„Ich weiß, es gibt eine Menge Gerüchte um meine Les Paul, die ich seit Guns N’ Roses spiele. Die wahre Geschichte beginnt, als wir das erste Album mit GN’R aufnehmen – ‚Appetite For Destruction‘.
Das war 1987, und für mich eine krasse Zeit. Ich durchlebte da eine ziemliche Drogenphase, nichts um mich herum war auch nur annähernd irgendwie stabil, planbar oder von Dauer. Ich hatte kaum Kohle und spielte zu der Zeit ständig wechselnde Gitarren. Als wir ins Studio gingen hatte ich mir verschiedene Gitarren von Freunden geborgt, zwei Jacksons und eine BC Rich. Keine schlechten Instrumente, aber alle klangen im Studio beschissen. Ich dachte: Shit – ich muss ganz dringend was ändern!
Als ich mit meinen Parts dran war, kam unser damaliger Manager Alan Niven zu mir, hielt mir diese wundervolle Les Paul unter die Nase und meinte: ,Hey, Slash, probier die mal!‘ Es war eine Les-Paul-Kopie, die ein Typ namens Kris Derrig (*1954 +1987) gefertigt hatte. Ich hatte nie zuvor von ihm gehört, erst später erfuhr ich, dass er aus Massachusetts stammt und leider früh gestorben ist. Und dass seine Repliken angeblich schon mal als echte Bursts gehandelt wurden, so verblüffend echt sind die gemacht.
Es hält sich das Gerücht, dass er irgendwoher originale Griffbretter von Gibson aus den Fünfzigern gekauft und verbaut habe. Meine Gitarre entstand vermutlich 1982 und sieht einfach perfekt aus. Sie sieht nicht nur aus wie eine alte Les Paul, sie fühlt sich auch gut an und klingt großartig. Als ich sie bekam, war das noch lange vor der Zeit, als Gibson anfing Les-Paul-Reissues zu bauen. Da baute dieser Typ bereits perfekte Kopien!
Derrig hat angeblich 20 dieser Les Pauls gebaut und ich besitze zwei davon. Diese erste, die die Nummer 9 0607 trägt, ist jene, die mir Niven im Studio gab. Sie klang so groß- artig, dass ich beim ersten Akkord dachte: Fuck – das ist ja kaum zu glauben! Diese Les Paul war dann für viele Jahre mein Hauptinstrument: auf allen GN’R-Alben, auf den ersten Touren, bis hin zu Slash’s Snakepit und Velvet Revolver.
Auch jetzt auf meinen beiden Soloalben hab ich sie gespielt. Da ich die Gitarre jetzt schon einige Jahre traktiere, ist sie schon reichlich mitgenommen und sensibel. Ich hatte sie auf den ersten Touren dabei, und da behandele ich meine Gitarren ganz schön derb. Das macht sie heute nicht mehr mit. Deshalb spiele ich sie nur noch im Studio. Und selbst da ist sie empfindlich wie ein Mädchen! (lacht)
Heute führen wir eine Liebe/Hass-Beziehung. Bei einer der ersten Touren wäre sie mir fast bei einem Konzert gestohlen worden, zum Glück habe ich sie wieder bekommen. Dafür haben mir die Leute bei Gibson heute die AFD-Les-Paul gebaut (AFD = Appetite For Destruction), sozusagen ein Reissue-Modell von einer Gibson-Kopie, hahaha! Von denen haben sie mir ein paar Stück gegeben, die ich jetzt live spiele. Diese Gitarren haben eine spektakulär geriegelte Ahorndecke, die Halsform entspricht der schlankeren Form der 60er-Jahre-Les-Pauls, sie haben die alte, schmale Kopfplatte und Kluson-Mechaniken. Sie sind mit Seymour-Duncan-Alnico-II-Humbuckern bestückt, die den alten PAFs nachempfunden sind.
Diese Gitarren sind perfekt, mehr brauche ich nicht. Ich hatte mal eine kurze Phase Anfang der 90er-Jahre in der ich ziemlich wild Gitarren gesammelt habe, das war während der ‚Use Your Illusion‘-Phase. Da habe ich mir eine 1958er Flying V zugelegt, eine ‘58er Explorer und zwei ‘59er Les Pauls. Aber seit meiner Kris-Derrig-Les-Paul weiß ich, dass weniger mehr ist. All die Kids, die dieses Magazin lesen, darin all die bunten Gitarrenanzeigen sehen und denken, ,Wow, so viele coole Gitarren!‘ – denen sage ich: Alles, was ihr braucht ist ein guter Amp und eine gute Gitarre – wie meine Kris Derrig Les Paul. Er hat mit seinen Gitarren etwas Wunderbares hinterlassen. Gott hab ihn selig.