000 €. Da empfehl ich eher: komm, lass die Gitarre mal für zwei Monate hier, ich verkauf sie, dann kriegst du € 8000 und alle sind glücklich.
Aber jetzt kommen natürlich schon Gitarren von Sammlern auf den Markt, die sich altersbedingt davon trennen wollen, oder?
Zum Glück! Ich kenn natürlich auch viele Sammler, aber du kannst da ja nicht anrufen und sagen, verkauf mir mal die und die Gitarre, ich hab einen Kunden dafür. Das sind eher Zufälle, wenn man das richtige Instrument zur rechten Zeit für einen Kunden findet.
Kann das nicht zu Einbußen führen, wenn zunehmend Sammlungen aufgelöst werden?
Nein, eher nicht. Bringst du mir, sagen wir mal eine Martin D28 von 1968 rein, dann mach ich ein schönes Foto nachdem wir die Expertise fertig haben, beschreibe die Gitarre und bestimme den Preis. Dann guck ich in unsere große Kartei und seh da den Interessenten aus Gelsenkirchen und den aus Paris etc., die schreib ich jetzt mal an: habt ihr Interesse? Das ist unsere Vorgehensweise, die melden sich dann. Wir haben ja über Jahre Interessenten gesammelt und unsere Kartei ist entsprechend umfangreich. Im Moment könnte ich zwei, drei Sammlungen mehr verkaufen, als mir angeboten werden. Die Nachfrage ist einfach da.
Thomas Weilbier auf dem Guitar Summit mit Anna Tiede (links) und Janina Klabes (rechts), beide von der Sound-Equipmentversicherung I’M SOUND. °
Wie ist das mit jungen Kunden, kaufen die auch Vintage?
Es gibt junge Leute zwischen 20 und 30, die so viel Asche haben, dass die sich für Preise gar nicht interessieren. Die reisen durch die Welt und kaufen ein mit Spaß an der Freude und an dieser speziellen Atmosphäre. Manchmal denken wir, was macht der nur damit? Der hat auch gar nicht den Investment-Gedanken. Viele Leute wollen einfach in der Liga mitspielen, etwas vorzeigen können und sich damit schmücken. Die siehst du dann plötzlich auf Vintage-Messen in San Rafael oder Dallas. Das sind so Mitspieler geworden, wie das früher die Japaner waren.
Es sind also nicht unbedingt immer nur Musiker, die sich Top-Instrumente besorgen.
Als Händler verweigerst du dich ja nicht, wenn die sagen: pack mal ein. Im Grunde sind wir auf dem Vintage-Markt aber eher eine ganz kleine enge Familie und da hilft man sich, gegenseitig, ob das nun der Detlef Alder in Maintal, der Matthias Jabs in München, der Oldenburger Jörn Eisenhauer, oder auch der Gregor Hilden ist.
Engt das Geschäft sich nicht auch auf wenige Händler ein, da das Misstrauen gegenüber privat angebotenen Instrumenten ohne Expertise inzwischen groß ist? Man vertraut euch, da tragt ihr auch Verantwortung.
Absolut richtig. Das Vertrauensverhältnis ist das A und O. Wir haben deshalb auch einen externen Gutachter zugezogen, der checkt alles in Ruhe, macht alles soweit fertig und ruft mich dann dazu. Der unabhängige Blick ist uns wichtig, vier Augen sehen mehr als zwei. Letztens sind Kunden aus Südspanien morgens angereist, haben den ganzen Tag mit dem Gutachter eine 1960er Les Paul inspiziert, bis wir dann gegen Abend alles noch mal gemeinsam durchgegangen sind. Dann bekamen sie ihr Instrument mit Expertise in die Hand und sind zufrieden und glücklich zurückgeflogen.
Gibt es im Moment eine besondere Nachfragetendenz?
Zur Zeit haben wir einen wahnsinnig starken Markt bei Semiacoustics und Akustik-Gitarren. Junge Leute haben hier auch entdeckt, dass eine alte Gitarre ihrer Stimme einen anderen, einen besonderen Akzent geben kann. Gibsons aus den 50er und 60er Jahren sind nach wie vor begehrt, die ES-Modelle natürlich. Stark nachgefragt werden gerade besonders die Les Paul Junior und die Les Paul Special. Solche Instrumente ziehe ich aus Sammlungen dann vor, da haben wir den größten Erfolg, das kann nächstes Jahr ja schon wieder anders sein.
Thomas Weilbier im Interview mit der I’M SOUND Markenmanagerin Janina Klabes auf der I’M SOUND Stage beim Guitar Summit in Mannheim. °
Gibt es neue Entwicklungen, was CITES angeht, von welchen Erfahrungen erzählen dir Musiker?
Es ist leichter geworden, weil die Leute das verstanden haben, auch warum das so ist. Am Anfang wollten viele das nicht wahrhaben, wenn ich sagte: du musst deine Sammlung zertifizieren lassen, du kannst damit nicht mehr nach Amerika reisen. Ach was, hieß es dann, wir haben die besten Rechtsanwälte, uns passiert schon nichts. Nach einem Jahr kamen die dann an: kannst du meine Sachen zertifizieren? Das Bewusstsein dafür ist jedenfalls viel besser geworden. Wir haben Fehler gemacht, wussten das ja anfangs nicht besser, aber die Fehler haben wir in Hamburg mit der Umweltbehörde größtenteils begradigen können, weil die auch erkannt hat, dass wir aus Unwissenheit gehandelt haben. Da das aber in den Bundesländern unterschiedlich gehandhabt wird und Auslegungssache ist, haben einige Leute auch immer noch Probleme mit CITES.
Was sind zur Zeit die Verlierer, was die Gewinner?
Wenn wir über alte Gitarren bis Ende der 60er Jahre reden, da gibt es ein paar Verlierer. Gretsch z. B. schwächelt, da geht fast nur noch, was Verbindung mit George Harrison und Brian Setzer hat. Noch weit darunter rangiert Burns, wofür wir füher starke Sammler hatten. Rickenbacker ist auch ganz schwach geworden. Ich glaube aber, dass der Sound der Stratocaster ein Lebenselexir ist. Eine alte Strat oder eine alte Tele ist eigentlich nicht mehr wegzudenken, eine Les Paul und eine SG natürlich auch nicht. Ein starkes Interesse geht bei jungen Leuten gerade in Richtung P-90-Gitarren, also zu diesem warmen, schmatzigen, glockigen Ton. Ob das nun eine Les Paul Junior oder Special, eine ES-125er oder 330er ist – wir haben mehr Erfolg bei P-90-Gitarren als bei allen anderen. Das ist ein Trend, aber vielleicht zieht auch bald schon wieder der Humbucker nach vorn.
Du bist guter Hoffnung, dass der Markt stabil bleibt?
Ich bin guter Hoffnung, denn es gibt eine Sammler-Community, die auch aktiv Musik macht. Die haben jetzt im Ruhestand endlich auch die Zeit, um zu spielen, treffen sich regelmäßig und arbeiten manchmal Themen ab, letztes Jahr Clapton, davor ZZ Top, jetzt Hendrix usw., da passiert schon was.
Aber wie lange hält diese Generation noch durch?
Die Kinder eifern ja nach, das ist die gute Nachricht. Da sind viele talentierte Nachkömmlinge dabei, die können mit einem Kemper und mit Plug Ins umgehen, machen Studio-Aufnahmen usw.. Wenn nur ein Zehntel von denen begreifen würde, was eine alte Gitarre mit deren Persönlichkeit machen kann … ich finde das ist unsere Aufgabe, denen das zu vermitteln. Dann hätten wir eigentlich schon gewonnen, um das weiter leben zu lassen.
Danke Thomas, für das informative Gespräch!
Ein Video des I’M SOUND-Talks mit Thomas Weilbier findet Ihr unter www.imsound.de
Gibson wendet die Gewichtsreduzierung von Les Pauls schon seit vielen Jahren an, genauer gesagt: Seit den 1980er Jahren. Denn leichtes Mahagoni war schon damals teuer und seltener geworden. Auch von den Gitarristen, die sich in den 1970er Jahren notgedrungen 4,5 kg und mehr um den Hals hängen wollen, hatten nur wenige überlebt. Also machte man die Les Paul durch neun große, runde Löcher im Mahagoni-Korpus, die dann von der Ahorndecke verdeckt wurden, erträglicher.
Diese eher aus der Not geborene Maßnahme wird heute plakativ mit Traditional Weight Relief bezeichnet. Laut Gibson soll sich diese Methode nicht auf den typischen Sound einer Les-Paul-Gitarre auswirken.
Die zweite Maßnahme ist das so genannte Chambering, das der Les Paul aufgrund seiner wirklich großzügigen Ausfräsungen einen schönen Hauch von Semiakustik verleiht – sowohl vom Gewicht her als auch vom Sound.
Das neue Modern Weight Relief wurde für die 2014er Serie erstmals eingeführt – kleinere, ellyptisch geformte Löcher, im Gibson-Duktus „sound chambers“ genannt, sind rundum im Mahagoni-Korpus verteilt. Laut Gibson soll dies Feedback bei hohen Lautstärken verhindern, die mitunter bei den „Chambered“-Modellen auftreten können.
Für alle Les Paul-, ES-335- und SG-Liebhaber, die ein Tremolo vermissen, stellt Göldo mit dem Göldo Les Trem TLT1 ein neues, formschönes Tremolosystem vor.
Das von Duesenberg inspirierte, markenneutrale System lässt sich Plug & Play ohne zusätzliche Bohrlöcher oder Fräsungen montieren. Mit den beiliegenden Schrauben lassen sich einfach die vorhandenen Gewindehülsen der Gitarre nutzen. Das TLT1 ist in Chrom, Nickel und Gold erhältlich, auch als Lefthand-Version. Demnächst folgen Modelle mit Flacharm.
Gibson Heavy Aged 1958 Les Paul Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1961 SG Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged Flying-V Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1963 ES-335 Block Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1958 Explorer Ol' Witch Ebony
Wer sich auf der Suche nach einzigartigen Sammlerstücken nicht auf den Vintage-Markt beschränken will, wird aktuell bei Kirstein fündig. Das Musikhaus in Schongau hat sich nicht lumpen lassen und präsentiert eine exklusive Gibson-Custom-Kollektion namens “Ol’ Witches”.
Sie basieren auf den Korpusformen der fünf klassisch-zeitlosen Modelle:
Gibson 1958 Les Paul Standard,
Gibson 1961 SG Standard,
Gibson Flying V Standard,
Gibson 1963 ES-335 Block
und Gibson 1958 Explorer.
Die fünf Edelbiester wurden von Gibson Custom Buildern aus Nashville exakt nach den Wünschen und Spezifikationen des Hauses Kirstein erschaffen. Jede der Ol’ Witches existiert nur ein einziges Mal auf der Welt.
Gibson Heavy Aged 1958 Les Paul Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1961 SG Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged Flying V Standard Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1963 ES-335 Block Ol' Witch Ebony
Gibson Heavy Aged 1958 Explorer Ol' Witch Ebony
Den Unikaten wurde ein Heavy-Aged-Ebony-Finish mit feinem Crackle verpasst, das im Zusammenspiel mit der Aged-Gold-Hardware und den Standard-Specs authentisch gealtert wirkt.
Preise:
Gibson Heavy Aged 1958 Les Paul Standard Ol’ Witch Ebony € 8499
Gibson Heavy Aged 1961 SG Standard Ol’ Witch Ebony € 7499
Gibson Heavy Aged Flying V Standard Ol’ Witch Ebony € 8999